Arbeitermacht
Liga für die fünfte Internationale

Nord & Südamerika Europa Asien & Australien


google.de arbeitermacht.de

Stuttgart

Weg mit S 21 - und dem System, das dahinter steckt!

Arbeitermacht-Flugblatt gegen Stuttgart 21, Infomail 483, 5. Mai 2010

Der Kapitalismus wird umso gieriger, je tiefer er in Krisen gerät.

Immer mehr Menschen regen sich völlig zu Recht über die sinnlose Geldverschwendung von S21 auf. Angeblich 3-4, letztendlich wohl über 10 Milliarden werden verbraten für Verkehrsverbesserungen von wenigen Minuten. Aber diese Geldverschwendung ist völlig normal in diesem System:

Milliarden an Subventionen für die Autoindustrie in Form von Forschungsgelder, Abwrackprämien oder Kurzarbeitergeld, Milliarden für die Atomindustrie, Milliarden für die Rüstungsindustrie...

Es sind nicht erst die 4-10 Mrd. für S21, die in der Bildung und im Sozialwesen fehlen. Und sie fehlen an anderer Stelle noch viel dringender: Fast eine Milliarde Menschen hungert.

Diese Zahl ist seit Beginn der Krise noch gewachsen, aber die Gier des Kapitals ist noch mehr gestiegen: Weil die Spekulationen nicht die erwarteten Gewinne brachten, sind Regierungen weltweit mit Billionen öffentlicher Gelder eingesprungen.

Die müssen jetzt an der Bevölkerung eingespart werden, nicht aber an S21. Das ist offensichtlich ein Tabu. Aus gutem Grund, denn S21 ist ein Paradebeispiel dafür, wie in diesem System Profite auf immer noch parasitärere Art gemacht werden müssen:

Es verdienen die Banken, die alles finanzieren, die Baukonzerne und die Bahn AG, für die Transport und Beförderung nur ein notwendiges Übel ist, die vielmehr endlich ein profitables Finanzanlageobjekt werden soll und dazu öffentliches Eigentum (die Grundstücke) und öffentliche Gelder (z.B. Netzgebühren) zu Privatgewinn macht.

Das Risiko bei diesem Projekt liegt allein bei den SteuerzahlerInnen. Das ist fast so, wie bei den Staatsschulden Griechenlands, wo die Deutsche Bank und andere Spekulanten sich eine goldene Nase verdienen: an den hohen Zinsen oder an der Spekulation mit Ausfallversicherungen. Die Politiker sind dabei ihre Marionetten - in Athen, Berlin und in Stuttgart.

Korruption gehört zu diesem System dazu,

besonders dort, wo öffentliches Geld in private Kanäle umgeleitet wird. Die Käuflichkeit eines Westerwelle bei den Hotelsteuern oder eines Rüttgers, der stundenweise zu mieten ist, ist nur die Spitze des Eisbergs. Und wie die Spekulation, so steigt auch die Korruption, je mehr die Krisenhaftigkeit des Systems zunimmt. Denn ein inneres Gesetz des Kapitalismus führt dazu, dass die Profitraten tendenziell sinken. Vereinfacht gesagt: Wenn in der Realwirtschaft nicht mehr genug Rendite gemacht wird, werden Spekulation und Korruption zwangsläufig immer attraktiver. Kein Wunder, dass Daimler, Siemens, VW - die Flaggschiffe des deutschen Kapitals - in Korruptionsskandale verwickelt sind.

Neben der Käuflichkeit der bürgerlichen PolitikerInnen und der Verkommenheit des ganzen Systems gibt es eine dritte Spielart der Korruption: die der Sozialdemokratie.

Diese Partei, gegründet als Partei der Arbeiterklasse, tritt noch immer an als Sachwalter der arbeitenden Menschen. Aber sobald die herrschende Klasse nützliche Idioten braucht, um wirkliche Angriffe gegen die Masse der Arbeitenden, der Arbeitslosen oder der Jugend durchzuführen, dann springen die Sozis in die Bresche: Ob Hartz IV oder Ausdehnung der Leiharbeit, ob Rentenreform oder Krieg gegen Jugoslawien oder Afghanistan, im Namen der „Interessen des ganzen Volkes“ machen sie ergeben die Drecksarbeit fürs Großkapital. Warum nicht auch bei S21?

Tatsächlich dürfte dieses Unsinnsprojekt schon längst vom Tisch sein, wenn die SPD nicht in selbstaufopfernder Manier dies unterstützt hätte und die Gewerkschaften lange auf einen Unterstützungskurs festgelegt hätte. Aber auch wenn die Stuttgarter SPD besonders erbärmlich daherkommt - seit Jahrzehnten schwach, kein eigenes Profil, den Kopf im Arsch von Schuster  und dank ihrer kriecherischen Unterstützung für S21 bei Kommunalwahlen stimmenmäßig  halbiert - es ist der gleiche Verrat wie bei einem Gerhard Schröder, der großmäulig daherkam und mit der Agenda 2010 mehr Sozialstaat zerstört hat als Kohl und Merkel zusammen.

Bürgerliche Demokratie ist die Diktatur des Kapitals

Die Mehrheit der Stuttgarter Bevölkerung ist gegen das Unsinnsprojekt. Aber das schert Schuster, die Landesregierung und die andern „Demokraten“ einen Dreck. Die Gerichte sichern dieses Machwerk ab, natürlich gelten die wirtschaftlichen „Verträge“ mehr als die politische Meinung derer, die das Zeug bezahlen.

Es gibt in Deutschland auch eine deutliche Mehrheit gegen den Krieg in Afghanistan, eine Mehrheit gegen die Rente mit 67 und eine Mehrheit für Mindestlöhne. Das interessiert die Bundesregierung ebenso einen Dreck.

Solche Verhältnisse mit der Arroganz der Regierenden zu erklären, greift zu kurz. Natürlich sind selbige arrogant. Aber es geht um Interessen und nicht um Charakterschwäche. Die politische Struktur des bürgerlichen parlamentarischen Systems ist so ausgelegt, dass die Interessen einer kleinen Minderheit immer die stärkeren sein sollen. Diese Minderheit besteht aus denjenigen, die im Kapitalismus die wirtschaftliche Macht haben. Wir nennen sie Kapitalisten, weil sie sich die Produktionsmittel angeeignet haben. Aber auch wenn sie sich Unternehmer nennen, reicht es ihnen nicht, in „ihren Unternehmen“ fast uneingeschränkte Macht zu haben, alle und jeden einzelnen ihrer Beschäftigten unter Druck setzen zu können, sie machen das gleiche auch mit der Politik, z.B. durch die Drohung mit der Vernichtung von Arbeitsplätzen, sie machen es mit Lobbying, aktiver Korruption und Parteispenden, aber sie haben darüber hinaus auch einen ganzen Staatsapparat auf ihrer Seite. So ist zum Beispiel das Verteidigungsministerium voll mit ehemaligen Militärs und Agenten der Rüstungsindustrie, die ihren Kurs fahren, egal wer Minister ist. Die Skandale um Jung und Guttenberg zeigen vor allem, dass selbst bürgerliche Minister nicht ihren Apparat, sondern dieser seine Minister im Griff hat.

Aus dem gleichen Grund hat noch nie eine Gesundheitsreform die Pharmaindustrie negativ betroffen, kein Umweltminister die Macht der Energiekonzerne angetastet und die Bildungspolitik macht in Bund und Ländern brav das, was die Bertelsmann-Stiftung vorgibt.

Zur Not stehen immer noch die Geheimdienste, die Polizei und die Armee zur Sicherung der Machtverhältnisse in diesem Land bereit.  Der Einsatz der Bundeswehr im Inneren, eine immer umfangreichere Überwachung und die Verschärfung des Demonstrationsrechts zeigen, dass den Herrschenden durchaus bewusst ist, dass die Mehrheit auch einmal ernsthafter für ihre Interessen kämpfen und sich womöglich durchsetzen könnte. Dass diese Instrumente bislang nur gegen eine Minderheit, wie gegen die Demonstrationen in Rostock beim G8-Gipfel und gegen die Jugendlichen bei Bildungsstreiks oder Anti-Nazi Aktionen eingesetzt werden, darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass es dem Staatsapparat und den Herrschenden ums Ganze geht und sie sich genau darauf vorbereiten!

Wie  können  wir S 21 stoppen?

Der Druck der Bewegung hat Bürgermeister, Bahn AG und die gesamte S21-Lobby in die Defensive gedrängt. Die Gewerkschaften - darunter auch DGB und IG Metall - haben sich hinter die Proteste gestellt. Das wäre ohne die wöchentlichen Montagsdemos mit tausenden Beteiligten nicht möglich gewesen.

Aber es ist auch klar, dass Schuster und Bahnvorstand die Proteste aus sitzen wollen, hoffen, dass sich die Demos „totlaufen“ oder dass sie uns in „Radikale“ und „Gemäßigte“ spalten können.

Es ist daher vollkommen richtig, die Widerstandsformen auszuweiten und sich auf Blockadeaktionen samt „Blockadetrainings“ vorzubereiten.

Wir müssen daher unserer Meinung nach folgende Schritte setzen, um den Kampf zu stärken:

Den Kampf gegen S 21 mit Forderungen verbinden, die vor allem im Interesse der Beschäftigten und den NutzerInnen der Bahn - von den BerufspendlerInnen bis zu SchülerInnen und Studierenden - liegen:

Milliarden für den Ausbau des Öffentlichen Nah- und Regionalverkehrs im Interesse der lohnabhängigen NutzerInnen! Kosten-loser Nahverkehr für alle!

Keine Privatisierung, kein Börsengang der Bahn! Rückverstaatlichung der Bahn und der anderen Verkehrs- und Transportunternehmen! Kontrolliert nicht durch Beamte oder Manager, sondern durch Komitees der Beschäftigten und der BenutzerInnen!

Kein Lohnverzicht bei der Bahn und anderen Transportunternehmen! Gegen Arbeitshetze und immer schlechtere, gesundheitsschädliche Arbeitsbedingungen der Beschäftigten, unterstützen wir den Kampf der Gewerkschaften für die Erhöhung der Löhne und Gehälter der Beschäftigten, v.a. in den unteren Lohngruppen und den Kampf für die Arbeitszeitverkürzung!

Verbinden des Widerstandes gegen S21 mit dem Kampf gegen die Krise: Kürzungen im sozialen Bereich, Entlassungen und S21 haben die gleiche Ursachen: Die Krise des Kapitalismus und die Versuche der Herrschenden, ihre Krise auf alle anderen abzuwälzen.

Der 1. Mai und die Anti-Krisen-Demo am 12. Juni müssen zu Massenaktionen auch gegen S21 werden! IGM-Chef Hoffmann raus aus dem Unterstützerkreis für S21! Mobilisierung auch in den Betrieben gegen S21!

Für die Organisierung der Bewegung: Für einen Leitungsausschuss mit je einer/m VertreterIN jeder Organisation, die den Kampf unterstützt.

Leserbrief schreiben   zur Startseite