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Kampf der Refugees in Berlin

Zwei Grüne am Werk

Susanne Kühn, Neue Internaitonale 191, Juli/August 2014

Im zynischen Spiel von SPD-CDU-Senat und dem von den Grünen geführten Bezirksamt sollen die Flüchtlinge in Berlin zerrieben und zermürbt werden.

Seit den bundesweiten Märschen der Refugees 2012 gegen die unmenschlichen Bedingungen in den Flüchtlingslagern, gegen Residenzpflicht und Arbeitsverbot hat sich eine Bewegung entwickelt, die monatelang Plätze symbolisch besetzte und das mörderische Grenzregime wie auch die menschenverachtende Flüchtlingspolitik der Bundesregierung anprangerte.

In Berlin hatte das zur Besetzung des Oranienplatzes geführt, dessen Räumung durch die Spaltungspolitik der SPD-Senatorin Kolat über die Bühne gebracht wurde. Kolat war es - anders als den Scharfmachern aus der CDU - gelungen, Teile der Geflüchteten mit allerlei Lockangeboten, die sich letztlich als falsche Versprechungen erwiesen, zum „freiwilligen“ Abbau des Camps zu bewegen. Doch ganz ohne Bulleneinsatz verlief selbst dieser nicht, aber die Aktion war aus Sicht des Senats einigermaßen erfolgreich.

Ähnlich dem wollten Senat und Bezirksamt auch bei der Räumung der von Flüchtlingen besetzten Gerhart-Hauptmann-Schule vorgehen. Mit einem Großaufgebot der Polizei wollten sie die Flüchtlinge „freiwillig“ abtransportieren. Rund 200 konnten sie so auch zum Verlassen des Hauses bewegen. Rund 40 Geflüchtete weigerten sich jedoch, auf neuerliche leere Versprechen einzugehen, protestierten gegen die Räumung und drohten, sich im schlimmsten Fall vom Dach zu stürzen.

Daraufhin riegelte die Polizei mit ca. 1.000 Einsatzkräften nicht nur die Schule, sondern ein ganzes Wohnviertel (!) mit rund 10.000 AnwohnerInnen mehrere Tage ab. Die BewohnerInnen des abgeriegelten Wohngebietes konnten nur mit Ausweiskontrollen in ihre Wohnungen gelangen. Zugleich ging die Polizei immer wieder gegen Solidaritätsaktionen und Blockaden am Rand dieser Zone vor.

Nach tagelangem Hin und Her schien es, als würden die Bullen am 2. Juli, dem Tag des Solidaritätsstreiks der SchülerInnen und Studierenden mit den Refugees abziehen, weil bisher kein klarer Räumungsbescheid vorlag. Praktisch versuchten Innensenat und Polizeiführung dem Kreuzberger Bezirksamt die Verantwortung für eine Räumung in die Schuhe zu schieben.

Als der Schulstreik am 2. Juli startete, schien es, als ob die Polizei an diesem Tag abziehen würde. Die SchülerInnen wie die ganze Bewegung hatten allerdings nicht damit gerechnet, wie verrottet die Grünen mittlerweile sind. Der Grüne Baustadtrat ersuchte die anderen „Grünen“, die Bullen, nun um „Amtshilfe“ und Räumung.

Während Innensenat und Polizeiführung noch überprüften, ob diese „rechtssicher“ sei, tauchten die Grünen-Bezirksbürgermeistern wie ihre Partei ab. Auch der Bezirksrat der Linken rührte sich nicht (vom SPDler war ja ohnedies nichts zu erwarten).

Während die Räumung stündlich drohte, ging die Polizei brutal gegen SchülerInnen vor, deren Demo in Kreuzberg endete. Mindestens drei wurden krankenhausreif geschlagen. Ebenso gab es heftige Einsätze gegen die nun entstandenen Blockaden an den Zugangsstraßen zu der Schule.

Gleichzeitig entstand aber auch eine Protestbewegung - sowohl unter den AnwohnerInnen wie auch in der Stadt, auch wenn leider nie mehr als rund 1.000 Menschen gleichzeitig an den Barrikaden waren.

Die Räumung blieb jedoch aus. Bei den Grünen wurde Christian Ströbele herbeigerufen, um doch noch zu einer „Verhandlungslösung“ mit den Refugees zu kommen und den Imageschaden der vorgeblichen „Bürgerrechtspartei“ in Grenzen zu halten.

So kam es zur Abmachung, dass die BesetzerInnen (nicht jedoch jene Flüchtlinge, die sich zu diesem Zeitpunkt außerhalb des Hauses aufhielten) im Haus blieben durften, das ansonsten zu einem „Zentrum für Flüchtlinge“, allerdings unter einer Grünen-Bezirksverwaltung werden soll.

Nur wenige Stunden nach dem Kompromiss zeigte sich aber schon, dass das für die Refugees allenfalls eine kurzfristiger Teilerfolg sein sollte, drohte doch der Sozialsenator nun damit, dass die Geflüchteten keinerlei staatliche Unterstützung erhalten sollen. Was die Bullen nicht erreichten - die Flüchtlinge zu demoralisieren -, sollte nun die Not bewerkstelligen.

Wir solidarisieren uns mit dem Widerstand gegen die Räumungen der Hauptmann-Schule und des O-Platzes. Wir unterstützen die Forderungen nach Stopp aller Inhaftierungen und Abschiebungen von Geflüchteten, nach Bewegungsfreiheit und freier Wahl des Wohnsitzes für alle Asylsuchenden, nach Abschaffung der Zwangsunterbringung in Lagern und nach gleichen politischen und sozialen Rechten.

Wir fordern die Abschaffung aller Einreisekontrollen in die Festung Europa, von Frontex, Eurosur u.a. Überwachungssysteme. Kein Staat hat das Recht, Menschen, die aufgrund jahrhundertelanger Ausbeutung und Plünderung, aufgrund von Krieg und Unterdrückung gezwungen sind, aus ihren Heimatländern zu fliehen, die Einreise zu verwehren.

Wir lehnen jede Selektion von Flüchtlingen und MigrantInnen ab. Wir wollen vielmehr gemeinsam gegen Rassismus und Ausbeutung kämpfen, indem wir eine Bewegung aus Flüchtlingen, MigrantInnen, GewerkschafterInnen, sozialistischen und anti-kapitalistischen Organisation aufbauen.

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Nr. 191, Juli/Aug. 2014
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*  Streikrecht: Wie weiter gegen die 'Tarifeinheit'?
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