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Ägypten

Mubarak weigert sich zurückzutreten - ein Generalstreik ist jetzt notwendig, um ihn zu stürzen!

Simon Hardy, Infomail 534, 11. Februar 2011

Die ägyptischen Massen dachten, dass Mubarak zurücktreten wird. Er jedoch hatte andere Pläne. Simon Hardy berichtet über die Ereignisse und die weiteren Perspektiven.

Am Nachmittag des 10. Februar hat das Oberkommando der ägyptischen Armee, das sich ohne ihren Oberbefehlshaber Hosni Mubarak getroffen hat, das Communique Nr. 1 veröffentlicht. Das Communique hat erklärt, dass die Armee eingesprungen ist, um die „Erfolge und Forderungen der Menschen“ zu sichern. Omar Suleiman, der Vizepräsident, wurde beauftragt Mubarak zu treffen, um die Diskussionen und Meinungen der Generäle weiterzugeben.

Das US Nachrichtenmagazin ABC hat angekündigt, dass Mubarak zurücktreten würde. Führende Mitglieder der NDP haben gesagt, dass sie „nicht glauben, dass Mubarak am Freitag noch Präsident ist.“ Tausende versammelten sich am Tahrir Platz und strömten in ganz Ägypten auf die Straße, um dabei zu sein, wenn die erwartenden Nachrichten verkündet werden.

Alle dachten, dass er zurücktreten wird – die Stimmung auf dem Tahrir Platz war phänomenal und feierlich – es war ein Gefühl des Triumphes, das die Massen geprägt hat. Doch Mubarak hatte andere Pläne.

Mubaraks Rede war eine erstaunliche Ansammlung von Realitätsverweigerung. Dieser Mann, der an der Spitze des Regimes gesessen ist, der über 30 Jahre lang eine gewalttätige Politik umgesetzt hat und in den letzten 17 Tagen versucht hat die Bewegung zu zerstören, ist jetzt betroffen vom Tod der Menschen, die von seiner Polizei getötet wurden. Über 300 Menschen starben, um ihn von seiner Machtposition zu entfernen. Und nachdem er die Bewegung verflucht hat und sie versucht hat in Blut zu ertränken, richtet er seine Rede an die „Jugend der Nation“. Die Jugend der Nation sind jene, die sich gegen ihn aufgelehnt haben und einen leidenschaftlichen Hass auf ihn entwickelt haben – diese Menschen haben nichts gemeinsam mit ihm oder seinem Regime. Sie sind die Zukunft, der die Vergangenheit, weswegen Mubarak auch so gewaltsam gegen sie gekämpft haben.

In seiner Rede hat er eine umfangreiche Investigation gegen alle, die den Tahrir Platz und die Protestbewegung angegriffen haben, versprochen. Erneut hat er bestätigt, dass er im September zurücktreten wird, nicht jedoch zuvor.

Während seiner gesamten Rede hat er den Menschen keine realen Zugeständnisse angeboten – nicht einmal den Ausnahmezustand hat er zurückgenommen. Er hat vorgeschlagen 6 Teile der Verfassung abzuändern, inklusive den umstrittensten Paragraphen 76 und 77. Er sagte, dass er den Paragraph 179 entfernen wird. Paragraph 179 ist eine relativ neue Anti-Terrorismus Abänderung, die festlegt, „dass der Staat Verantwortung übernimmt, um die Sicherheit und die öffentliche Ordnung in Angesicht der Gefahren des Terrorismus zu sichern“. Dieser Paragraph erlaubt es, alle Terrorverdächtigen zu überwachen und einzusperren ohne jede Form von rechtlichem Hintergrund.

Die Massen am Tahrir Platz waren erzürnt, als sie hörten, dass er nicht zurücktreten wird. Menschen haben begonnen ihre Schuhe in der Luft zu schwingen, was ein universelles Zeichen von Respektlosigkeit und Verachtung in der arabischen Welt ist. Sie haben sie auf Stöcken in die Höhe gehoben und über ihren Köpfen geschwungen. Mubarak weiß, dass er nicht zurücktreten kann. Wenn er dies tatsächlich macht, so ist dies ein Zeichen für alle Menschen der Region, dass Diktatoren unter dem Druck der Massen zu Fall gebracht werden können.

Jetzt werden die Massen noch weiter aufgebracht werden. Am Freitag werden Millionen von Menschen im ganzen Land demonstrieren. Massen von ArbeiterInnen sind dabei sich den Protesten anzuschließen. Die Streiks dürfen nicht zurückgenommen werden, sie müssen ausgeweitet und koordiniert werden, um einen Generalstreik zu münden. Die Streiks sollten von demokratischen Räten der ArbeiterInnen koordiniert werden. Diese müssen sich organisieren, um die Revolution zu verteidigen. Es ist jetzt auch wichtig, dass die Basis der Soldaten für die Revolution gewonnen wird.

Die Forderung nach einer verfassungsgebenden Versammlung ist nun zentral. Nicht das Militär oder Technokraten sollten entscheiden, wie eine neue Verfassung aussehen soll. Dies muss von einer demokratischen Versammlung beschlossen werden, die durch Delegierte der Massen besetzt wird.

Ob Mubarak im Rahmen einer Übereinkunft mit der Armee arbeitet oder nicht, ist jetzt noch nicht klar. Auf jeden Fall ist jedoch offensichtlich, dass die Armee ihren Einfluss im politischen Prozess konsolidieren möchte. Ganz klar ist das Militär über die weitere Perspektive gespalten – nach wie vor wissen die unterschiedlichen Fraktionen innerhalb des Regimes nicht, welche nächste Schritte sie setzen. Manche innerhalb der regierenden NDP wollen, dass Mubarak geht. Doch Mubarak und seine Clique klammern sich an der Macht fest. Die Position der Armee verändert sich, doch bis jetzt ist noch nicht klar, welche Rolle sie spielen wird.

Freitag wird möglicherweise eine Revolution in Ägypten sehen, oder einen Putsch des Militärs. Früher oder später wird es einen Zusammenstoß zwischen den Massen und dem Militär geben. Die ganze Welt schaut heute Nacht auf Ägypten.

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