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29. September

Massenstreiks statt Massenverarmung!

Arbeitermacht-Flugblatt zu den Anti-Krisen-Aktionen, Infomail 508, 29.9.2010

Die Krise ist vorüber“, frohlocken derzeit gerade jene Experten, welche die Krise nicht einmal geahnt hatten. Sie gründen ihren Optimismus auf der wieder anspringenden Konjunktur. Doch die ca. 3% Wachstum in Deutschland sowie der immer noch ungebrochene Boom in China reichen bei weitem nicht aus, um davon zu reden, dass die tiefste Krise der Weltwirtschaft  nach 1945 schon ausgestanden wäre.

Dagegen spricht nicht nur das Dahindümpeln der Wirtschaft in den USA und Japan, den zwei größten Volkswirtschaften der Welt. Dagegen spricht auch die weltweit anhaltend hohe Arbeitslosigkeit. Vor allem aber sind die Ursachen der Krise noch längst nicht überwunden - im Gegenteil.

Selbst viele bürgerliche Ökonomen wissen, dass die riesigen Überkapazitäten an Kapital - durch die sich ja der spekulative Sektor überhaupt erst so ausdehnen konnte - weiterhin bestehen. Sie drücken nicht nur die Profitraten, sie sind auch eine Hauptursache dafür, dass das Kapital in der produktiven Sphäre viel zu wenig lukrative Anlagemöglichkeiten findet.

Die riesigen Konjunkturpakete haben zwar den Zusammenbruch der Weltwirtschaft verhindern können, zugleich haben sie aber auch verhindert, dass die Überkapazitäten abgebaut wurden. Durch die Rettung der Banken wurde die Dominanz des Finanzkapitals sogar noch größer. Die „Rettung“ der kapitalistischen Wirtschaft könnte sich daher schon bald als Pyrrhussieg erweisen.

Mehr noch: Im Rahmen des Kapitalismus können die Krisenursachen letztlich nur auf eine Weise „überwunden“ werden: durch die Vernichtung von Überkapazitäten, Schließungen, Entlassungen usw. - sprich durch gigantische Angriffe auf uns: auf Lohnabhängige, Jugendliche, RentnerInnen, MigrantInnen, Frauen.

Angriffe

Entgegen der Meinung, die Krise wäre in Deutschland „noch nicht im Bewusstsein angekommen“, waren und sind Hunderttausende von Kurzarbeit und Millionen von Arbeitslosigkeit, Hartz IV und prekären Arbeitsverhältnissen betroffen.

Selbst denen, die momentan nicht direkt betroffen scheinen, dämmert, dass das dicke Ende noch kommt. Und tatsächlich beweist die Regierung Merkel tagtäglich, dass sie im Interesse des Kapitals handelt:

„Erhöhung“ der Hartz-Regelsätze um 5 Euro, d.h. faktisch Zementierung der Verelendung von Millionen;

Steuerreformen schanzen den Reichen neue Milliarden zu, während Reallöhne und soziale Leistungen schrumpfen;

die Gesundheitsreform nutzt den Pharma-Konzernen und etabliert eine Zwei-Klassen-Medizin;

während kriselnden Banken erneut Milliarden erhalten, werden die Leistungen für Arbeitslose weiter gekürzt; prekäre Beschäftigung und working poor wachsen;

die Verschuldung zwingt die Kommunen zu drastischen Einschnitten;

trotz aller Beteuerungen verbessert sich die Situation im Bildungswesen nicht, die Privatisierung von Bildung schreitet weiter voran;

der schwarz/gelbe „Atomkompromiss“ sichert den Energie-Konzernen Milliardengewinne;

trotz „leerer Kassen“ beteiligt sich Deutschland an verschiedenen Militäreinsätzen im Ausland.

Dieser Katalog der Grausamkeiten ließe sich noch fortsetzen. Wie die Kapitalisten und ihre politischen Interessenvertreter Milliarden verpulvern, die Bedürfnisse der Bevölkerung und Gefahren ignorieren, zeigt aktuell das Mega-Projekt „Stuttgart 21“.

Wenn es uns - den Beschäftigten, den Arbeitslosen, Jugendlichen und RentnerInnen, ImmigrantInnen und „Deutschen“ - nicht gelingt, den Generalangriff von Staat und Kapital zu stoppen, werden wir einzeln geschlagen, werden wir zusehen müssen, wie viele unserer Errungenschaften zerstört werden! Es ist eine eitle, ja dumme Hoffnung, auf die „Einsicht“ der Herrschenden zu hoffen und auf Kompromisse zu setzen. Unser Klassengegner weiß sehr gut, dass es jetzt ans Eingemachte gehen muss, dass unter dem Druck der Krise der Spielraum für Kompromisse deutlich kleiner geworden ist. Doch wissen das auch die Organisationen der Arbeiterbewegung - doch handeln sie danach?

Widerstand

Bisher gab es in Deutschland nur wenig Widerstand gegen die Krise. Wenig betriebliche Aktionen, mehrere Anti-Krisen-Demos und einige gewerkschaftliche Proteste. Andererseits existiert eine breite Bewegung gegen Atom-Energie sowie eine bundesweite Bewegung im Bildungsbereich. Doch alle diese Spektren sind kaum miteinander verbunden.

Doch selbst eine koordinierte Massenbewegung gegen die Krise würde nur dann genug ökonomischen und politischen Druck ausüben können, wenn sie in politische Massen- oder Generalstreiks mündet. Nur solche Aktionen können Kapital und Regierung wirklich zwingen, ihre Angriffe einzustellen. Zugleich aber würde ein Generalstreik die Frage der Macht im Staate aufwerfen: Welche Klasse regiert, wer bestimmt die Geschicke der Gesellschaft - Bourgeoisie oder Proletariat?

Das Entstehen einer starken Bewegung gegen die Krise scheiterte bisher v.a. an der Inaktivität und Blockadehaltung jener großen Organisationen, die sich sozial auf die Arbeiterklasse stützen: der SPD, der Linkspartei und der Gewerkschaften. Sie hätten die Kraft, solchen Widerstand aufzubauen. Doch die Führungen und bürokratischen Apparate dieser Organisationen sowie ihre reformistische, sich im Rahmen des Kapitalismus bewegende Politik stehen dem grundsätzlich entgegen. Sie haben grundsätzlich den Milliarden-Rettungspaketen zugestimmt; sie haben nichts getan, um betriebliche Kämpfe auszuweiten und zu verbinden; sie haben für die Einführung der Kurzarbeit - und damit für die Spaltung der Klasse und massive Einkommensverluste - plädiert; sie haben wenig bis nichts getan, um die Anti-Krisen-Proteste voranzutreiben.

Alternative

Deshalb ist eine Alternative zu diesen unbrauchbaren Führungen und Konzepten notwendig! Wir brauchen eine Anti-Krisen-Bewegung, die alle Widerstandpotentiale zusammenfasst, die in Betrieben, Gewerkschaften, im Kiez, unter Jugendlichen, Frauen und MigrantInnen verankert ist. Wir brauchen dazu eine bundesweite Struktur: eine klassenkämpferische Basisbewegung, die gegen die reformistischen Ausverkäufer der Arbeiterklasse opponiert und alternative, kämpferische Führungen aufbaut, die direkt von der Basis kontrolliert werden! Solange SPD, Linkspartei, Gewerkschaftsbürokratie und viele standortbornierte Betriebsräte das Sagen haben, wird es bei symbolischen Protesten und Gesten bleiben!

Erste Schritte dazu können Betriebsversammlungen und Treffen von gewerkschaftlichen AktivistInnen sein, auf denen die Lage diskutiert wird und konkrete Maßnahmen festgelegt werden, sowie eine bundesweite Konferenz von AktivistInnen aller Spektren.

Für Arbeitermacht!

Wenn wir verhindern wollen, dass wir die Kosten der Krise bezahlen müssen, wenn wir den zerstörerischen Wahnsinn des Kapitalismus beenden wollen, dann müssen wir jenen die politische und ökonomische Macht entreißen, welche die Krise verursacht haben und bald die nächste lostreten!

Marode Banken müssen unter Arbeiterkontrolle verstaatlicht und zu einer einheitlichen Staatsbank zusammengefasst werden! Statt Milliarden-Subventionen für Banken brauchen wir Investitionen für soziale und ökologische Zwecke!

Unternehmen, die vor dem Aus stehen, müssen unter Arbeiterkontrolle verstaatlicht werden, um Arbeitsplätze und Einkommen zu sichern! Die Produktion muss auf gesellschaftlich nützliche Produktion umgestellt werden!

Das ist aber nur möglich, wenn den Kapitalisten, ihren korrupten Managern und willfährigen politischen Handlangern die Verfügungsgewalt bzw. die Kontrolle über die Produktion, über die „Rettungspakete“ und die Finanzen entzogen werden. Stattdessen ist Arbeiterkontrolle nötig!

Eine solche Perspektive kollidiert natürlich mit den derzeitigen Macht- und Eigentumsverhältnissen. Deshalb ist die Umsetzung eines solchen, proletarischen „Anti-Krisen-Programms“ nur möglich, wenn es eine Arbeiterregierung gibt, die sich auf Mobilisierungs- und Kampforgane stützt. Eine solche Perspektive ist letztlich auch nur realistisch, wenn der Widerstand international koordiniert wird.

Die globale und wahrhaft historische Dimension der Krisen und Klassenkämpfe, die jetzt und umso mehr in den nächsten Jahren vor uns stehen, eröffnen auch große Chancen für den Kampf gegen den Kapitalismus.

Neue Schichten von KämpferInnen werden die Bühne betreten, alte Organisationen und Konzepte werden ihre Untauglichkeit erweisen. Die Globalität der Krise und des Widerstands werden eine alte, aber umso bedeutendere Aufgabe der Weltarbeiterklasse erneut und mit größerer Dringlichkeit auf die Tagesordnung rücken: die Überwindung der Führungskrise des Proletariats, die Überwindung der Dominanz der Reformisten a la SPD oder Linkspartei über die Arbeiterbewegung und den Aufbau einer neuen, der 5. Internationale!

Termine, Aktionen am 29. September:  www.kapitalismuskrise.org

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