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Opel/GM

Wer sich der nationalen Logik verschreibt, wird darin untergehen!

Andrea Huber, Neue Internationale 142, September 2009

Der Opel-Deal steht vor seinem möglichen Platzen. Vor Monaten verkündeten Bundesregierung, Ministerpräsidenten, IG-Metall-Bezirksleiter Schild und Opel-Gesamtbetriebsratsvorsitzender Franz, dass der Deal in trockenen Tüchern sei.

Die Retter?

Der Autozulieferer Magna sollte samt seinem russischen Partner von Gaz-Auto den Zuschlag erhalten.

Ob die Vertreter des großen Kapitals - einschließlich des deutschen - je ernsthaft glaubten, dass damit Opel gerettet wäre, sei dahingestellt. Aber der Deal war aber immer - anders als offiziell dargestellt - niemals nur eine „wirtschaftliche Angelegenheit“.

Wäre es so, stellte sich - jedenfalls auf dem Boden der bürgerlichen Ökonomie - gleich die Frage, warum z.B. ein FIAT/Opel/Chrysler-Verbund mit eine Stückzahl von 5-6 Millionen PKW jährlich und Präsenz auf mehreren großen Märkten (Europa, USA) in der Weltmarktkonkurrenz schlechtere Chancen als Opel/Magna/Gaz haben sollte?

Natürlich machte es für GM immer Sinn, seine Marken Opel und Vauxhall in Europa zu  halten. Alles andere hätte das endgültige Aus für den ehemals größten Konzern der Welt, ein Symbol für Vormachtstellung der US-Industrie nach dem Zweiten Weltkrieg, bedeutet. Damit wäre es mit GM als Unternehmen, das ernsthaft in der globalen Konkurrenz mitmachen kann, vorbei gewesen.

Auch die Beteuerungen einer US-Regierung, die vom deutschen Wirtschaftsminister gern nachgeplappert werden, dass die Haltung von GM nur eine Angelegenheit des Managements wäre und nichts mit der US-Regierung, also dem De-facto-Eigner von GM zu tun hätte, ist ein Märchen. Natürlich hat die US-Regierung, jede Regierung eines imperialistischen Staates ein Interesse daran, einen Weltkonzern ihres Landes zu retten.

Umgekehrt wurde schließlich der Magna-Deal direkt oder indirekt von einer ganzen Reihe „prominenter“ imperialistische Politiker, allen Voran Ex-Kanzler Schröder oder der ehemalige österreichische Kanzler Vranitzky unterstützt. Diese setzen schon lange auf eine enge Kooperation einer vom deutschen und französischen Imperialismus geführten EU mit Russland. Und dazu passt der Magna/Gaz-Deal, daher ist er auch deutsche Regierungspolitik.

Dumm ist für die deutschen Imperialisten jedoch, dass sie das Fell des Bären schon verteilt haben, bevor er wirklich erlegt war. Jetzt stehen Steinbrück, Steinmeier, Merkel blöd da, weil es dumm gelaufen ist und die USA der Zerschlagung eines führenden Konzerns mehr Widerstand entgegensetzten, als es am Höhepunkt der Krise möglich schien.

Das Trauerspiel der Arbeiterbürokratie geht weiter

Während die imperialistischen Politiker ihr Geschäft samt aller zugehörigen Lügen und schmutziger Tricks abwickeln, bieten die Betreibsrats- und Gewerkschaftsführer ein makabres, nationalistisches und standortborniertes Trauerspiel - und das in allen Ländern. Die US-Gewerkschaften in den Autokonzernen haben schon Jahrzehnte des Betriebs-Gewerkschaftertums hinter sich, das selbst so manchen deutschen Bürokraten noch erschauern lassen würde.

Die spanischen Gewerkschaftsvertreter der UGT favorisieren nicht Magna, sondern den Finanzinvestor RHI, da dieser verspricht „nur“ 1.400 Beschäftigte in Saragossa zu feuern, während Manga 1.700 auf die Straße setzen will. Ähnlich argumentieren die britischen Kollegen bei Vauxhall.

Die deutschen Betriebsräte, allen voran Gesamt-BR Klaus Franz, springen hingegen für Magna in die Bresche. Für diesen Deal haben sie schon im voraus Einkommensteile der Beschäftigen wie Weihnachts- und Urlaubsgeld in Höhe von 750 Mill. Euro „eingebracht“. Nicht eingerechnet sind dabei die Arbeitsplätze, die auch unter Magna noch abgebaut würden. Klargemacht haben diese Kämpen aus dem Betriebsrat nur, dass sie die Notwendigkeit „schmerzhafter“ Maßnahmen einsehen und diese „sozial“ und „konstruktiv“ begleiten wollen.

Denn: Für „seinen“ Betrieb bringt der deutsche Betriebsrat auch schon Mal gern Opfer - vorzugsweise Einkommen und Arbeitsplätze „seiner“ Belegschaft.

Die viel beschworene „europäische Solidarität“, die Lippenbekenntnisse, sich nicht gegeneinander ausspielen zu lassen, sind nur zynische Beruhigungspillen. Solidarität mit den ArbeiterInnen in den USA und an anderen GM-Standorten weltweit spielt bezeichnenderweise nicht einmal bei Sonntagsreden eine Rolle.

Dieses nationalistische Trauerspiel, bei dem die Interessen der Beschäftigten immer unter jene des „eigenen Werks“, der „Unternehmenszukunft“ und damit den Kapitalinteressen und jenen des deutschen Imperialismus untergeordnet werden, entpuppt sich momentan nicht nur als üble Spalterpolitik, sondern auch als totales Fiasko.

Von den Betriebsräten und der IG Metall ist keine Besserung oder Änderung des Kurses aus eigenen Stücken zu erwarten. Im Gegenteil: Klaus Franz hat schon deutlich gemacht, dass er sich an die Spitze der „Magna“-Bewegung stellen will. Nur Magna kriegt die 750 Millionen an Zugeständnissen, erklärt er trotzig.

Warum eigentlich? Wird das Leben in Bochum, Rüsselsheim, Kaiserslautern oder Eisenach billiger, wenn Magna die Werke übernimmt? Gibt es in den Supermärkten dann Rabatte für Opelaner? Oder senken die Hausbesitzer gar die Mieten, weil das Werk einen neuen Eigentümer hat?

Es gibt eine Alternative!

Alle „Sanierungspläne“ - von wem auch immer - kommen an einem Fakt nicht vorbei: in der Autobranche existieren weltweit enorme Überkapazitäten. Die daraus folgende härtere Konkurrenz und die nächsten Rationalisierungswellen bedeuten auf jeden Fall, dass bei Opel und anderswo massiv Arbeitsplätze abgebaut und Entlohnung, Arbeitsbedingungen usw. verschlechtert werden.

Ein Eigentümerwechsel und Zugeständnisse ändern daran nichts. Die Alternative besteht darin, dass die Beschäftigten bei Opel ihren Slogan „Wir sind Opel“ ernst nehmen und selbst kontrollieren und bestimmen, was mit Opel passiert. Der beste Weg, eine drohende Insolvenz, massiven Arbeitsplatzabbau und weitere Verschlechterungen zu verhindern, ist die Verstaatlichung - unter Arbeiterkontrolle - und die konsequente Umstellung der Produktion auf umweltfreundlichere Fahrzeuge und Technologien.

Unsere „Rettungsvorschläge“ sind:

Kampf gegen alle Entlassungen! Das betrifft nicht nur die „regulär“ Beschäftigten, sondern auch die LeiharbeiterInnen. Überführung der Leiharbeitsjobs in reguläre, tariflich gesicherte Arbeitsverhältnisse!

Reduktion der Arbeitszeit auf 30-Stunden pro Woche bei vollem Lohn- und Personalausgleich!

Nein zu jedem Lohnverzicht! Die ArbeiterInnen haben die Krise nicht verschuldet, sie sollen auch nicht dafür zahlen!

Statt Sanierungsplänen zur Rettung des Konzerns und des Kapitals der Großaktionäre und -anleger und sozialpartnerschaftlicher „Mitbestimmungs“schemata: Öffnung der Geschäftsbücher, Konten, Finanzpläne für Arbeiterinspektionen! Entschädigungslose Enteignung und Verstaatlichung aller Betriebe unter Arbeiterkontrolle!

Überwindung des irrationalen kapitalistischen Verkehrssystems! Verstaatlichung der gesamten Verkehrsindustrie und deren Reorganisation zum Aufbau eines gesellschaftlich effektiven, leistungsfähigen und umweltschonenden Öffentlichen Verkehrssystems und der dementsprechenden planmäßigen Umstellung der Produktion unter Kontrolle der Beschäftigten und der arbeitenden Bevölkerung!

Um einen solchen Kampf erfolgreich führen zu können, müssen die Beschäftigten bei Opel/GM wie in der gesamten Autoindustrie ihre direkten Machtmittel als ArbeiterInnen nutzen - durch Streiks und Besetzungen, die von gewählten und jederzeit abwählbaren Streikkomitees geführt werden, die international koordiniert agieren.

In der IG Metall und den anderen Gewerkschaften in der Branche ist ein organisierter Kampf gegen den sozialpartnerschaftlichen, nationalistischen und spalterischen Kurs der Führungen notwendig, d.h. der Aufbau einer oppositionellen Basisbewegung, die für die Ersetzung der Bürokraten durch eine klassenkämpferische Führung eintritt.

Gesellschaftliche Frage

Die Lage in der Autoindustrie ist offenkundig nicht nur eine Branchenfrage, sondern eine der gesamten Gesellschaft. Die ArbeiterInnen und Angestellten brauchen die Solidarität und Unterstützung der gesamten Arbeiterklasse. Diese kann aber nur hergestellt werden, wenn der Kampf gegen den Kahlschlag der Autoindustrie mit dem Kampf gegen die Krise insgesamt und für ein Notprogramm der Arbeiterklasse verbunden wird.

Das kann von Gewerkschaften und Aktionsbündnissen allein nicht durchgesetzt werden. Es braucht dazu nicht nur gewerkschaftlichen Widerstand, sondern eine politisch Antwort. Die bürgerlichen Regierungen und die reformistischen Arbeiterparteien wie SPD und DIE LINKE werden obige Maßnahmen sicher nicht umsetzen, selbst wenn sie sich durch Kämpfe gezwungen sehen können, einzelne Forderungen zeitweilig zu erfüllen.

Notwendig ist der Kampf für neue, revolutionäre Arbeiterparteien, die für eine sozialistische Revolution kämpfen. Notwendig ist der Kampf für eine Arbeiterregierung, die sich auf die Kampforgane der Arbeiterklasse und Unterdrückten stützt, den unvermeidlichen konterrevolutionäre Bestrebungen der Herrschenden durch deren Entwaffnung und Schaffung von Selbstverteidigungsorganen der Arbeiterklasse zuvorkommt und den bürokratischen, bürgerlichen Staatsapparat durch einen demokratischen, direkt kontrollierbaren und verantwortlichen Rätestaat ersetzt.

Auf dieser Basis - der politischen Herrschaft der großen Mehrheit - ist auch die planmäßige Reorganisation der Produktion möglich, eine wirkliche Vergesellschaftung der Großen Industrie und Banken, also die Abschaffung des Kapitalismus und der Übergang zum Sozialismus.

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Nr. 142, September 2009
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*  Wirtschaftskrise: Talsohle erreicht - Krise vorbei?
*  Soziale Lage: Wen trifft die Arbeitslosigkeit?
*  Opel/GM: Wer sich der nationalen Logik verschreibt, wird darin untergehen!
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