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Solidarität mit der Revolution in Ägypten!

Generalstreik zum Sturz Mubaraks!

Arbeitermacht-Flugblatt für die Demonstrationen am 11. und 12. Februar

Mubaraks Rede vom 10. Februar war erneut eine unverschämte Provokation. Hunderttausende hatten sich am Tahrir-Platz versammelt, weil sie den längst überfälligen Rücktritt des Diktators erhofft, ja erwartet hatten.

Zynisch erklärte Mubarak, der seit seinem Amtsantritt per Ausnahmezustand herrscht, der jede Opposition, der ein ganzes Volk durch ein System von Spitzeln, Folter, Korruption und einen gigantischen Apparat von Armee, Polizei und Sicherheitsdiensten brutal unterdrückt, dass er auch jetzt noch „für Ägypten“ arbeiten wolle. Dass er nun die präsidiale Macht an seinen Vizepräsidenten Suleiman übergeben will, bedeutet nur, dass ein Unterdrücker die Macht an seinen langjährigen Gefolgsmann übergibt.

Dabei werden zwei Dinge immer deutlicher. Erstens: Mubarak und sein System müssen weg. Zweitens: Sie werden das nicht freiwillig tun und immer nur so, dass das System Mubarak auch ohne Mubarak erhalten bleibt.

Falsche Freunde

Es ist aber auch klar, dass sich Millionen Mubaraks Provokationen nicht mehr gefallen lassen wollen. Richtigerweise zog die Menge am 10. Februar Richtung Präsidentschaftspalast.

Doch auch zahlreiche Freunde des Präsidenten, ohne die sein Regime über Jahrzehnte nicht hätte überleben können, gerieren sich nun als Vorkämpfer der Demokratie und des Volkes. Allen voran die eigentlichen Brotherrn Mubaraks - die imperialistischen Regierungen der USA und der EU. Sie zeigen sich jetzt „enttäuscht“. Jahrzehntelang haben sie „ihren Mann in Kairo“ als Verbündeten des zionistischen Staates Israel, als Garanten ihre geo-politischen und wirtschaftlichen Interessen geschätzt und dessen Unterdrückungsmaschine mit Milliarden finanziert.

Doch jetzt wollen sie, dass er rasch abtritt und einem „geordneten Übergang“ nicht im Wege steht.

Unter einem „geordneten Übergang“ verstehen sie, dass nicht die Masse des Volkes, die ArbeiterInnen, die verarmten und deklassierten Schichten in den Städten und die Bauern bestimmen, wie es in Ägypten weitergeht, wer herrscht, wessen „Demokratie“ eingeführt wird.

Sie wollen, dass die Massen möglichst schnell von der Straße verschwinden; sie wollen, dass sich keine Streiks ausweiten oder gar zum Generalstreik werden. Sie wollen verhindern, dass die Armee noch mehr unter Druck gerät und die Wehrpflichtigen offen auf die Seite der Massen übergehen und ihre Waffen gegen das Regime richten.

Darum wollen jetzt auch Obama, Merkel und Westerwelle, dass Mubarak geht, so dass die Tanker weiter den Suez-Kanal befahren, dass deutsche u.a. Unternehmen weiter ihre Profite ziehen, dass die Reichen reich und die Armen arm bleiben, dass auch die nächste ägyptische Regierung Israel gegen die PalästinenserInnen unterstützt.

Sie wollen, dass es zu einer Regierung kommt, die nicht von den Massen, sondern von „zuverlässigen“ Oppositionspolitikern wie Al Baradei geführt wird, die alle Kräfte einbindet, so dass das Militär auch bei der „neuen“ Demokratie weiter im Hintergrund die Fäden ziehen kann - als Garant für westliche und inländische Kapitalinteressen.

Um diese verlogene imperialistische Perspektive schmackhaft zu machen, bringen die bürgerlichen Medien die Moslembrüderschaft als Schreckgespenst einer „Iranisierung“ ins Spiel. Wie verlogen das ist zeigt, dass sie kein Problem mit dem Gottesstaat Saudi Arabien haben, solange er nur ihre Interessen sichert. Und genau darum geht es: die Massen sollen von der Straße, sollen Regime und Staatsapparat nicht weiter destabilisiert werden – dann lässt der Imperialismus auch über eine „Einbindung“ der Islamisten mit sich reden.

In Wirklichkeit ist der einzige Garant dafür, dass enttäuschte Schichten des Kleinbürgertums und auch der Arbeiterschaft ihre Hoffnungen nicht auf eine Islamisierung setzen das Vorantreiben der Revolution selbst.

Generalstreik jetzt - macht die Revolution permanent!

Die Pläne der Imperialisten und des Staatsapparats können und müssen durchkreuzt werden! Die Protestbewegung hat sich in den letzten Tagen weiter ausgeweitet. Die zynische Haltung Mubaraks spiegelt auch Risse und Gegensätze im herrschenden Lager wider. Diese gilt es jetzt auszunutzen.

Die Massendemonstrationen müssen fortgesetzt und ausgeweitet werden. An diesem Wochenende werden Millionen und Abermillionen in Kairo, Alexandria und Suez auf die Strasse gehen.

Es braucht nun einen unbefristeten Generalstreik, der in der Lage ist, das Land lahmzulegen, die Infrastruktur und die Einkommensquellen des Regimes und der Reichen zu blockieren.

Generalstreik heißt aber auch, dass die Arbeiterklasse, also jene, die den Großteil des Reichtum des Landes schaffen, an die Spitze der Bewegung kommen muss.

Die Revolution, die Massendemonstrationen und Aufstände haben sich an zwei Fragen entzündet: der Frage der Demokratie, der Unterdrückung aller nicht-ausbeutenden Schichten der Bevölkerung und der Frage der Verelendung, der Verarmung und Ausbeutung der ArbeiterInnen und Bauern, der zunehmenden Arbeitslosigkeit und der dramatischen Preissteigerungen.

Das heißt, die Ursache für das Leiden der Massen liegt im kapitalistischen Wirtschaftssystem, einem System, das auf der Ausbeutung und Unterdrückung durch eine kleine Schicht von Kapitalisten, von Reichen und Superreichen beruht. Dieses System ist in eine historische Krise geraten - dafür sollen die Massen in Ägypten, Tunesien u.a. arabischen Ländern, ja auf der ganzen Welt bezahlen.

Es ist die Diktatur Mubaraks, es ist der Staatsapparat des Landes - Geheimpolizei, korrupte Behörden, Militär -, der dieses System aufrecht erhalten soll. Auch wenn es im September Präsidentschaftswahlen oder ein neues Parlament geben sollte, so ist klar, dass diese am System der Ausbeutung nicht ändern werden. Nicht zuletzt, wenn die Wahlen von jenen Behörden kontrolliert werden, die es seit Jahrzehnten gibt, wenn Ruhe und Ordnung von den Sicherheitskräften gewährleistet werden sollen, die seit Jahrzehnten das Volk unterdrücken.

Für eine Arbeiter- und Bauernregierung!

Daher sagen wir: Der Kampf für Demokratie muss mit dem Kampf für eine andere Gesellschaftsordnung frei von Ausbeutung durch Kapitalismus und Imperialismus verbunden werden! Die ägyptische Revolution wird ihre Ziele nur erreichen können, wenn sie den Kampf für Demokratie mit dem Kampf für Sozialismus, für die Errichtung der Macht der Arbeiterklasse, dem Kampf für eine Arbeiter- und Bauernregierung verbindet.

Eine solche Regierung kann nur aus dem Kampf hervorgehen. In den Betrieben, in den Stadtteilen, in der Armee, in Stadt und Land müssen Arbeiter-, Bauern- und Soldatenräte gebildet werden. Räte sind Organe, die auf Massenversammlungen der ArbeiterInnen, der Bauern, der einfachen Soldaten direkt gewählt, diesen verantwortlich und jederzeit abwählbar sind. Es sind die Organe, die notwendig sind, um einen Generalstreik zu organisieren, die Bewegung zu koordinieren und die Zentralisierung der Bewegung zu sichern. Es sind die Organe, die notwendig sind, um die Armee dem Kommando der  Generale und Offiziere zu entreißen, regimetreue Offiziere und Regimenter sowie die Polizei zu entwaffnen und bewaffnete Arbeiter- und Bauernmilizen aufzustellen.

Diese Organe sollen den Kampf für die Einberufung einer Verfassunggebenden Versammlung fordern und kontrollieren.

Diese Organe müssen nicht nur den bestehenden Staats- und Unterdrückungsapparat zerschlagen - sie müssen selbst zu Organen der Arbeiter- und Bauernmacht werden. Sie müssen dazu nicht nur ein anderes, wirklich demokratisches Regime etablieren, sie müssen auch die wirtschaftliche Macht des Imperialismus und der Mubarak-Leute brechen.

Forderungen

Die Preise des täglichen Bedarfs müssen gesenkt, die Löhne erhöht und durch eine gleitende Skala der Löhne an die Preissteigerung gekoppelt werden, um einen Inflationsausgleich zu schaffen! Lebensmittel müssen konfisziert und sofort an die Arbeitslosen und die Armut verteilt werden, um deren Ernährung zu sichern!

Ein Programm öffentlicher Arbeiten ist notwendig, um die Arbeitslosen zu beschäftigten, die Slums durch Neubauten zu ersetzen und die Infrastruktur, sanitäre Anlagen, Schulen, Krankenhäuser zu reparieren oder zu bauen!

Die Pfründe der Günstlinge des Mubarak-Regimes müssen konfisziert und unter öffentliche Nutzung gestellt werden!

Die privatisierten Industrie- und Dienstleitungsunternehmen müssen unter Arbeiterkontrolle entschädigungslos verstaatlicht werden!

Die Revolution muss auf das Land getragen werden, wo die Hälfte der ÄgypterInnen lebt. Die Schulden der Kleinbauern müssen gestrichen, die Großfarmer und das Agrobusiness unter Arbeiter- und Bauernkontrolle enteignet werden!

Gesundheitsversorgung, Bildung und Wohnraum für die Landbevölkerung müssen geschaffen und ausgebaut werden!

Die großen in- oder ausländischen Konzerne und Banken müssen verstaatlicht und unter Arbeiterkontrolle gestellt werden. Die Staatschulden müssen gestrichen, die Banken müssen zu einer Zentralbank zusammengefasst werden! Die Wirtschaft muss auf Grundlage eines Notplans unter Arbeiterkontrolle reorganisiert werden!

Kurz: es geht darum, den Kampf für Demokratie - für die Abschaffung der Diktatur, für gleiche Rechte für Frauen und Minderheiten - mit dem Kampf für eine neue, sozialistische Wirtschaftsordnung zu verbinden!

Dazu ist es unerlässlich, die Institutionen des alten Regimes, den Staatsapparat, zu zerstören und die Macht in die Hände der demokratischen Organe der Massen zu legen: der Arbeiter-, Bauern- und Soldatenräten. Dann kann und wird der Prozess der Vergesellschaft der Ökonomie, der Fabriken, der Großunternehmen, der Banken und der großen Ländereien beginnen - nicht unter bürokratischer Kontrolle, sondern unter jener der ArbeiterInnen und Bauern.

Das ist die Strategie der permanenten Revolution - eine Strategie, die er ermöglicht, die ungelösten demokratischen Aufgaben des Landes zu lösen, indem sich die Arbeiterklasse an die Spitze der Bewegung stellt, im Bündnis mit der Bauernschaft ihre Macht errichtet, die Kapitalistenklasse und die Imperialisten enteignet und die sozialistische Transformation des Landes beginnt.

Doch diese Strategie fällt nicht vom Himmel. Zur ihrer Umsetzung braucht es eine bewusste Kraft: eine revolutionäre Arbeiterpartei.

Ohne Zweifel ist es eine Schwäche der bisherigen Bewegung, dass es an einer solchen Kraft fehlt. Doch in den letzten Wochen hat sich auch die Arbeiterklasse durch Streiks stärker in die Bewegung eingeschaltet. In vielen Städten werden die Forderungen nach Demokratie mit sozialen Forderungen verbunden. Gewerkschaften formieren sich und beginnen ihre eigenen Ziele zu formulieren. Das ist ein riesiger Schritt vorwärts - ein Schritt, dem weitere folgen müssen.

Die Erfahrungen aller früheren Revolutionen haben gezeigt, dass die Arbeiterklasse nur dann die Entwicklung prägen und bestimmen kann, wenn sie über eine eigene politische Partei verfügt - ansonsten droht die Gefahr, dass die Initiative auf andere Klassenkräfte, seien es pro-imperialische „Demokraten“ oder Islamisten, die einen reaktionären Gottesstaat errichten wollen, übergeht.

Wir schlagen daher den kämpferischen Gewerkschaften und der sozialistischen Linken in Ägypten vor, möglichst rasch einen ArbeiterInnenkongress einzuberufen - zur Schaffung einer neuen, revolutionären Arbeiterpartei.

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