Arbeitermacht
Liga für die fünfte Internationale

Nord & Südamerika Europa Asien & Australien


google.de arbeitermacht.de

Metalltarifrunde

Vier ist Verrat

Frederik Haber, Neue Internationale 120, Mai 2007

Vom Profit müssen alle profitieren“ wirbt die IG Metall für die Forderung von 6,5 Prozent. An diesem Spruch kann man die ganze Verkommenheit ihrer Führung aufzeigen. „Profit“ ist natürlich genau das, wovon niemand profitiert, außer dem Kapital. Je höher er ist, desto schlechter für die Beschäftigten - nicht nur, wenn es um die Verteilung zwischen Lohnarbeit und Kapital geht, sondern auch für die Zukunft. Je mehr das Kapital wächst, desto stärker ist auch die Klasse, die es besitzt und desto mehr kann in die Ausbeutung investiert werden.

Die Führung der Gewerkschaften aber will keinen wirklichen Kampf um die Verteilung, denn dann müsste sich die Forderung wirklich an den Profiten orientieren. Und einen strategischen Kampf gegen das Kapital will sie schon gar nicht. Es geht ihnen nur um die Krümel, und sie haben die Hoffnung, dass diese um größer sind, je größer der Kuchen ist, den das Kapital verschlingt. So macht die IG Metall nicht nur Reklame für die Forderung von 6,5 Prozent, sondern auch noch gleich für das Profitsystem als solches.

In der Tat führen die hohen Gewinne der Metall-Kapitalisten dazu, dass die Beschäftigten auch eine deutliche Erhöhung erwarten. In diese Erwartung mischt sich die Empörung über den jahrelangen Reallohnverlust, die Lohnsteigerungen wurden von der Inflation aufgefressen. In vielen Betrieben hatten die Belegschaften sich noch die Tariferhöhungen anrechnen lassen müssen: im Namen von Beschäftigungssicherung. Sie erlebten, dass diese Verträge die Unternehmer nicht von weiteren Angriffen auf die Arbeitsplätze abgehalten haben und die Gewinne gleichzeitig explodiert sind. So ist das Misstrauen in die Führung der IGM gestiegen.

Für RevolutionärInnen und klassenkämpferische GewerkschafterInnen stellt sich eine Frage: Wie kann in den Tarifkampf eingegriffen werden, ohne die dämlichen Parolen und die Rituale der Tarifrunde mitzumachen, mit denen die Bürokratie die Bewegung kanalisiert, kontrolliert und verarscht. Wie können wir umgekehrt helfen, dass Misstrauen und Empörung nicht dazu führen, dass BasisaktivistInnen nur halbherzig und mit wenig Orientierung mitmachen, möglicherweise abseits bleiben oder gar in Resignation verfallen? Wie können wir dazu beitragen, dass die Tarifrunde zum Erfolg für die Klasse wird oder zumindest zeigen, wie es denn in der Praxis möglich wäre?

Fauler Kompromiss

Gegen den Widerstand der meisten Vertrauenskörper, vor allem der streikfähigen, hatte die Gewerkschaftsführung die Höhe der Forderung auf 6,5 Prozent festlegen können. Das ist schon weniger als die 8 Prozent, um welche die Produktivität z.B. in Baden-Württemberg im letzten Jahr gestiegen ist. In den letzten 20 Jahren lag das Ergebnis meist bei 60 Prozent der Forderung. Ziel der Tarifstrategen dürften also 4 Prozent sein, unter der Hand haben führende Funktionäre dies auch durchblicken lassen.

Die Arbeit“geber“ haben 2,5 Prozent angeboten, wohl wissend, dass ein Angebot von nur 0,5 wie im letzten Jahr Öl ins Feuer gewesen wäre. Dazu bieten sie eine Einmalzahlung von 0,5 Prozent an, wollen dafür aber die Flexibilisierung des Weihnachtsgeldes. Die Differenz zwischen diesem schön gerechneten Angebot und dem signalisierten Wusch der Gewerkschaftsspitze liegt also nur bei ein Prozent!

Dieser faule Deal muss bekämpft werden! Deshalb: Volle Mobilisierung für die Forderung von 6,5 Prozent und Zurückweisung des Kapitalangebots! Dafür brauchen wir Resolutionen, Aufrufe und Plakate! Diese Forderungen, wie sie von etlichen kampfbereiten Vertrauensleuten und den Gewerkschaftslinken kommen, müssen am 1. Mai und auf den Warnstreiks verbreitet werden!

Sollte es zum Streik kommen - und ein Teil des Funktionärs-Apparates scheint dies einzukalkulieren -, werden Kapital und Gewerkschaftsbürokratie alles tun, um ihn kurz zu halten. Beide Seiten sind sich einig, dass die gute Konjunktur ausgenutzt werden muss und der „Standort Deutschland nicht beschädigt werden darf.“

Im Streik wird die IGM-Führung alles daran setzen, die Kontrolle zu behalten. Streikführungen werden ernannt, einzelne Streiktage angeordnet - so kann dann jederzeit ein schneller Abbruch kommen.

Die Erfahrung zeigt, dass es für die AktivistInnen an der Basis sehr schwer ist, dagegen zu halten. Gerade sie sind voll damit beschäftigt, zu mobilisieren und zu organisieren. Jene, die als Betriebsräte sich gerne den Hintern breit hocken, werden nicht die Motoren sein. Umso wichtiger ist es, schon im Vorfeld durchzusetzen, dass die AktivistInnen auch in den Streikleitungen vertreten sind.

Basisbewegung

Es ist wichtig, sich vorher überbetrieblich zu vernetzen, um gemeinsam gegen einen faulen Kompromiss und einen Streikabbruch vorzugehen! In den Vertrauenskörpern und ihren Leitungen muss vorher über diese Möglichkeit diskutiert und möglichst eine Orientierung festgelegt werden, was dann zu tun ist.

Das heißt, dass die Streikleitungen, die Delegierten in den Tarifkommissionen der Basis gegenüber verantwortlich sein müssen, von dieser gewählt und, wenn nötig, abgewählt werden müssen. Aller Verhandlungen müssen offen geführt werden. Es darf keinen Abschluss oder gar eine Aussetzung etwaiger Streiks gegeben ohne Vorherige Diskussion und Beschlussfassung unter den Kämpfenden.

2002 waren die Linken und BasiskämpferInnen damit befasst, die Urabstimmung zu organisieren und die Diskussion in den Belegschaften zu führen. Die Führung hatte den Termin so eng gesetzt, dass eine Diskussion fast nicht möglich war. Eigene Stellungnahmen oder eine überbetriebliche Diskussion wurden verhindert. Das kann nur bekämpft werden, wenn die Erfahrungen aus dem letzten Streik gezogen werden.

Wenn eine organisierte Struktur im Sinne einer klassenkämpferischen Basisbewegung existieren würde, wäre ein organisiertes Handeln gegen den zu erwartenden Verrat einfacher. So muss jetzt die Zeit genutzt werden, um zumindest die Voraussetzungen dafür zu schaffen!

Leserbrief schreiben   zur Startseite


Nr. 120, Mai 2007
*  Erster Mai: Widerstand oder Wartestand?
*  Metalltarifrunde: Vier ist Verrat
*  WASG-Berlin: Spaltung droht
*  Nieder mit den G8! Nieder mit der imperialistischen Weltordnung!
*  Unsere Aktivitäten gegen die G8
*  Tschechien: Streik bei Skoda
*  Heile Welt
*  Pakistan: Für eine verfassungsgebende Versammlung!
*  Bundeswehr: Auf dem Weg zur globalen Eingreiftruppe