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Öl-Unfall in Brasilien

Tiefes Leck, hohe Profite

Rico Rodriguez, Neue Internationale 165, Dezember 2011/Januar 2012

Am 9. November gab es einen Unfall an einem Meeres-Bohrloch des Ölkonzerns Chevron im Campos-Becken (Bacia de Campus) in Brasilien, 370 km nördlich von Rio de Janeiro. Der Unfall ähnelt der Katastrophe von BP im Golf von Mexiko. Aufgrund zu hohen Druckes gab es eine Explosion, die zu einem Leck und unkontrolliertem Entweichen von Rohöl ins Meer führte.

Mittlerweile ist das Leck nach offiziellen Angaben geschlossen. Insgesamt sollen etwa 2.400 Barrel   (ca. 280.000 Liter) ins Meer geflossen sein. Das Ausmaß des Unfalls ist zwar deutlich geringer als bei der Katastrophe 2010 in Mexiko, aber die Auswirkungen für die Umwelt sind dennoch gravierend.

In Brasilien ist der Vorfall v.a. deshalb ein heikles Thema, weil Brasilien in den nächsten Jahren die erheblichen Ölvorkommen in bis zu 3.000 Meter Tiefe vor der brasilianischen Küste ausbeuten will.

Der politisch wichtige Punkt ist jedoch nicht, welches Ausmaß der Unfall hat, sondern wer die Ölförderung zu welchem Zweck und zu wessen Vorteil betreibt und wie auf Unfälle reagiert wird. Chevron war nicht auf die Situation vorbereitet und verfügte nicht über die technische Ausrüstung, um dem Problem zu begegnen. Die Firma musste dazu einen Tauchroboter von der brasilianischen Ölgesellschaft Petrobras leihen. Dabei hat sie die Behörden wissentlich belogen. Dem Ministerium für Erdöl wurde mitgeteilt, dass täglich 24 Barrel austreten würden, obwohl es in Wirklichkeit 300 Barrel waren. Zudem hat Chevron noch manipulierte Bilder an die Behörden geschickt!

Präsidentin Dilma gab sich daraufhin “irritiert”. Als Präsidentin der PT (Arbeiterpartei)-Regierung sollte sie eigentlich wissen, dass Kapitalisten oft lügen und betrügen, wenn es um ihre Profite und die Schweinereien geht, die dazu passieren. Es wurde angekündigt, dass Chevron insgesamt bis zu 260 Millionen Reais (ca. 113 Mill. Euro) zahlen muss und keine neuen Bohrungen in Brasilien durchführen darf - die aktuellen Förderungen bleiben davon allerdings unberührt.

Das ist jedoch kein ernshaftes Problem für Chevron. Dilmas Aktionen gehen am wirklichen Problem vorbei. Alle Welt weiß, dass die Ölkonzerne ständig Verbrechen gegen Menschen und gegen die Umwelt verüben. In Brasilien wurde 1997 noch unter der Regierung Cardoso der Erdölmarkt für die internationalen Konzerne geöffnet. Seitdem wurde ein großer Teil der Erdölförderung privatisiert. Unter den beiden Regierungen der PT - erst unter Lula, nun unter Dilma - wurde das nicht etwa rückgängig gemacht, sondern noch erweitert.

Profit vor Sicherheit

Dieser Unfall ist nur einer von vielen, die fast täglich weltweit passieren. Heute ist es wichtiger denn je, dass die Energiepolitik radikal geändert wird. Die Konzerne, in diesem Fall Chevron, müssen enteignet werden. Die vorhandenen Ressourcen zur Energiegewinnung müssen in einem einheitlichen staatlichen Unternehmen zusammengefasst werden. Dieses Unternehmen darf aber kein bürokratisches Monstrum sein, sondern muss der demokratischen Kontrolle der ArbeiterInnen und KonsumentInnen unterliegen. Nur so kann gewährleistet werden, dass Sicherheitsbestimmungen eingehalten werden und der Erlös aus der Ölförderung der Gesellschaft zugute kommt und nicht wenigen Milliardären und Aktionären.

Diese Maßnahmen müssen eng verbunden sein mit einem planmässigen Umbau der Energieversorgung. Nicht nur dass die Ölförderung sicherer und transparenter gestaltet, sondern auch Schritt für Schritt ökologische Alternativen ausgebaut werden müssen.

Anderthalb Jahre nach der Mega-Katastrophe von BP im Golf von Mexiko zeigt dieser erneute Unfall, dass die Konsequenzen für die Konzerne gering waren, während ihre riesigen Profite bleiben. Die grundsätzlichen technologischen Probleme, Tiefseeleckagen wirklsam begegnen zu können, wirft auch die Frage auf, ob diese Art der Ölförderung gegenwärtig überhaupt verantwortbar ist. Doch der Unfall in Brasilien zeigt erneut, dass die bürgerlichen Regierungen keine Anstalten machen, den Konzernen den Ölhahn abzudrehen. Die Regierung Dilma, die sich zentral auf die PT, eine bürgerliche, reformistische Arbeiterpartei stützt, macht dabei keine Ausnahme.

Der Kapitalismus zeigt sich immer weniger in der Lage, die großen Probleme im Zusammenhang mit der Energieversorung zu lösen und die enormen technischen Möglichkeiten endlich zum Wohle aller Menschen zu nutzen.

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Nr. 165, Dez. 2011/Jan. 2012
*  Italien und die Eurozone am Abgrund
*  Widerstand: Wohin geht Occupy?
*  CDU-Mindestlohndebatte: Mogelpackung
*  Bildungsstreikbewegung: Bildung in der Krise
*  DIE LINKE: Frauenbefreiung light
*  S21 nach der Volksabstimmung: Die Bewegung braucht eine neu Strategie
*  Berlin S-Bahn-Krise: Das nächste Desaster
*  Öl-Unfall in Brasilien: Tiefes Leck, hohe Profite
*  Syrien: Imperialistische Konkurrenz und revolutionäre Perspektive
*  Pakistan: Repression gegen ArbeiterInnen
*  Kriegsdrohungen: Hände weg vom Iran!
*  Rechter Terror, Staat und Gegenwehr