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Wie weiter im Widerstand gegen S 21?

Nachtrag: Die Landtagswahlen im März

Arbeitermacht-Broschüre, Januar 2011

Für die Landtagswahl am 27. März steht das Hauptthema schon lange fest, schon bevor Bundeskanzlerin Merkel darauf kam, dass die Wahl eine Abstimmung über S 21 wird. Schon jetzt lässt sich sagen, dass Schwarz-Gelb wohl ziemlich sicher keine Mehrheit mehr bekommen wird, die Grünen zweitstärkste Kraft mit 25-30% werden können und Linke und FDP um den Einzug in den Landtag kämpfen und die SPD im „Niemandsland“ verharren wird.

Für die parlamentarische Elite wird es heißen: wer setzt S 21 Plus so um, dass der Widerstand gegen S 21 gebrochen werden kann? Soll heißen: wie viele Elemente von K 21 können integriert werden, um möglicherweise sogar eine Volksabstimmung zu gewinnen? Dies gilt für beide derzeit wahrscheinlichen Regierungskoalitionen von Schwarz-Rot und Grün-Rot. 

Die SPD könnte als „Juniorpartner“ mit der CDU sicherlich mehr Einfluss auf den Bundesrat ausüben, als das bei der Rolle als „Juniorpartner“ der Grünen der Fall wäre. Die Unterstützung für S 21 ist auch sicher. Mit einer schwarz-roten Koalition könnte die SPD irgendwann einmal eine „Volksabstimmung/-befragung“ inszenieren und sich als „Vernunft“ zwischen CDU und Grünen generieren und mit ihr bleiben auch sicher die Gewalttaten vom 30.9. unverfolgt. Diese Koalition mit der SPD ist wahrscheinlich die einzige Möglichkeit für die CDU, an der Macht zu bleiben. Ob dann Pseudo-„Rambo“ Mappus weiter Ministerpräsident spielen darf, ist weniger wichtig.

Für den Widerstand gegen S 21 wird es spannend, sobald es eine Grün - geführte Landesregierung gibt, sei es in Koalition mit der SPD oder Duldungen/Koalition inklusive der Linkspartei. Dann wird sich entscheiden, ob die Bewegung von einer Landesregierung gebrochen werden kann, nur halt dann den vorgeblichen Verbündeten. Die Grünen fordern bis zum Ergebnis des „Stresstests“ einen Bau -und Vergabestopp und einen „unabhängigen Lenkungskreis“, der die Ergebnisse der Bahn überprüfen soll. Immerhin sollen in den Lenkungskreis Personen aus dem K 21-Bündnis reinkommen. Welche Befugnisse der hat bleibt unklar; ebenso wie die Veröffentlichung der Fakten und Ergebnisse gestaltet werden soll. Sicher ist, dass parlamentarische Gremien und Instanzen für die Grünen herhalten werden, um die Bewegung zu beenden. So wie ihr Schlichtervorschlag Geissler schon mal die Massenbewegung schwächte, so werden sie auch in einer Landesregierung agieren.

Hauptkritikpunkt der Grünen bleibt auch das „finanzpolitische“ Risiko bei keinem entsprechenden Nutzen bei S 21, nicht das Durchsetzen von Profitinteressen von Kapital und Staat. Sobald die Grünen etwas vorrechnen können, inklusive K 21-Elementen, was von „Nutzen“ sein könnte, werden sie jedes Projekt für DB und Konsorten durchziehen.

Deswegen muss die Bewegung gerade an eine mögliche grüne Landesregierung die gleichen Forderungen richten wie an die aktuelle. Es gilt, einen sofortigen unmittelbaren Bau -und Vergabestopp zu fordern, sobald eine nächste Regierung im Amt ist. Ebenso müssen alle Ergebnisse des „Stresstests“ und aller möglichen Kalkulationen und Pläne zu S 21 Plus offengelegt werden - von der Bahn und allen Konzernen (Baubranche), die davon profitieren.

Wenn die Grünen stärkste Partei werden sollten, hat dies natürlich auch bundespolitische Auswirkungen. Zum einen können die Grünen, bislang nur kleinerer Partner von SPD oder CDU, dann erstmals selber einen Ministerpräsidenten stellen und damit einen parlamentarischen Erfolg erzielen, den ihr Hauptkonkurrent, die FDP, nie erreicht hat in der Geschichte der BRD.

Damit können sich die Grünen wieder stark als Regierungspartei fürs Kapital profilieren, ebenso wie bei der Bundesregierung von 1998 bis 2005. Damals wurde das komplette Wahlprogramm über den Haufen geworfen und strikt den Kapitalvorgaben gedient (Krieg gegen Jugoslawien, Agenda 2010 inkl. Hartz 4). Ähnlich verhielten sich die Grünen in Hamburg in Koalition mit der CDU oder aktuell noch im Saarland mit CDU und FDP. Vom einem möglichen grünen Ministerpräsidenten Kretschmann ist mittelfristig auch zu erwarten, dass er auf Bundesebene durchaus Annäherung an die CDU sucht, um die „Regierungstauglichkeit“ zu beweisen. Das Spiel haben die Grünen gegenüber der SPD schon „erfolgreich“ bestritten.

Sollten die aktuellen Umfragewerte der Grünen bei den folgenden Landtagswahlen Bestand haben, sind die Grünen in der Position, zwischen SPD und CDU aussuchen zu können. Eine solche „Macht“perspektive für die aktuell kleinste Fraktion im Bundestag war noch im Wahljahr 2009 nicht abzusehen.

Aber die kleinbürgerlichen Hoffnungen in die FDP, in schnelle Steuersenkungen und Förderung des Mittelstandes wurden nicht erfüllt, so dass ein Teil des Kleinbürgertums nun seine Hoffnungen in die Grünen setzt.

Die Rolle der Linkspartei

Am direktesten fordert die Linkspartei den Baustopp und ihr Einzug in den Landtag wäre auch rechnerisch wohl die endgültige Versicherung gegen Schwarz-Gelb. Die Linkspartei will nur einer Regierung angehören, die den sofortigen Baustopp erklärt und steht damit „direkt im Gegensatz“ zur reformistischen Konkurrenz der SPD.

Die Tatsache, dass die Linkspartei in Baden-Württemberg überhaupt eine Chance hat, besteht, weil es ihr gelungen ist, in der Gewerkschaftsbürokratie von ver.di und IGM Positionen zu erobern und auch im „Musterländle“ der Sozialpartnerschaft der SPD Konkurrenz macht.

Aufgrund dieser Verankerung sind die Hoffnungen und Illusionen bei der Linkspartei gegenüber SPD und Grünen entsprechend hoch. Nur eine Koalition mit ihnen könnte S 21 verhindern. Dass die SPD S 21 durchsetzen will, wird kaum kritisiert, ebensowenig die Rolle der Grünen oder der SÖS, mit denen die Linkspartei zusammen im Stuttgarter Stadtrat sitzt. Stattdessen wird sich gefreut, dass Stocker & Rockenbauch (SÖS) überhaupt in der Öffentlichkeit gegen Grube und Mappus argumentieren durften.

Siehe Kurswechsel 2 (Dezember Wahlzeitung) - Zitat vom Linken-Sprecher Riexinger, ver.di : „Und wer hätte noch vor einem Jahr davon geträumt, dass Gangolf Stocker oder Hannes Rockenbauch Bahn-Chef Grube oder Stefan Mappus gegenüber sitzen, um deren Konzepte vor einem Millionen-Publikum zu zerpflücken?“

Es gibt keine weiteren aktionsorientierten Vorschläge, außer Schwarz-Gelb abzuwählen. Aber genau diese weitergehenden Forderungen und Aktionen brauchen wir bei der Landtagswahl.

Richtigerweise stellt die Linkspartei fest, dass sich die Protestbewegung nicht „vergeisslern“ lassen soll und dass der Widerstand weiter gehen muss. Aber in diesem Kontext fällt kaum ein kritisches Wort zu den Grünen, zur Schlichtung oder zum K 21-Bündnis - geschweige denn, dass eine eigenständige Position zur weiteren Perspektive der Bewegung vorgelegt würde.

Stattdessen wird der Spitzenkandidat Hamm (IGM-Bevollmächtiger von Aalen und Schwäbisch-Gmünd) damit beworben, dass er in einer Reihe mit Stocker, dem VCD und den Grünen für K 21 argumentiert hat. Die Linkspartei will mitschwimmen auf der Bewegung. Dabei wird sich kritiklos der grünen Führung unterworfen. Hamm war Sprecher der „Gewerkschafter gegen S 21“. Diese Initiative wurde auch von uns unterstützt. Allerdings bremste die Linkspartei dort den offenen Konflikt um S 21 aus und vermied somit auch einen Kampf gegen die „Pro S 21“ Fraktion in den Gewerkschaften, vor allem der IGM.

Dieser Kampf in den Gewerkschaften wird aber wichtig, wenn es tatsächlich zu einer grün-rot-roten  Koalition, Duldung o.ä. kommen sollte. Wenn nicht die Basis der Gewerkschaften für den Widerstand gewonnen werden kann, bleibt die Frage offen, wie mit der SPD in der Regierung überhaupt S 21 gestoppt werden könnte. Auf diese Fragen bietet die Linkspartei keine Antworten. Aber der Widerstand gegen S 21 wird bald vor diesen entscheidenden Fragen stehen. Wenn die Linkspartei in einer Regierung die gleiche Praxis wie jetzt befolgt, ist nichts Gutes zu erwarten. Sie beugen sich den Vorstellungen der Grünen und teilweise der Gewerkschaftsbürokratie. In der Regierung macht sie dies nur zu „Abnick“-Linken für ein S 21 Plus (oder S 21Grün, wie auch immer der Kompromiss der nächsten Landesregierung heißen könnte). Gerade deswegen brauchen wir rätedemokratische Basisstrukturen für den Widerstand, damit die Bewegung eine Gegenmacht zur Landesregierung aufbauen kann, die dann auch die Regierung und deren Parteien zwingt, ihre Versprechungen einzuhalten oder durch diese rätedemokratischen Organe der Doppelherrschaft „ersetzt“ zu werden.

Wir rufen zu einer kritischen Unterstützung der Linkspartei auf. Diese setzt direkt auf einen Baustopp nach der Landtagswahl, unabhängig von „Stresstests“ und Volksabstimmungen. Daran müssen wir sie auch nach der Landtagswahl erinnern - denn dann gibt es den „Stresstest“ für eine neue mögliche Landesregierung und deren Versprechen.

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Die Schlichtungs-Seifenblase ist geplatzt

Wie weiter im Widerstand?

Eine marxistische Analyse des Ursprungs, Charakters und der Perspektiven der Bewegung gegen Stuttgart 21

Januar 2011

*  Vorwort
*  Das Projekt
*  Die Bewegung und ihre Führung
*  Entwicklung der Bewegung und die Frage des Staates
*  K 21-Bündnis und Aktionskonferenzen
*  Wie weiter?
*  Nachsatz: Die Landtagswahlen im März