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Norgren-Herion – Großbettlingen

Hände weg von Arbeitsplätzen und Maschinen! Wie kann die Werkschließung auch diesmal verhindert werden?

Gegenwehr!, Betriebs- und Gewerkschaftsinfo der Gruppe Arbeitermacht, Infomail 709, 15. Oktober 2013

Zweimal (2007 und 09) schon versuchte die Konzernleitung, das Großbettlinger Norgren-Werk zu schließen - zweimal scheiterte sie an der Belegschaft, die ihr Werk nicht kampflos hergab.

Doch diesmal versucht die Konzernleitung alles, um die Belegschaft klein zu kriegen: durch Bekanntgabe „der Schließung des Werks“ zum Jahresende in Abwesenheit des Betriebsrats, durch Aushebelung des Betriebsverfassungsgesetzes in vielen Punkten, durch paramilitärähnliche „Sicherheitskräfte“ und durch Nacht- und Nebelaktionen, um Anlagen abzutransportieren. Dazu hat sie sie viele Verbündete und eine Gesetzeslage, die „Gewinnmaximierung“ höher bewertet als Arbeitsplätze.

Die Konzernleitung scheint alle Trümpfe in der Hand zu halten. Warum treibt sie dann aber einen so hohen Aufwand, wenn sie angeblich bereits gewonnen hat? Warum werden jetzt noch LeiharbeiterInnen eingestellt? Offensichtlich sieht sie doch Probleme, das Werk zu schließen und zugleich den Lieferverpflichtungen nach zu kommen. In der Fahrzeug-Industrie ist der IMI-Konzern nur ein kleines Licht. Die großen Konzerne werden ungehalten werden, wenn keine Teile mehr kommen. Da kann kein Streik schnell Wirkung zeigen!

Die Presse

Sie berichtet angeblich „objektiv“. Aber warum stellt sie die Frage, ob die Torbesetzung rechtmäßig war, so in den Mittelpunkt?! Die Übergriffe durch die „Securities“ und die Tatsache, dass die Geschäftsführung das Werk durch solche „besetzen“ lässt, war für die Medien weniger ein Problem. Und warum stellt sie die Schließung zum Jahresende so dar, als sei sie unumkehrbar?

Die Bürgermeister

Der Bürgermeister von Großbettlingen stellt sich solidarisch auf die Seite der Belegschaft. Das ist gut so. Klar, er fürchtet um wegbrechende Gewerbesteuereinnahmen, um Arbeitslosigkeits-Folgekosten und um das Bild der Gemeinde in der Öffentlichkeit. Aber was kann er tun, wenn z.B. das Landratsamt mit Räumung durch die Polizei gewaltsam das Werktor freiräumt?

Der Landrat

Der Esslinger Landrat Eininger (CDU) hat sich klar positioniert. Für ihn sind die um ihre Arbeitsplätze kämpfende und das Tor blockierende Beschäftigte nichts als Rechtsbrecher. Der Besitz von Kapital ist für ihn allemal das schützenswertere Gut als ein paar Arbeitsplätze. Als nicht gewählter Beamter hat er auch kein Problem damit, die ihm unterstellte Polizei zum Schutz der Verlagerungspläne von Finanzspekulanten (Heuschrecken) einzusetzen.

Die Landesregierung

Wirtschafts- und Finanzminister Nils Schmid (SPD) ließ die Beschäftigten-Delegation durch einen Beamten empfangen, äußerte sich bisher jedoch nicht selbst. Es ist anzunehmen, dass ihm die Angelegenheit unangenehm ist. Er fürchtet zwar einerseits den Verlust von Wählerstimmen, andererseits möchte er sein Pro-Wirtschafts-Image gern behalten und sich in Kapitalisten-Kreisen nicht unbeliebt zu machen.

Exkurs: Die „Politik“

Heerscharen von Politikern mit den verschiedensten Parteibüchern bekunden ihre „Betroffenheit“ und ihre „Solidarität“ mit den Beschäftigten. Aber wie sieht die konkrete Unterstützung aus? Die Standpunkte der Bürgermeister und des CDU-Landrats sahen wir schon. Aber wie positioniert sich die Landesregierung? Wie will Wirtschafts- und Finanzminister Schmid (SPD) die Wirtschaft und die Finanzen stärken, wenn Industrie abgebaut und verlagert wird, Steuereinnahmen wegbrechen und die Kosten von Arbeitslosigkeit steigen?

Die SPD gibt sich gern „arbeitnehmerfreundlich“. Jetzt können sie zeigen, wo sie stehen: Mit den Arbeitern vorm Tor gegen Polizei und Kapital oder sich feige in den Bürosesseln verkriechen ...

Die IG Metall

Für uns als ArbeiterInnen und Angestellte bleibt nur die Gewerkschaft. Mit ihr können wir unsere Kraft bündeln, sonst stünden wir allein dem Kapitalisten und seinen Helfershelfern in Staat und Medien gegenüber.

Die IG Metall Esslingen unterstützt die Norgren-Beschäftigten, die ja auch fast alle in der Gewerkschaft sind. Das ist wichtig, es gibt leider etliche Beispiele, wo die IG Metall kämpfende Belegschaften im Stich gelassen hat: Behr Werk 8 in Feuerbach, Mahle Alzenau, Bosch Siemens Hausgeräte in Berlin oder zuletzt die IG BCE die Belegschaft von Neupack bei Hamburg.

Wenn der Kampf um den Norgren-Standort verloren ginge, wäre das ein herber Verlust, nicht nur aufgrund des guten Organisationsgrads und der vielen Beitragszahler, sondern auch als Aushängeschild für Kampfkraft und gewonnene Streiks - wovon es ja in Bezug auf Kämpfe um Arbeitsplätze nicht gerade viele positive Beispiele gibt.

Aber reicht es, die Kämpfenden vor Ort zu unterstützen und im Kreis Esslingen zur Solidarität aufzurufen? Der Konzern ist international organisiert, der Kampf gegen ihn muss überall geführt werden. Auch die Kolleginnen und Kollegen in Fellbach und Alpen sind in der IG Metall organisiert. Was tut die Gewerkschaft, um diese Belegschaften zu mobilisieren? Der Fellbacher Bürgermeister sieht in der Schließung von Großbettlingen eine Stärkung des Standorts Fellbach. Das ist eine Lüge! Eine Niederlage in Großbettlingen schwächt auch die Fellbacher. Sie werden allein dem Konzern gegenüberstehen. Aber das muss die IG Metall den Fellbachern erklären, sonst glauben die ihrem Bürgermeister oder anderen Helfern des Kapitals.

Das gilt auch für die tschechischen Kolleginnen und Kollegen. Wissen sie, dass sie als Streikbrecher missbraucht werden sollen? Wollen sie das? Das müsste die IG Metall über ihre internationalen Verbindungen klären - oder einfach mal hinfahren!

Wie ist die Unterstützung durch andere Belegschaften, z.B. bei Kunden? Lässt sich auch einmal ein Vorstand oder ein Bezirksleiter vor Ort blicken? Wie hoch ist generell der Kampf um Arbeitsplätze bei der IG Metall angesiedelt und wie sind die Positionen und tatsächliche Unterstützungen in Bezug auf Betriebsbesetzungen?

Wir schlagen vor:

Bildung eines Solidaritätskomitees;

Besuch der IG Metall Waiblingen und Aktionen vor dem Werk Fellbach, um mit den dortigen

KollegInnen zu reden: Gemeinsamer Kampf für gemeinsamen Sieg!

Fahrt in das Werk in Tschechien;

Unterstützung der Torbewachung: Da darf nichts mehr raus!

Weg mit den „Securities“!

Wenn das Unternehmen erneut versucht, Fakten zu schaffen: Betrieb besetzen!

WIE KANN DER KAMPF UM DAS WERK GEWONNEN WERDEN?

Wir meinen, dass über die eingeleiteten Kampfmaßnahmen hinaus auch eine Perspektive nötig ist, die über „kostengünstiges Produzieren“ und „Wir machen doch Gewinne“ hinausgeht. Wenn der Konzern diese Fabrik nicht mehr will, muss man sie ihm wegnehmen. Die Belegschaft muss die Kontrolle über die Produktion übernehmen, der Staat soll die Finanzierung sichern - Verstaatlichung unter Arbeiterkontrolle. Es muss für ein Programm von Forderungen gekämpft werden, z.B. für:

Schluss mit der Vernichtung von Arbeitsplätzen und Standorten zugunsten von Gewinnmaximierung!

Betriebe, die entlassen oder mit Entlassungen drohen, müssen entschädigungslos enteignet und unter Kontrolle der Beschäftigten verstaatlicht werden!

 

Beispiel OPEL Bochum

Immer wieder werden in den Konzernen der Auto- und Zulieferindustrie reihenweise Produktionsstätten stillgelegt oder solches geplant. Dabei wäre eine alternative Produktion durchaus möglich. Wäre es nicht auch hier die Aufgabe der IG Metall, für Autohersteller und Zulieferer eine gemeinsame Abwehr und eine gemeinsame Zukunft zu organisieren?

Berthold Huber aber hatte den Bochumern, nachdem er ihre Werksschließung mit „ausgehandelt“ hatte, unmissverständlich gesagt: „Wir konnten (…) nicht jenseits der GM-Marktrealität handeln.“

Warum aber diese klägliche Selbst-Beschränkung? Wir sagen: Für Metallerinnen und Metaller darf nicht die „Marktrealität“ von General Motors oder anderer Konzerne entscheiden, sondern die Lebens- und Arbeitsrealität der Beschäftigten!

Deshalb unterstützen wir den Aufruf der Gewerkschaftslinken zu einer Konferenz in Bochum am 9. und 10. November, die sich gerade diesen Fragen stellt.

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