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Bahn

Sieg für Mehdorn und die Privatisiererbande

Infomail 321, 29. August 2007

Die Privatisierer dürfen sich freuen. Der Streik der GDL ist abgewendet und wird wohl auch nach dem 30. September nicht mehr zustande kommen.

Die Vermittler Geißler und Biedenkopf konnten ihren Erfolg darstellen. Es gibt einen Tarifvertrag für die GDL - und es gibt ihn auch nicht. Über Einkommen und Arbeitszeiten wird weiter verhandelt. Über die Forderungen des Zugbegleitpersonals wird vorerst nicht verhandelt. Auch Transnet und GDBA sind in die Aushandlung einer „neuen Einkommensstruktur“ eingebunden.

Das Ergebnis

Misst man das Ergebnis an den Forderungen der GDL, so ist die Bilanz des GDL-Vorsitzenden Schell, dass es wohl eine Einigung mit „Licht und Schatten“ gebe, wohl eine der üblichen Schönredereien. Für das Zugbegleitpersonal - immerhin 12.000 der 30.000 Beschäftigten -, für die die GDL auch zu verhandeln beansprucht, ist eine Verbesserung der Einkommen zunächst vertagt.

Für die Lokführer will die Gewerkschaft „hart“ bleiben und verlangt weiter Einstiegsgehälter von 2.500 Euro brutto. Es bedarf keiner großen prognostischen Fähigkeiten, um eine tarifliche Einigung vorherzusehen, die jeder Seite einen weiteren „Licht und Schatten“-Spruch erlaubt.

Transnet und GDBA haben erst recht wenig Grund zur Zufriedenheit. Dass mit ihnen auch zukünftig verhandelt werden würde, stand schließlich schon immer fest. De facto wurde die GDL als „echte“ Tarifpartei anerkannt, die dafür auch gleich echte Beschäftigte - 12.000 ZugbegleiterInnen - verkauft hat.

Freie Fahrt für den Börsengang

Grund zur Zufriedenheit hatten eigentlich nur zwei Parteien. Erstens Vorstand und Verhandlungsführung der Bahn AG. Ihr strategisches Ziel, der Börsengang und die Privatisierung der Gesellschaft, sind durch die Vermittlung gefestigt. Alle Gewerkschaften bekräftigten wie selbstverständlich, dass sie nicht weiter eskalieren und schon gar nicht die Konzerninteressen gefährden wollten.

Zweitens die Bundesregierung wie die herrschende Klasse überhaupt. Sie konnten in der Auseinandersetzung auf ihre Klassenjustiz zurückgreifen. Das Verbot der geplanten GDL-Streiks kann nun natürlich auch gegen jeden anderen Arbeitskampf eingewandt werden. Es ist eine Drohung für die ganze Arbeiterbewegung.

Zuversichtlich können die Herrschenden außerdem auch noch ob der lahmen, rein verbalen Kritik des DGB daran sein, die zukünftige Einschränkungen des Streiksrechts und andere Provokationen geradezu ermutigt.

Verlierer

Verlierer der Vermittlung sind die Beschäftigten bei der Bahn AG und die große Masse der Bevölkerung. Die Beschäftigten, die weiter ihren Dienst bei Personalknappheit, unzumutbaren Schichtdiensten und miesen Löhnen verrichten müssen.

Die Masse der Bevölkerung, weil eine privatisierte Bahn als privatkapitalistisches, profitorientiertes Monopol eine weitere Verteuerung für die KundInnen bei schlechteren und noch stärker auf Reiche und den Mittelstand zugeschnittenen Angeboten bedeutet.

VerliererInnen sind wir alle! Wir sind es vor allem, weil eine wirkliche Chance vertan wurde, nicht nur bessere Einkommen und Arbeitsbedingungen zu erringen, sondern auch die Privatisierung insgesamt zu stoppen.

Ein solcher Kampf war natürlich von Transnet/GDBA-Spitze nicht zu erwarten. Aber auch die GDL hatte nie etwas an der Privatisierung an sich anzusetzen, solange ihre Klientel besser gestellt würde.

Im Gegenteil: Auch die GDL-Führung wollte eigentlich keinen Streik und schon gar keine Verallgemeinerung des Kampfes. Das ging zuletzt aus einer Presseerklärung der GDL hervor, die Transnet dafür kritisierte, im Falle eines GDL-Abschlusses, der deutlich über 4,5 Prozent liege, den eigenen Tarifvertrag zu kündigen und einen neuen anzustreben, weil diese Transnet-Drohung die Bahn AG zu einer unnachgiebigen Haltung zur GDL dränge.

Lehren

Trotz dieses Ausverkaufs zeigt der GDL-Streik Lehren für die Zukunft. Der gegenwärtige Aufschwung in Deutschland ist v.a. ein Aufschwung auf Kosten der Arbeiterklasse. Selbst wenn es hier und da Lohnzugeständnisse gibt, so werden diese von Preissteigerung, Steuererhöhung und weiteren Einschränkungen von Sozial-Versicherungsleistungen oft wettgemacht. Die Zahl der Armen nimmt selbst in der relativen Prosperität nicht ab, während sich am Horizont der Weltwirtschaft im Gefolge der US-Immobilienkrise ein tiefer Konjunktureinbruch abzeichnet.

In dieser Situation werden immer wieder Schichten der Arbeiterklasse - selbst wenn sie historisch von ursprünglich standesbornierten Führungen und Organisationen geleitet werden - zum Kampf gezwungen.

Das wir weiter zunehmen, wie auch Aktionen von Belegschaften, die kämpfen müssen, um nicht total unter die Räder zu kommen.

Bei Organisationen wie der GDL zeigt sich daher Kampfbereitschaft und auch eine Radikalisierung der Basis. Andererseits sind diese kleineren Fachgewerkschaften oft auch von allen Mängeln der DGB-Gewerkschaften befallen: Gewerkschaftsdemokratie, transparente Verhandlungen, Kontrolle durch die Basis? Fehlanzeige!

Eine politische Strategie zum gemeinsamen Kampf, zum Kampf nicht nur für die eigene Haut, sondern auch gegen die politischen, gesellschaftlichen Ziele von Regierung und Konzernspitze? Auch das nicht!

Die Frage der Schaffung einer klassenkämpferischen Opposition steht bei Transnet wie in anderen DGB-Gewerkschaften; eine Basisbewegung, die gegen die Führung kämpft und diese zu ersetzen trachtet, die über eine politische, gesellschaftliche Alternative verfügt und sich nicht nur auf Lohn- und Arbeitszeitbedingungen beschränkt.

Noch eine Tatsache dürfen wir nicht vergessen, die die trotz des Ausverkaufs optimistisch und zuversichtlich stimmt: Der Streik der EisenbahnerInnen stieß auf viel Verständnis und Sympathie bei der Bevölkerung und bei anderen Lohnabhängigen trotz der Hetze und Desinformation von bürgerlichen Medien, Unternehmerverbänden, Staat und der DGB-Gewerkschaften.

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