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Tod von Boris Nemzow

Die Krokodilstränen der Demokraten

Franz Ickstatt, Infomail 803, 4. März 2015

In Moskau wurde der Putin-Kritiker Boris Nemzow auf offener Straße erschossen. Zehntausende nahmen an einem Gedenkmarsch für ihn teil, auf dem sie auch ihre Ablehnung der Politik Putins ausdrückten. Obwohl noch nicht klar ist, wer der Täter war, gehen viele davon aus, dass die Tat im Auftrag oder mit Wissen des Kremls erfolgte. Das liegt auch deshalb nahe, weil es in den letzten Jahren immer wieder Attentate auf Kritiker der Putin-Führung gab.

MarxistInnen verurteilen solche politischen Morde u.a. Akte des individuellen Terrors (egal wer nun dafür verantwortlich gewesen sein mag). Sie stärken letztlich nur die Kräfte der Reaktion – sei es indem sie alle oppositionellen Kräfte einschüchtern, sei es indem sie einen Vorwand für eine Stärkung des Staatsapparates liefern, sie es indem sie propagandistisch von verschiedenen imperialistischen Kräften ausgeschlachtet werden.

Wir verurteilen daher ebenso die künstliche Empörung, die Heuchelei und die Lügen und die Propaganda der westlichen Medien und korrupter Politiker. Sie ist nichts weiter als ein Bestandteil der chauvinistischen Hetze gegen Russland, um die wirtschaftlichen und geo-strategischen Interessen des deutschen und westlichen Imperialismus hinter einem Wust von „demokratischen“ Floskeln zu verschleiern.

Wer war Nemzow?

Nemzow war in den 1990ern als enger Vertrauter von Jelzin in verschiedenen Funktionen als Gouverneur von Nishni Nowgorord, als stellvertretender Ministerpräsident und Führer von rechts-liberalen Parteien und Gruppierungen tätig. Liberal steht dabei nicht für Toleranz oder ähnliches, sondern für Raffgier. Er war führend bei der Privatisierung des Volkseigentums tätig. Viele Oligarchen verdanken ihm ihren Reichtum - und Millionen RussInnen ihre Armut. In dieser Zeit fiel die durchschnittliche Lebenserwartung der männlichen Bevölkerung innerhalb von 5 Jahren um fünf Jahre. Die Politik, die er in führender Position umgesetzt hat, hat also weit mehr als ein Leben verkürzt, Menschen in Verzweiflung, Alkohol oder Selbstmord getrieben. Von daher ist Mitleid nicht angebracht.

Nemzow hat es geschafft, immer als scheinbarer Saubermann dazustehen. Aber einer seiner engsten Freunde war Anatoli Tschubais, der mit seinem ganzen Clan als Inbegriff der mafiösen Oligarchie gilt und in seinen Methoden nur mit Chodorkowski vergleichbar ist, der es ja ebenfalls nun zum demokratischen Helden der westlichen Imperialisten geschafft hat. Tschubais wie Chodorkowski werden etliche Morde von der Art angelastet, der nun eine Nemzow selbst zum Opfer fiel. Von daher ist Mitleid nicht angebracht.

Die ganze Truppe um Jelzin, einschließlich Nemzow und Tschubais, hatte das Land bis 1998 mit ihren gierigen Plünderungen an den Rand des Ruins gebracht. Die USA konnten ungestört in Georgien und Aserbaidschan vordringen. Russland war in ihren Augen nicht mehr ernst zu nehmen.

Putin hat einen anderen Kurs durchgesetzt, die russische Wirtschaft reorganisiert und den russischen Imperialismus wieder auf die Weltbühne zurückgebracht. Figuren wie Nemzow blieb nur noch die Rolle einer Marionette der westlichen Imperialisten. Auch von daher ist Mitleid nicht angebracht.

Revolutionäre Marxistinnen bekämpfen den russischen Imperialismus und den russischen bürgerlichen Staat, so wie sie jeden anderen auch bekämpfen. Sie sind solidarisch mit den GewerkschafterInnen und AktivistInnen, die für demokratische und Arbeiterrechte kämpfen, die oft genug zusammengeschlagen oder auch getötet werden. Aber sie haben für die Nemzows und seine Freunde in der deutschen und ukrainischen Regierung, in den Chefetagen der multinationalen Konzerne und der rechten und liberalen „Demokraten“ nur Verachtung übrig.

Mehr zur Analyse der Entwicklung des russischen Imperialismus in „Revolutionärer Marxismus 46“ oder unter http://arbeitermacht.de/rm/rm46/russland.htm

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