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Mahle Alzenau

Gemeinsam kämpfen gegen die Werkschließung!

Gegenwehr 01 für Mahle, 18. April 2009

Herr Coenen ist wild entschlossen, Alzenau dicht zu machen. Er macht die Belegschaft und den Betriebsrat zum Sündenbock für seine Fehler als Manager. Das ist nichts Ungewöhnliches. Alle Manager in allen Firmen, alle Banker und alle Regierungen suchen gerade nach Wegen, wie sie die gigantische Wirtschaftskrise auf Kosten der arbeitenden Bevölkerung lösen können und ihre fetten Gehälter und „Erfolgsprämien“, ihre Pensionen, ihre Dienstwagen und Villen auf Kosten der Arbeitenden und Arbeitslosen, auf Kosten der Jugend retten können. Ob „Strukturprobleme“ bei Mahle oder Krise der Weltwirtschaft: diejenigen, die die Fäden gezogen haben, lassen jetzt andere bluten.

Das heißt: LeiharbeiterInnen entlassen, Befristete auslaufen lassen, Putzpläne kürzen und Werkverträge kündigen, Azubis mit abgebrochener Ausbildung oder ohne Berufserfahrung raushauen. Zuerst gehen die Coenens, Zetsches und Co. dieser Welt auf die Schwächsten los, aber sie bleiben dabei nicht stehen. Dass Entlassungen für sie zur Normalität gehören, hat gerade Alzenau schon oft erlebt, im letzten Jahr auch Mahle-Beschäftigte in Italien, USA, Kanada und Britannien.

Bisher hatte Coenen noch gezögert. Angesichts des Booms der Jahre 2007/08 hätte er mit einer Schließung von Alzenau noch mehr Chaos angerichtet als er so schon hat. Außerdem hinderte ihn der Standortsicherungsvertrag daran, einen Standort ganz zu schließen. Aber dieser Vertrag hat ihn nicht gehindert, über fünf Jahre hinweg Produktionsanlagen abzubauen, Produktion zu verlagern und weiteren Personalabbau zu verlangen. Das Geld für die Abfindungen haben die Mahle-Belegschaften mit Lohnsenkungen finanziert!

Wie kann man Coenen stoppen?

Der Betriebsrat in Alzenau setzt auf Verhandlungen. Ebenso der Gesamtbetriebsrat und die IG Metall. Das ist nichts Neues. Immer wieder wurde über „Zukunftskonzepte“ verhandelt. Immer wieder wurde ein Weg gesucht, Coenen zu überzeugen, dass er in Alzenau mehr Profit machen könne als anderswo. Aber erstens ist Coenen arrogant. Er ist so von sich überzeugt, dass er nie zugeben würde, dass ein Betriebsrat oder ein Wirtschaftsinstitut besser betriebswirtschaftlich rechnet als er selbst. Zweitens kann Mahle natürlich ökonomisch auf Alzenau verzichten. In der jetzigen Krise kann die Konzernführung auch auf Potenza, Colmar oder Vila nova verzichten, auf Lorch, Wölfersheim, Wustermark oder Leibertingen. Von den über 80 Standorten weltweit können locker 20-30 komplett dicht gemacht werden, und Junker kann diese nach seiner Laune oder Überzeugung aussuchen. In diesem System ist derjenige ein guter Manager, der in einer Krise so schnell die ArbeiterInnen entlässt, dass es die wenigsten Kosten verursacht. Das ist die Logik des Kapitalismus.

Diese Logik hat auch die „Standortsicherung“ anerkannt. Wenn die Umsatzrendite von 3% nicht erreicht wurde, waren die „festgeschriebenen“ Kopfzahlen für die „Problemstandorte“ hinfällig. In Lorch, Markgröningen, Alzenau oder Wölfersheim arbeiten doch schon jetzt weniger Menschen als 2005 vereinbart.

Die Standortsicherung hat den Personalabbau nicht verhindert, sondern nur die Schließung kompletter Werke. Alle Verhandlungen für die einzelnen Werke haben diese nicht sicherer gemacht: Alzenau hat Produktions-Reihen verloren, Lorch hat die versprochenen Nachfolgeprodukte nicht erhalten, der Zylinderbereich in Markgröningen wurde rechtlich selbstständig, der Verkauf ist vorprogrammiert.

Wer jetzt noch auf Verhandlungen zur Zukunftssicherung setzt, ist ein Idiot oder ein Betrüger. Erstens hat er aus den letzten 5 Jahren nichts gelernt, zweitens hat er die Weltwirtschaftkrise nicht begriffen: Da gibt es bei Mahle keine Zukunft für zig Werke und Tausende Beschäftigte; da gibt es weltweit keine Zukunft für Millionen ArbeiterInnen auch in riesigen Konzernen wie General Motors. Da werden die Arbeitlosen und die Hungernden, diejenigen, die noch nie eine Zukunft in diesem System hatten, zahlenmäßig massiv zunehmen.

Das einzige, was Verhandlungen jetzt noch bringen, ist Zeitgewinn. Aber der bringt nur etwas, wenn man einen Kampfplan hat. Der Alzenauer Betriebsrat und die Belegschaft haben schon eine Vielzahl an Aktionen unter dem Motto „Eine Region steht auf“ gestartet. Die Resonanz zeigt, dass die Kraft da ist. Aber um Coenen und Junker zu schlagen, ist mehr nötig: Auch in anderen Werken muss gekämpft werden! Wir müssen so stark werden, dass wir die Macht des Managements einschränken können!

Wie können wir die Einheit der Belegschaften und die Kampfkraft entwickeln?

Gegen die Märchen der Manager - Offenlegung aller Zahlen!

In der Presserklärung der Firma heißt es, das Werk Alzenau habe 70 Millionen Defizit seit 2005 angehäuft. Aber das hinderte Mahle nicht, 2006 und 2007 die höchsten Gewinne seiner Geschichte auszuweisen. Überall Profit - nur in Alzenau nicht? Wer das glaubt, ist selber schuld. Jede Imbissbude bietet heute Produkte im Paket an: Currywurst mit Bier, Döner mit Cola. Auf die Cola gibt's Rabatt gegenüber dem Einzelpreis. Oder gibt's den Rabatt auf den Döner? An welchem Produkt macht die Imbissbude Gewinn, an welchem Verlust? Das entscheidet der Besitzer. Mahle bietet mehr als zwei Produkte im Paket den Autoherstellern an und das auch noch zugleich in mehreren Ländern. Wer entscheidet, wo der Gewinn anfällt und wo der Verlust? Die Geschäftsführung von Mahle!

Deshalb muss die erste Forderung an die Geschäftsführung die Offenlegung aller Zahlen sein. Wie werden allgemeine Kosten aus der Zentrale umgelegt? Wer zahlt eigentlich die Millionen für Mahle-Inside, das Museum, das keiner ansehen will? Wie sehen die Verträge mit den Kunden aus? Warum gibt es Kolben mit hoher Profitmarge und welche mit geringer? Warum werden manche mit Absicht auch mit Verlust verkauft? Alle Zahlen müssen auf den Tisch: Aus allen Produktlinien und aus allen Werken der ganzen Welt!

Wenn es dem Betriebsrat und dem Gesamtbetriebsrat ernst ist mit ihren Verhandlungen, dann müssen sie auch diese Zahlen fordern. Oder sie lassen sich weiter von Coenens Rechnereien austricksen. Wir sind sicher, dass mit diesen Zahlen gezeigt werden kann, wie die Geschäftsleitung manipuliert, nicht nur in Alzenau, sondern überall! Wie sie den Leuten vorrechnet, dass sie „Kostenfaktoren“ seien, dass aber in Wirklichkeit eine massive Ausbeutung herrscht, weil nämlich die ArbeiterInnen überall nur einen Bruchteil von dem Wert erhalten, den sie schaffen! Es wird sich zeigen, dass das, was sie aus unserer Arbeit herausgezogen haben, viel mehr ist als die Gewinne, die sie offiziell ausweisen! Wenn der Gesamtbetriebsrat und alle Betriebsräte, die IG Metall und die Gewerkschaften in den anderen Ländern diese Ausbeutung und diese Tricksereien aufdecken, werden überall die Beschäftigten verstehen, dass nicht die Alzenauer zu teuer sind, sondern die Manager!

Mahle enteignen! Produktion unter Arbeiterkontrolle!

Trotzdem könnte es sein, dass Mahle tatsächlich in den Bankrott treibt. Die Weltwirtschaftskrise trifft auch Unternehmen, die noch vor einem Jahr vor Gesundheit und Gier auf Aufkäufe nur so strotzten, nicht nur Mahle, sondern z.B. auch Schäffler. Auch dann brauchen alle Mahle-Belegschaften eine Perspektive. Es kann nicht sein, dass jede Belegschaft anfängt zu hoffen, dass ein anderes Werk dicht gemacht wird. Dann soll Mahle bitte schön verstaatlicht werden! Das ist die einzige Perspektive, die alle Werke retten kann! Das kommt die Allgemeinheit billiger als Massenarbeitslosigkeit und Verelendung ganzer Regionen. Die Mahle-Stiftung braucht wahrhaftig keine Entschädigung, Frau Schäffler, General Motors oder die Besitzer der Hypo Real Estate auch nicht! Mit den 100 Milliarden, die allein für diese Bank geopfert wurden, könnten Millionen Arbeitsplätze finanziert werden!

Geht es darum, dass wir ArbeiterInnen und Angestellte etwas geschenkt bekommen sollen? Dass wir uns einen faulen Lenz machen wollen? Wir von der Gruppe Arbeitermacht meinen dazu: Dieser Vorwurf wird sofort von denen kommen, die eh nicht viel in ihrem Leben gearbeitet haben. Wir glauben, dass die meisten Kolleginnen und Kollegen sagen werden: Wir wollen und können weiter produzieren. Wir wissen aus Erfahrung, dass wir das auch ohne Manager können und wir brauchen auch keine Staatsbeamten dazu - damit haben die KollegInnen aus der DDR bereits ihre Erfahrung gemacht. Wir können und wollen auch neue Produkte entwickeln. Das ist angesichts der Klimakatastrophe auch verdammt nötig!

Verstaatlichung sowie Fortführung und Umstellung der Produktion unter Arbeiterkontrolle ist allerdings eine Perspektive nicht nur für einzelne Betriebe, sondern für die ganze Industrie: Überall, wo Entlassungen oder Stillegungen drohen: bei Karmann, Conti, Opel usw. Das ist eine Aufgabe für die ganze IG Metall. Es kann doch nicht sein, dass die Gewerkschaft für jeden einzelnen Betrieb marktwirtschaftliche Überlebenschancen ausrechnet und jede Belegschaft für sich allein kämpfen lässt. Wir haben die Gewerkschaft doch nicht nur, damit sie kämpfende Belegschaften, wie die Alzenauer, solidarisch unterstützt, sondern dafür, dass sie Ziele aufstellt, die allen MetallerInnen nutzen.

Solidarität ist nicht Nächstenliebe, sondern gemeinsamer Kampf für gemeinsame Interessen. Die Entwicklung von einzelbetrieblichen Zukunftskonzepten ist keine Perspektive für alle, wenn völlig klar ist, dass weltweit 25-30% Überkapazitäten existieren und die Gewerkschaft es zulässt, dass diese Überkapazitäten „markwirtschaftlich“ - also kapitalistisch - bereinigt werden. Das führt von der Krise in die Katastrophe!

Verstaatlichung unter Arbeiterkontrolle ist eine Perspektive für alle ArbeiterInnen und Angestellten - und für die ganze Gesellschaft. Nur das kann einerseits die Arbeitsplätze und damit auch die Werte, die in den Fabriken und Anlagen stecken, vor der Zerstörung durch Coenen und die anderen Barbaren retten, und andererseits nötige Umorganisation z.B. der Autoindustrie auf umweltfreundlichere Systeme organisieren. Der Markt schafft das nicht: er hat einerseits den Benzinverbrauch pro Leistung gesenkt, andererseits aber auch solchen Unfug wie Geländewagen, die über 200 km/h fahren können, entwickeln und produzieren lassen.

Eine Perspektive für alle MetallerInnen, ja für alle Arbeitenden und Arbeitslosen ist auch: Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohn für alle sofort! Verteilung der Arbeit gleichmäßig auf alle! Auch hier ist die IG Metall gefordert, voran zugehen, statt vage für ein „besseres Leben“ zu plakatieren.

Sind diese Forderungen unrealistisch? Unrealistisch ist jede Hoffnung, dass Coenen oder irgendein anderer Kapitalist etwas herschenkt. Realistisch ist nur, was wir erkämpfen können. Sicher haben wir nur, was wir nicht hergeben. Kein Verzicht auf Lohn! Verteidigung aller Arbeitsplätze - und wenn wir uns davor stellen müssen! Lieber heute den Betrieb besetzen, als morgen die Wartebank im Arbeitsamt!

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Nr. 1, 18. April 2009

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