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Bericht

GDL-Streik in der Diskussion

Anne Moll, Tübingen, Infomail 348, 18. Februar 2008

Das Tübinger Bündnis gegen Sozialabbau hat am 11. Februar zusammen mit attac Tübingen, dem DGB-Arbeitskreis Tübingen und dem ver.di-Ortsverein Tübingen eine Podiumsdiskussion zum GDL-Streik veranstaltet.

Auf dem Podium waren vertreten: Werner Sauerborn (Gewerkschaftssekretär beim ver.di- Landesbezirk), Volker Drexler (Vorsitzender des GDL-Bezirks Süd-West) und Bernd Maderner (Gewerkschaftssekretär bei Transnet Süd-West). Die Moderation übernahm das Tübinger Bündnis gegen Sozialabbau.

Die Veranstaltung war gut besucht, ca. 40 Leute aus dem linken und gewerkschaftlichen Umfeld und Beschäftigte der Bahn, überwiegend GDL-Mitglieder.

Am Anfang legten die Bahngewerkschafter den aktuellen Stand der Tarifauseinandersetzung dar, welche Fragen noch offen sind und wie Transnet vom GDL-Streik profitiert hat. Die Antworten waren sehr detailliert, aber ebenso bürokratisch. Deutlich wurde, dass es einen tiefen Graben zwischen der Transnet- und der GDL-Bürokratie gibt. Drexler und Maderner gefielen sich in ihren Rollen als Vertreter der „besseren Gewerkschaft“.

Positiv hob sich der Beitrag von Sauerborn ab, der klarstellte, dass der Arbeitskampf der GDL Anerkennung verdient. Die Tarifabschlüsse der letzten Jahre hätten, so Sauerborn, eine Spirale nach unten ausgelöst, in der sich einzelne Gewerkschaften gezwungen sehen, für ihre Mitglieder diese Spirale zu stoppen, indem sie für eigene Tarifverträge kämpfen, so wie es z.B. auch die Piloten und die Ärzte getan hatten.

Dann wurde über die Zusammenhänge der Tarifabschlüsse mit der Privatisierung der Bahn diskutiert. Sowohl Maderner als auch Drexler wiesen alle Vorwürfe zurück, sie würden gemeinsame Sache mit dem Unternehmen machen oder jedenfalls nichts gegen die Privatisierungsbestrebungen des Bahnvorstands tun.

Aus dem Publikum kamen konkrete Fragen zum gemeinsamen Vorgehen der beiden Gewerkschaften, als auch Vorwürfe der Bahnbeschäftigten wegen des Versagens und der Fehler von Transnet. Bei den überwiegend ausweichenden Antworten wurde klar: Von der Bürokratie und der Funktionärsebene von Transnet und GDL gibt es keine Bestrebungen, wirklich für alle Beschäftigten (also auch jene, die nicht zum „eigenen“ Bereich gehören) einzutreten oder gar für die gesellschaftlichen Interessen aller Lohnabhängigen (Privatisierung trifft ja auch die Bahnkunden) zu kämpfen.

Es gibt zwar von Transnet Kooperationsangebote an die GDL, aber alles dreht sich darum, wer hält oder bekommt den größeren Einfluss in der „Sozialpartnerschaft“ mit dem Konzernvorstand.

Seit 2002 gibt es die Forderung an Transnet, einen neuen Entgelttarifvertrag zu erarbeiten, in dem den LokführerInnen höhere Löhne zugestanden werden. Seit 2002 wird diese Aufgabe verschoben. Daraus entstand auch der Druck auf die GDL-Führung, endlich zu handeln. Deshalb ist sie noch lange keine kämpferische Gewerkschaftsführung, sondern konservativ und standesbewusst.

Aber die Basis zeigte Kampfkraft. Durch den Streik und auch Veranstaltungen wie diese gibt es Kontakte zu anderen kämpferischen GewerkschafterInnen und Gruppen. Der Druck auf die Führungen wird zunehmen. Wieder einmal zeigt sich, dass ohne politische und gesellschaftliche Perspektive der Basis, ohne eigenständige Organisation der Basis, die für die Kontrolle des Streiks kämpft, und ohne klassenkämpferische oppositionelle Basisbewegung die Beschäftigten verraten und nur für Machtspiele benutzt werden. Das wurde vielen Bahnbeschäftigten jetzt deutlich.

So wurde insgesamt auf der Veranstaltung zu wenig von den Streikenden und von der Solidarität in der Gesellschaft diskutiert. Da gab es auch vom ver.di-Gewerkschafter wenig zu hören.

Die Veranstaltung zeigte aber auch, dass die Massen von sich aus nicht spontan in der Lage sind, die verräterische und spalterische Führung zu überwinden und mehr als einen mehr oder weniger miesen Kompromiss zu erreichen.

Im Moment haben die bürokratischen Apparate noch ausreichend Spielraum, zu demobilisieren und durch relativ bescheidene kämpferische Aktionen wieder Illusionen, diesmal in die GDL, zu wecken. Anstatt die Kräfte gegen den gemeinsamen Gegner zu bündeln, ergehen sich die Vertreter der „gegnerischen“ Gewerkschaften darin, sich untereinander zu bekämpfen.

Diese Spielchen schonungslos aufzudecken und zu entlarven, wird zunehmend die Aufgabe von RevolutionärInnen sein.

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