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16. November: Auf nach Nürnberg!

Auch Innenminister sind Kriegsminister!

Erika Ärgerlich, Neue Internationale 115, November 2006

Am 16./17. November findet in Nürnberg die nächste Innenministerkonferenz statt. Im Zentrum des öffentlichen Interesses steht dabei der Kompromiss zur Bleiberechtsregelung für geduldete Flüchtlinge und MigrantInnen.

Bereits jetzt wird er von allen kompetenten Gruppen und Einrichtungen kritisiert. Das ist nicht verwunderlich, geht es den Verantwortlichen doch nicht um ein menschenwürdiges Leben für MigrantInnen - was einen geregelten, dauerhaften Aufenthaltsstatus voraussetzen würde - sondern um dessen Vermeidung im Sinne der Abschreckung.

Durch die beabsichtigte Kopplung der Vergabe eines Aufenthaltsrechts an eigenständige Existenzsicherung, also bezahlte Arbeit, wird ein weiterer Aspekt deutschen bzw. europäischer Ausländerpolitik überdeutlich: Diejenigen, die es irgendwie hierher geschafft haben, können, wenn sie sich als Arbeitskraft lohnen, unter Umständen bleiben.

Aktuelle Entwicklungen

Natürlich gibt es seit der Ausrufung des „Krieges gegen den Terror“ auch eine Heimatfront: „...die Grenzen zwischen innerer und äußerer Sicherheit bestehen gar nicht mehr.“ (Schäuble am 10.09.06 im Deutschlandfunk).

Was das heißt, spiegelt sich in geplanten und schon verwirklichten Gesetzen sowie in gezielter Meinungs- und Stimmungsmache wider. So betreiben LKA und Innensenator in Berlin schon mal mit der Absetzung einer Oper aufgrund einer behaupteten islamistisch motivierten Gefährdung rassistische Hetze. Derselbe Innensenator verbot vorher, anlässlich der Anti-Kriegsdemonstrationen wegen des israelischen Angriffs auf den Libanon, das Zeigen von Hizbollah-Fahnen und Bildern ihres Führers Nasralla, obgleich die Hizbollah in der EU nicht verboten ist. Die Demonstrationen wurden pauschal als Hass-Demonstrationen diffamiert, um die öffentliche Meinung, die mehrheitlich den Krieg Israels verurteilte, doch noch gegen die Kritiker Israels zu wenden, vor allem aber gegen „gewaltbereite Muslime.“

Dass solche Hetze zumindest teilweise Wirkung zeigt, wird klar, wenn Fluggäste darauf bestehen, „Verdächtige“ aus dem Flugzeug zu entfernen, und dafür das Umkehren des Flugzeuges bzw. erhebliche Verzögerungen in Kauf nehmen. „Verdächtig“ kann in diesen Fällen übersetzt werden mit „arabisch aussehend oder anscheinend dem muslimischen Glauben, angehörend.“

Das ist, da darf man sich nichts vormachen, rassistisch verbrämte Kriegshetze! Allein die im neuen Weißbuch niedergelegten Richtlinien für Bundeswehreinsätze taugen noch nicht, um das eigene Staatsvolk ganz auf Linie zu bringen. Der Zugang zu Rohstoffen und der freie Welthandel müssen schon noch ein wenig unterlegt werden mit Demokratie und Menschenrechten.

Da eignen sich gewaltbereite Fanatiker, die anscheinend nicht in der Lage sind, zivilisiert zusammen zu leben, uns „Westler“ aber umbringen wollen, hervorragend. So wird die imperialistische Neuordnung des Nahen Ostens leichter verdaulich, und die versehentliche Bombardierung eines weiteren afghanischen Dorfes „...auf der Suche (sic!) nach Taliban-Kämpfern“, wie die Tagesschau am 28.10. meldete, trug ja vielleicht zur Frauenbefreiung bei.

Aus dieser inszenierten „Bedrohungslage“ lässt sich natürlich auch leicht die Notwendigkeit jener Gesetzesverschärfungen ableiten, an deren Beginn das Terrorismusbekämpfungsgesetz von 2002 steht, das kürzlich ergänzt und zeitverlängert wurde. Dazu gibt es neuerdings die Anti-Terror-Datei, die den Polizei- und Ausländerbehörden und den Geheimdiensten eine noch engere Zusammenarbeit gestattet. Der BND erhielt noch größere Kompetenzen, was nach den noch immer unaufgeklärten Skandalen der letzten Zeit selbst von bürgerlicher Seite kritisiert wurde. Erinnert sei hier an den nicht ausgeräumten Verdacht, der BND habe im Irakkrieg Angriffsziele geliefert, seine Rolle im Entführungsfall Al Masri ist nicht geklärt, er hat Befragungen in Foltergefängnissen durchgeführt. Der Etat des Verfassungsschutzes soll um 50 Millionen aufgestockt werden.

Konkret auf dieser Innenminister-Konferenz soll vor allem auch die „Verbesserung des Ausländerrechts zur Gefahrenabwehr“ behandelt werden, ein Vorstoß, der sich hauptsächlich gegen ausländische Studierende, deren Bürgen und die Einladenden richtet.

Gesetz gegen MigrantInnen

Die nächste Grundgesetzänderung will auch vorbereitet sein, denn:

„Es kann doch nicht sein, dass die Bundeswehr überall auf der Welt zum Zwecke der inneren Sicherheit Aufgaben wahrnimmt (...) nur in einem Land nicht: in der Bundesrepublik Deutschland.“ (ebenda)

Hält man sich vor Augen, wie weitgehend sowohl Forderungen einzelner Politiker als auch die schon in Gesetzesform gegossenen Maßnahmen sind, ist es eigentlich erstaunlich, wie spärlich und unaufgeregt die Reaktionen ausfallen.

Das ist eine eklatante Unterbewertung der Politik, die derzeit auf diesem Gebiet betrieben wird, erklärbar nur entweder mit Schwäche oder dem letztendlichen Einverständnis der politischen Akteure. Eine parlamentarische Linke, die sich nicht in der gebotenen Klarheit und Schärfe gegen imperialistische Kriege und Besatzung stellt, sondern als ein Hauptargument gegen deutsche Truppen in Afghanistan sowohl die Gefährdungslage der „eigenen“ Soldaten, als auch die wachsende Terrorgefahr in der BRD anführt, die man der deutschen Bevölkerung nicht zumuten könne, entwaffnet sich selbst.

Demonstration

Nürnberg, Donnerstag, 16. November

Kundgebung, 16.30 Uhr an der Lorenzkirche

Demonstration, 17.30 Uhr zum Tagungsort der Innenministerkonferenz

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Nr. 115, November 2006

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*  16. November: Auch Innenminister sind Kriegsminister
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