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NEIN zum Streikabbruch!

Flugblatt der Gruppe Arbeitermacht zum Streikabbruch der IG Metall
30. Juni 2003

Die Kapitalisten wollen IG Metall in die Knie zwingen. Längst geht es beim Tarifkampf im Osten um mehr als die Verkürzung der Arbeitszeit auf 35 Stunden.

Für die Unternehmer ist die Tarifrunde ein wichtiges Kräftemessen mit der Arbeiterklasse - nicht nur im Osten, sondern in ganz Deutschland. Die Widerstandskraft der Lohnabhängigen soll einer Prüfung unterworfen werden, um so das Terrain für die Durchsetzung eines politischen Generalangriffs vorzubereiten, der auf die Zerschlagung der Gewerkschaftsmacht abzielt.

Daher der konzentrierte Angriff von Unternehmerverbänden, Parteien, Regierungen und Gerichten. Selten deutlich zeigen alle, auf welcher Seite sie stehen - auf jener des Kapitals.

Dass die Unternehmerverbände ihre Klasse vertreten ist banal. Das Spiel zwischen Klein- und Großbetrieben, "Hardlinern" und "Kompromissbereiten" ist vor allem eine Täuschungsnummer für die Öffentlichkeit und dient dazu, die Gewerkschaftsbürokraten mit miesen Kompromissen zu ködern. Hinter den Kulissen des öffentlichen Schmierentheaters ziehen die Großkonzerne Siemens, BMW, VW, Daimler die Strippen.

Die politischen Lakaien der Bourgeoisie in Regierung und Parlament bemühen sich, mit den Forderungen von Hundt und Kannegießer Schritt zu halten.

Die Sozialdemokraten und Grünen agieren dabei als immer noch einen Schritt zu langsam Getriebene. Will Clement den Kündigungsschutz aufweichen, will ihn die CDU gleich abschaffen. Droht Schröder den Gewerkschaften mit Eingriffen in die Tarifautonomie, so wollen Merz und Westerwelle diese samt Gewerkschaften beseitigen.

Die sozialdemokratische Politik des kleineren Übels kommt bei ihrem logischen Endpunkt an: Wir ziehen euch nur das letzte Hemd aus, während euch CDU und FDP auch noch das Fell über die Ohren ziehen will.

Gewerkschaftsbürokratie: Verrat plus Dummheit

In diese Situation helft eigentlich nur Kampf und Widerstand. Doch Klaus Zwickel und Co. rufen zur mitten in der Auseinandersetzung zur Kapitulation auf.

Statt den Kampf auszuweiten, mehr Betriebe in den Ausstand und vor allem auch den Westen in den Streik zu ziehen, gibt man kampflos klein bei.

Die Zeit wäre nicht reif gewesen, den KollegInnen hätte es an Kraft gemangelt, begründet Zwickel seinen Aufruf zur ergebnislosen Beendigung des Arbeitskampfes.

Welch unverschämt Lüge! Die Gewerkschaftsmitglieder zeigten, dass sie bereit waren und sind, diesen Kampf zu führen und ihre Interessen durchzusetzen. Es war keine Selbstverständlichkeit, dass 8.000 bis 10.000 in der ostdeutschen Metall- und Elektroindustrie den Streik nunmehr vier (Sachsen) bzw. zwei Wochen (Berlin und Brandenburg) aufrecht erhielten. Die Produktionsausfälle im Westen bei BMW und VW zeigten, dass die Streiks auch die wichtigsten Großkonzerne massiv treffen konnten. Der Osten erwies sich entgegen der Hoffnungen der Unternehmer (und dem von Bürokratie verbreiteten Pessimismus) als kampf- und streikfähig. Die Hetze gegen die ArbeiterInnen und die IG Metall ist nicht nur ein Zeichen der Entschlossenheit der Kapitalisten, sie ist auch ein Zeichen dafür, dass sie die Streiks fürchten, dass sie weh tun.

Das Problem liegt ganz wo anders. Von Beginn an war der Streik (ja selbst das Aufgreifen des Themas) bei wichtigen Sektoren der Gewerkschaftsbürokratie, bei vielen Betriebsräten im Westen nicht gewollt.

Aufgrund des Drucks, der Empörung und des Unmut dafür, dass das Thema Angleichung bei der Tarifrunde 2002 unter den Tisch gefallen war, und des Machtkampfes um die Nachfolge von Zwickel konnten sich aber Vertreter der IG Metall im Osten durchsetzen. Die (stufenweise) Einführung der 35 Stundenwoche wurde zum Kampfziel.

Diese Entscheidung wurde jedoch von Beginn an mit einem faulen, wenn auch unausgesprochenen innergewerkschaftlichen Kompromiss erkauft. Die Tarifrunde im Osten sollte "normal", d.h. als rein ökonomischer Kampf über die Bühne gehen, ohne den Westen zu betreffen.

Doch dann kam die Agenda 2010 dazwischen. Die Gewerkschaftsbürokratie knickte ein. Die Kapitalisten ergriffen die Chance, nachzusetzen, der stärksten Einzelgewerkschaft eine politische Niederlage bei der 35-Stundenwoche zuzufügen und so einen Vorstoß zur Verlängerung der Arbeitszeit im Westen vorzubereiten. Sie machten die Tarifrunde zu einem politischen Angriff.

Die Streikenden und die IG Metall können diesen Kampf noch immer gewinnen - wenn die Arbeitsniederlegung ausgeweitet, und das heißt vor allem auch in den Westen getragen werden, wenn dem politischen Angriff mit einer massiven Mobilisierung begegnet würde. Sie kann ihn gewinnen, wenn aktiv Solidarität von Beschäftigen anderer Branchen geübt wird und in der Bevölkerung durch Kundgebungen, Aktionen und eigene Information eine Gegenöffentlichkeit gegen die Hetze der bürgerlichen Medien geschaffen wird.

Genau das will die IG Metall-Spitze nicht - teilweise weil sie den Streik immer ablehnte, teilweise weil sie keinen Konflikt mit den bornierten Betriebsratsbürokraten im Westen riskieren will, denen die Fortführung der Produktion im Westen über die Solidarität mit den streikenden KollegInnen im Osten geht. Manche Betriebsratsfürsten scheuen dabei vom Aufruf zum offenen Streikabbruch auch nicht zurück. Diese Gewerkschaftsfeinde müssen aus ihren Funktionen verjagt und mit allen Mitteln bekämpft werden. Sie spielen die Rolle von Streikbrechern in den eigenen Reihen.

Schon vor den Verhandlungen wollte der Vorstand der IG Metall den Streik mit allen Kräften, um fast jeden Preis abwürgen. Zwickel hatte bereits Mitte letzter Woche angedeutet, dass er sich die schrittweise Einführung der 35-Stundenwoche so vorstellen könnte, dass die drei Arbeitsstunden weniger für betriebliche Fortbildung verwendet werden. Die Ausbildungsvergütung Ost droht ebenfalls auf dem Altar der Streikbeendigung geopfert zu werden.

Dieser drohende Ausverkauf muss von allen kämpferischen, klassenbewussten GewerkschafterInnen abgelehnt werden!

Keine "Spitzen"gespräche! Keine Verhandlungen, kein Abschluss ohne vorherige Diskussion und Beschlussfassung der Gewerkschaftsmitglieder!

Die Streiks müssen unbefristet fortgesetzt werden - gerade in wichtigen Zulieferbetrieben wie ZF in Brandenburg, bis die 35-Stundenwoche erkämpft ist! Dazu müssen die Arbeitsniederlegungen in den Westen ausgedehnt werden.

Die Kontrolle über den Kampf, über die Mobilisierung muss der Bürokratie entrissen werden. Nicht nur die betrieblichen Streikleitungen müssen gewählt und jederzeit abwählbar sein. Vor allem muss das für die bezirkliche und bundesweite Streikführung und Verhandlungskommission gelten!

So erfuhren z.B. die Beschäftigen bei ZF in Brandenburg zuerst über die Medien, dass sie für die Dauer der Spitzengespräche und Verhandlung "aus dem Streik genommen" würden! Das ist ein (weiterer) Skandal wider die innergewerkschaftliche Demokratie, der die ArbeiterInnen in den wichtigsten Streikbetrieben zu demoralisieren droht.

Aber: Nicht Zwickel oder irgendwelche verräterischen Betriebsräte haben über den Arbeitskampf zu entscheiden, sondern die Mitglieder. Daher hätten alle Mitglieder der Tarifkommission zu einem klaren NEIN zu jedem faulen Kompromiss verpflichtet werden müssen!

Politische Folgerungen

Auf Druck Zwickels und der IGM-Führung hat die Tarifkommission der Beendigung des Streiks mehrheitlich zugestimmt. Eine Urabstimmung darüber soll nicht stattfinden! Anstatt der Basis, die im Kampf den Arsch hinhält, bestimmt die Bürokratie über den Streik und opfert die Interessen der Streikenden auf dem Altar der faulen Kompromisse mit Regierung und Kapital.

Dieser Streikabbruch, dieser Ausverkauf des Kampfes macht klar: Wir brauchen eine andere Führung! Deshalb müssen sich alle, die zum Kampf bereit sind, in der Gewerkschaft in einer klassenkämpferischen Basisbewegung organisieren, die all jene umfasst, die sich gegen den Ausverkauf des Sozialstaats einsetzen, die für Internationalismus statt für Verteidigung des Standorts eintreten, die nicht nur nach einer gewerkschaftlichen, sondern auch nach einer politischen Antwort auf die Angriffe von Schröder und der Kapitalisten suchen. Das ist notwendig, um eine organisatorische und politische Alternative zum Verrat der Zwickels und Co. zu haben. Gegen die Bürokratie muss daher ein organisatorischer politischer Kampf in den Betrieben und Gewerkschaften geführt werden!

Dazu bedarf es aber auch der bewussten Organisierungen von RevolutionärInnen in den Gewerkschaften in einer revolutionären Fraktion, die auf der Grundlage eines Programms wirkt, das den Kampf um revolutionäre Gewerkschaftspolitik mit dem Kampf gegen den Kapitalismus, für die sozialistische Revolution verbindet. Eine solche Fraktion wollen wir aufbauen. Tretet mit uns in Kontakt.

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