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Frankreich

Die Jugend kämpft gegen Darcos’ Gesetze!

Inna Anders, Infomail 398, 18. Dezember 2008

Momentan entsteht eine spontane und entschlossene Massenmobilisierung an den Gymnasien, Schulen und Hochschulen (IUT) Frankreichs ab: Hunderte Blockaden, Streiks, Besetzungen und Demonstrationen, die auch von LehrerInnen unterstützt werden, finden statt. Jeden Dienstag und Donnerstag gibt es fast allen Städten des Landes Demonstrationen.

Warum? Die Regierung hat die Abschaffung tausender Arbeitsstellen in den Schulen beschlossen. Dazu sind Reformen der Unterrichtsprogramme beschlossen worden und eine Reform des einheitlichen Ausbildungssystems im ganzen Land. Auch ein Eingreifen privater Unternehmen in die Haushalte der Gymnasien wäre dank diesem Gesetz möglich - also ein weiterer Schritt zur Privatisierung.

Doch die Jugend lehnt das ab. Dazu hat sich eine Koordinierung der Streikenden gegründet, die sehr stark jener der jüngsten Studentenbewegungen ähnelt. Die SchülerInnen haben sich selbst organisiert, anstatt sich von bürokratischen Gewerkschaften wie UNL oder FIDL steuern zu lassen. Sie versammeln sich in AGs, d.h. Generalversammlungen, und wählen alles demokratisch, zum Beispiel ihre VertreterInnen, die sich bundesweit koordinieren, um Forderungstexte oder Flugblätter zu schreiben. Selbstorganisieren heißt auch, Propaganda zu machen. Die SchülerInnen kommen in den Klassen herum, um die anderen zu informieren oder Debatten zu führen.

Warum ist es wichtig, sich auch unabhängig von den Gewerkschaften zu organisieren? Diese hatten vor ein paar Monaten das Gesetz akzeptiert, dann jedoch um eine Verschiebung der Ausführung gebeten, was der Minister damals abgelehnt hatte. Der Generalsekretär der Gewerkschaft CFDT, Chérèque, erklärte, dass es sich um ein Problem der „Methode“ handele, dass die Regierung ihre Reformen „nicht erklärt“ und dass „niemand sie verstehen kann“. Wir glauben vielmehr, dass die Menschen sie sehr gut verstehen und sie gerade deshalb ablehnen!

Aufschub durch die Regierung

Am 15. Dezember hat die Regierung zwar nicht auf das Gesetz verzichtet, es aber um ein Jahr verschoben (die Reform soll erst ab 2010 gelten), weil sie sich vor einer Bewegung wie der gegen das CPEs 2006 fürchtet. Damals war die Mobilisierung so groß, dass die Regierung selbst bedroht wurde. Da zurzeit auch in Griechenland eine riesige Jugendrevolte stattfindet, hat die Regierung Angst vor eurpaweit um sich greifenden sozialen Unruhen. Sie nennen das „griechisches Syndrom“.

Der Minister des Schul- und Hochschulwesens, Darcos, erklärte: „Ich verschiebe lieber die Reform der Schulen, so dass wir nicht das Risiko eingehen, dass sie zum Funken wird, der das Pulverfass zum Explodieren bringt.“ Dies ist auch die Begründung für die Repression durch die Polizei. Manche Demonstrationen und Blockaden sind deswegen sehr gespannt, vor allem im Westen und Süden. Verbal rudert Darcos weiter zurück: “Wir sollten alles von Anfang an diskutieren, weil wir diese Reform ohne die Jugend nicht machen werden.“ Der Minister hat deshalb ein Treffen mit den Schülergewerkschaften im Januar organisiert.

Darcos erklärt weiter: „Ich habe dem Präsidenten gesagt, dass die Reform schon fertig ist, dass aber aus all diesen Gründen die Stimmung nicht geeignet ist. So sollte man sich lieber ein bißchen Zeit lassen und die ganze Sache aufs Neue überlegen. (...) Das ist alles andere als die Reform begraben. Vielmehr ist es die einzige Art und Weise, um sicher vorwärts zu gehen“.

Dabei wagt er zu behaupten, die Mobilisierung sei eine „irrationale Reaktion“ und die Reform fände „breite Zustimmung“ bei den LehrerInnen! Diese unterstützen aber - wie auch die meisten Eltern - ihre SchülerInnen und demonstrieren zusammen, da sie natürlich als Erste vom Gesetz und von Abschaffungen der Stellen betroffen sind.

Trotzdem bleibt die Mobilisierung sehr stark, weil die Jugend nicht eine Verschiebung des Gesetzes will, sondern deren Aufhebung. Die nächste Gefahr sind aber die Weihnachtsferien, weil die Bewegung droht, abzunehmen und am Schuljahresbeginn zu verebben. Das weiß auch die Regierung, die auf die Verschiebung als einen Joker gesetzt hat. Die Streikenden bleiben aber deswegen noch wach, wie zum Beispiel die LehrerInnen in Montpellier (Südfrankreich), die Weihnachtsessen und -abende organisieren wollen, um unter der Bevölkerung zu agitieren. Die Forderungen gehen auch weiter: Abschaffung der anderen Gesetze von Darcos und Verzicht auf alle Stellenstreichungen.

Wir solidarisieren uns mit den Streikenden und DemonstrantInnenen und fordern: Abschaffung von Darcos´ Gesetz!

Es soll noch daran erinnert werden, dass seit 20 Jahren die Demonstrationen der StudentInnen und SchülerInnen die Rücknahme von Gesetzvorhaben der Regierungen erzwungen haben: 1986 das Gesetz vom Minister Devaquet, 1994 das CPI-Gesetz von Balladur, 1995 das Gesetz für die IUT von Fillon, 2003 das Gesetz für die Universitäten von Fillon, 2005 das Gesetz für die Schulen und für die Abitur von Fillon, 2006 das CPE-Gesetz von de Villepin. Auch wenn der Kampf noch lange nicht zu Ende ist, ist dies der erste erzwungene Rückzug der Regierung Sarkozy, seit er an der Macht ist.

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