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Bremer Landtagswahlen

Wählt DIE LINKE, aber testet sie im Klassenkampf

Jürgen Roth, Neue Internationale 159, Mai 2011

Die Landtagswahlen am 22. Mai versprechen, langweilig auszufallen. Die Mehrheit für die amtierende Koalition aus SPD und DIE GRÜNEN scheint so gut wie sicher.

Dabei ist die politische Bilanz des Bremer Senats eine des Sozialabbaus. Unter Rot-Grün wurden die Landesbeschäftigten im Öffentlichen Dienst inmitten der Tarifrunde mittels angedrohter „Zukunfts“tarifverträge diszipliniert und danach die volle Übertragung ihres jüngsten Ergebnisses auf die BeamtInnen verweigert. Die GRÜNE Finanzsenatorin Linnert musste sich über die Schuldenbremse hinaus gegenüber dem Bund zu weiteren Haushaltssparmaßnahmen verpflichten, um das „höchste Gut“ zu retten: den Erhalt des Bundeslandes, die Verhinderung des Bankrotts des Zweistädtestaats!

Keine Stimme für CDU, FDP, DIE GRÜNEN!

Während den klassenbewusstesten und aktivsten ArbeiterInnen sonnenklar ist, dass Schwarz-Gelb sich von selbst verbietet, genießen DIE GRÜNEN immer noch bei vielen den Ruf, irgendwie links, fortschrittlich, ja radikal, „besser“ als die SPD zu sein.

Dabei repräsentieren die GRÜNEN mehr als jede Partei die bürgerliche „Mitte“, die lohnabhängigen Mittelschichten, Berufsbeamte, LehrerInnen, die sich gemäß ihre Klassenstellung um die wachsende Kluft zwischen Arm und Reich sorgen, die den „gesellschaftlichen Zusammenhalt“ zerstöre.

Daher verbinden sie wie keine andere Partei die Sorge um  alles Mögliche - um die Rettung des Planeten wie die Zukunft „unserer Kinder“ - mit einem „Umbauprogramm“ des „Green New Deal“, mit dem sie ungenierter Sozialabbau durchsetzen, Hartz IV-EmpfängerInnen skrupelloser schröpfen und den Lohnabhängigen die Kosten für das „gemeinsame Wohl“ aufdrücken als die SPD sich traut.

Anders als die GRÜNEN stützen sich SPD und Linkspartei auf die organisierte Arbeiterbewegung, sie sind geschichtlich verbunden und stützen sich über die Gewerkschaften sozial auf diese Klasse.

SPD

Sie sind natürlich bürgerliche Parteien - bürgerlich im Sinne der Verteidigung des Kapitalismus und der bürgerlichen Demokratie. Aber sie sind „besondere“ bürgerliche Parteien, als ihre Bedeutung für die herrschende Klasse gerade daraus erwächst, dass sich sozial nicht auf die Bourgeoisie, sondern auf die organisierte Arbeiterbewegung stützen und so an das System binden.

Die SPD hat in dieser Funktion - nicht nur Bremen - schon fast ein Jahrhundert des offenen, reformistischen Klassenverrates am Buckel. Betrachten wir die Wahlversprechen der Bremer Sozialdemokraten, so scheint selbst die reformistische Führung ihre ebenso oft gegebenen wie auch gebrochenen Versprechen überdrüssig zu sein. So tritt Bürgermeister Böhrnsens mit einem Wischi-Waschi-SPD-Programm an, das allen alles bieten soll - von der „starken Wirtschaft“ über die „soziale Gerechtigkeit“ bis hin zur „ökologische Erneuerung“ und „faire Bildungschancen“.

DIE LINKE

Die zweite, kleinere reformistische Partei gibt sich da schon ambitionierter. Sie kommt schließlich aus der Opposition und verspricht daher mehr und gibt sich auch weitaus linker.

Ein „Masterplan Armutsbekämpfung“ müsse her. Im Zweifel (!) so die Reformhelden der Linkspartei müsse sogar der Abbau des Schuldenbergs zurückstehen. DIE LINKE-Bremen fordert außerdem: Erhöhung des Einkommensteuer-Spitzensatzes, Verbreiterung der Gewerbesteuer, Anpassung der Erbschaftsteuer an international übliche Ausmaße, Rückgängigmachung der letzten Steuergeschenke an Unternehmen, Verbesserung des Steuervollzugs, Einführung einer Finanztransaktions- und Millionärssteuer, Übernahme der Altschulden durch den Bund sowie Tilgung durch Sondersteuern auf Vermögen und eine Bankenabgabe.

Neben diesen Versprechungen zieht sich ein anderer Gedanke wie ein roter Faden durch das Wahlprogramm: Nicht auf Klassenkampf zu setzen, sondern auf das „soziale Gewissen“ des Finanzkapitals, dessen Willen zur „Sozialpartnerschaft“. Das lähmt DIE LINKE, macht sie abhängig von Wohl und Wehe der herrschenden Klasse, zwangsläufig zu deren Marionette, damit aber auch zur sich „linker“ als die SPD aufführenden kongenialen Partnerin im Verein der reformistischen Berufsbetrüger an den Interessen der Arbeiterklasse.

Mit einer Kritik der bürgerlichen, „bestenfalls“ keynesianischen Strategie von SPD und Linkspartei können wir es jedoch nicht belassen. Auch in Bremen sehen die bewussteren, organisierten ArbeiterInnen die Wahlen als ein Mittel, der CDU-FDP-Regierung eine weitere Abreibung zu verpassen. Und das ist auch richtig so.

DIE LINKE wählen, aber organisiert den Kampf

Wir rufen zur Wahl der Partei DIE LINKE auf, weil ihre Anhängerschaft es ist, die die wichtigsten Kämpfe seit 2003 mit geführt hat und nicht die der SPD! Natürlich schlägt sich dieser zur Zeit noch prägende Unterschied auch in einem „linkeren“ Programm nieder als dem der SPD.

Grundlegende Veränderungen erwarten wir uns aber nicht von der Linkspartei. Aber wir sind gerne bereit, mit ihrer Wahl erstens den offen bürgerlichen Parteien eine möglichst große Zahl von Stimmen der Linken entgegenzusetzen. Zweitens wollen wir ihre Führung gemeinsam mit ihren WählerInnen und AnhängerInnen in der Praxis überprüfen - bei der Mobilisierung in Betrieb und Straße, aber auch im Parlament.

DIE LINKE vertritt einen Weg der parlamentarischen Reform ebenso wie die SPD. Sie verspricht, an der Regierung mit einer „anderen Politik“ Interessen der Lohnabhängigen zu verteidigen. Das kann - wie auch bei der SPD - am besten überprüft werden, wenn sie an der Regierung ist.

Wir fordern von der Linkspartei wie von der SPD: Schluss mit allen Koalitionen mit offen bürgerlichen Parteien - einschließlich der GRÜNEN! Dort wo sie Arbeiterforderungen stellen wie voller Tarifabschluss für Beamte, keine Privatisierung der städtischen Kliniken, Unterstützung der im Herbst startenden ver.di-Tarifkampagne für die Krankenhäuser, „Finanzausgleich“ nicht über Verschuldung und Massensteuern, sondern durch Banken und Konzerne, dort fordern wir die Mobilisierung dafür im Wahlkampf.

Und wir fordern von ihnen, eine gemeinsame Regierung zu bilden unter Ausschluss aller anderen offen bürgerlichen Kräfte. Hier können sie ihrer Anhänger- und Wählerschaft am besten beweisen, was ihre Versprechen wert sind, so wie jeder noch so unbedeutend erscheinende Klassenkampf „den“ Gewerkschaftssekretär vor den Augen „seiner“ Streikenden allemal einer besseren Feuerprobe unterzieht, als die revolutionärste Propaganda von außen in „radikalen“ Flugblättern es vermag.

Doch RevolutionärInnen müssen die Einheitsfronttaktik nicht nur so anwenden, dass sie Forderungen an die bürgerlichen Arbeiterparteien, ob in Opposition oder an der Regierung - beginnend mit deren eigenen Versprechen - stellen, sondern auch Kampf- und Organisationsmethoden vorschlagen, welche die Basis zur Kontrolle ihrer (einstweiligen) Führungen befähigen: kein Vertrauen in sie! Bildet Kontrollkomitees, die die Einhaltung der Versprechen durchsetzen und im nächsten Schritt ggf. über die Führungen hinausgehen können.

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Nr. 159, Mai 2011
*  Das ist das Mindeste: Klassenkampf!
*  Politische Lage: Regierung in der Krise
*  Heile Welt
*  Stuttgart: Etappenerfolg von Behr-Beschäftigten vor Gericht
*  Bremer Landtagswahlen: Wählt DIE LINKE, aber teste sie im Klassenkampf!
*  Lieken: Teilerfolg im Kampf gegen Schließungspläne
*  Erste Tarifverhandlungen in der Druckindustrie
*  Pariser Kommune: Enteignung der Enteigner
*  Revolutionäre Erste Mai-Demos: Aktionseinheit oder fauler Propagandablock?
*  Brasilien unter Dilma
*  Jemen und Bahrain: Wie entwickelt sich der Kampf?
*  Ägypten: Die Revolution muss weitergehen
*  Syrien zwischen Revolution und Konterrevolution