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Linkspartei-Formierung

Hände Weg von der WASG-Berlin!

Martin Suchanek, Neue Internationale 109, April 2006

Wer Mitglied der Berliner WASG ist, kann froh sein über die tolle Mitgliederbetreuung. Fast jede Woche erhält er oder sie einen Brief von der Parlamentsfraktion, meist von Oskar Lafontaine, neuerdings auch von Gregor Gysi unterzeichnet.

Hatte unser aller Oskar vor wenigen Wochen noch vergeblich versucht, die Berliner WASG-Mitglieder von der Eigenkandidatur abzubringen, so scheuen Bundesvorstand, die Parlamentsfraktion und die PDS-Spitze keine Mühen, die demokratische Entscheidung des Berliner Landesverbandes noch zu kippen oder wenigstens dessen Vorstand und Mitglieder madig zu machen.

Dabei hat sich der Landesparteitag in Berlin nach monatelanger Debatte für die Eigenkandidatur ausgesprochen. Die Berliner Mitglieder haben trotz Lafontaine-Briefen, PDS-Kampagne und bundesweitem Druck verschiedener Landesverbände an der Eigenkandidatur festgehalten.

Nun steht wohl als nächstes an, dem Landesverband keine Geldmittel zur Verfügung zu stellen oder missliebige „Sektierer“ wie die SAV oder andere Gruppen auszuschließen.

Dabei verkennen Bundesvorstand, bürgerliche Presse und die Parlamentsfraktion zweifellos die eigentlichen Ursachen der Berliner Haltung.

Diese liegen erstens in der Politik der PDS resp. des SPD/PDS-Senats. Dessen Politik, dessen neoliberale Angriffe müssen hier nicht erneut dargelegt werden. Sie sind auch kein „Einzelfall“. Das Beispiel Dresden zeigt, dass die PDS zur Unterstützung der Privatisierung von Wohnbaugesellschaften selbst dann fähig ist, wenn sie nicht mitregiert.

Ein zweiter Grund ist der Kern der aktiven Mitglieder der Berliner WASG. Es ist kein Zufall, dass der Landesparteitag mit rund zwei Dritteln ein deutlich besseres Ergebnis als die Urabstimmung (51% Ja, bei 43% Nein, 6% Enthaltung) brachte.

Die WASG Berlin ist sicherlich keine revolutionäre, sondern - wie die PDS auch - eine reformistische Organisation. Aber sie verfügt über einen deutlich größeren Anteil regelmäßig aktiver Mitglieder. Das sind das in der Regel Menschen, die ihre Lebensbedingungen gegen die Angriffe von Kapital und Großer Koalition, aber auch des Berliner Senats verteidigen wollen und dafür auch etwas tun.

Das entspricht auch der sozialen Zusammensetzung der WASG Berlin. Dass sich dort nur Mitglieder linker Gruppen „tummeln“ würden, war schon immer ein Zerrbild, das von WASG- und PDS-VorständlerInnen gemalt wurde. Bemerkenswert ist vielmehr der große Anteil an Erwerbslosen, insbesondere ALG II-Empfängern. Diese machen in einigen Bezirksgruppen mehr als die Hälfte der Mitglieder aus. Außerdem fällt auch ein relativ großer Anteil an Betriebsräten und gewerkschaftlichen Vertrauensleuten auf.

Zweifellos kann die WASG Berlin noch mehr von diesen Arbeitslosen und Beschäftigten brauchen, zweifellos muss ihre politische Programmatik, ihrer Zielsetzung nach links geschoben werden: zu einer anti-kapitalistischen Ausrichtung.

Es ist jedoch unverkennbar, dass die Mehrheit für die Eigenkandidatur auch die sozialen Interessen von hunderttausenden Arbeitslosen, die Bedürfnisse der Lohnabhängigen zum Ausdruck bringt, die vom SPD/PDS-Senat die Schnauze voll haben und nicht ständig für das „kleinere Übel“ den Gürtel enger schnallen wollen.

Wir unterstützen daher die Eigenkandidatur der Berliner WASG kritisch:

Hände Weg von der Berliner WASG! Keine Ausschlüsse und Repression gegen Mitglieder, Funktionäre und Unterstützer der Berliner WASG! Hänge weg von allen linken Gruppen, die diesen Kurs unterstützen!

Unterstützung des Eigenantritts der WASG-Berlin durch die Bundespartei auf finanzieller und personeller Ebene!

Für eine Eigenkandidatur auf Grundlage eines anti-kapitalistischen, klassenkämpferischen, sozialistischen Aktionsprogramms!

Für eine organisierte, bundesweite Opposition gegen die reformistische Führung und Politik!

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Nr. 109, April 2006

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*  Tarifrunde 2006:Metaller in den Streik!
*  Programmtische Eckpunkte WASG/Linkspartei: Ein reformistischer Wunschkatalog
*  Linksparteifusion: Hände Weg von der WASG-Berlin!
*  Pseudo-Demokratie: Nein zur manipulativen Urabstimmung!
*  Asylrecht: Universalwaffe Terrorismusvorwurf
*  70 Jahre Revolution in Spanien, Teil 1: Der Weg zur Revolution
*  Europäisches Sozialforum Athen: Olympiade des Widerstandes?
*  Heile Welt
*  Massenstreiks: Frankreich im Ausstand