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Hamburger Hafenarbeiter im Streik

Wahre und falsche Freunde

Infomail 241, 13. Januar 2006

Ab dem 11. Januar Mitternacht bis 6 Uhr des folgenden Tages bewegte sich keine Ladung im Hamburger Hafen. Die 2000 ArbeiterInnen streikten und schlossen sich somit den Aktionen in vielen europäischen Häfen an.

Die gewerkschaftliche Maßnahme richtet sich gegen die Bestimmungen des „Port package“, die im Brüsseler EU-Parlament erneut zur Abstimmung steht, nachdem der erste Anlauf 2003 bereits durch Arbeiteraktionen gestoppt wurde.

Mit dieser Richtlinie soll der Warenumschlag für die Kapitalisten noch kostengünstiger gestaltet werden. Port package ist nach dem Bolkestein-Vorschlag ein weiterer Versuch der EU-Bürokratie, die Liberalisierung und Deregulierung des Dienstleistungsbereichs voranzutreiben.

Die ArbeiterInnen fürchten, in die Zange genommen zu werden. Ihre Arbeitsplätze sind in Gefahr, weil die Schiffe nun das Be- und Entladen mit eigener Besatzung besorgen könnten. Sich neu einkaufende Investoren müssten sich nicht an bestehende Verträge halten, sondern könnten den Personaleinsatz diktieren. Aber auch die ansässigen Logistikfirmen könnten Port package unter dem Vorwand von Wettbewerbsnachteilen zu Lohndrückerei und weiter gesteigerter Arbeitshetze nutzen.

Die Hamburger Hafenarbeiter führen einen Kampf an zwei Fronten. Sie sind nicht nur durch Port package, sondern auch durch den möglichen Verkauf von Teilen des Hafengeländes an die Deutsche Bahn AG bedroht, die der Post AG nacheifern und ins internationale Logistik-Geschäft einsteigen will. Auch dies würde Arbeitsplätze kosten.

Der Verband deutscher Seehäfenbetreiber hat natürlich nur aus Eigeninteresse die Proteste begrüßt, weil sie vorerst lästige Konkurrenz fern hält und von der eigenen verschärften Ausbeutung ablenkt. SPD-Verkehrsminister Tiefensee heuchelt Verständnis, weil es natürlich zu seinen Obliegenheiten gehört, speziell deutsche Ausbeutungsinteressen zu schützen.

Die Gewerkschaftschefs Sommer (DGB) und Bsirske (ver.di) faseln etwas von der bewiesenen Leistungsbereitschaft und Wettbewerbsfähigkeit deutscher Arbeiter und Häfen. Deswegen sei die Einführung der Richtlinie nicht nötig.

Solche „Argumente“ steigern keine Kampfbereitschaft, sondern spalten. Sie leisten sozialchauvinistischer Standortlogik Vorschub – statt den Kampf gegen den Kapitalangriff international zu koordinieren. Vorsicht vor diesen falschen Freunden!

Die ArbeiterInnen müssen mit dieser Politik brechen, wollen sie nicht verraten werden. Den Weg weist das Liverpooler Docker-T-Shirt, das auf der Streikkundgebung getragen wurde: ‚Solidarity forever!’

Die ArbeiterInnen müssen ihre unabhängigen Streikorgane aufbauen, den bewussten Schulterschluss nicht nur mit den KollegInnen in anderen europäischen Häfen suchen, sondern sich auch dafür einsetzen, dass Schiffsbesatzungen und die Belegschaften aus anderen Bereichen von Transport und Verkehr mit ihnen kooperieren. Sie brauchen eine klassenkämpferische Basisbewegung, die international agiert und dafür kämpft, die Gewerkschaften der Bürokratie zu entreißen.

Eine Anpassung an das höchste Lohnniveau, Verringerung der Arbeitshetze und die Schaffung von neuen Arbeitsplätzen in sinnvoller Verzahnung von Energie, Transport, Verkehr und Umweltschutz und unter Kontrolle der Beschäftigten müssen gefordert werden. Dabei dürfen die Kampfmethoden nicht bei befristeten Warnstreiks halt machen, sondern müssen notfalls durch Unterstützung anderer Arbeitersektoren in Blockade von allen übrigen Verkehrswegen münden!

Nur so kann verhindert werden, dass am Ende die europäische Gewerkschaftsbürokratie wieder alles unter Kontrolle, in Isolation von anderen Teilen der Arbeiterklasse hält und dann einen ‚Verhandlungserfolg’ feiert. Selbst wenn es gelingen sollte, Port package erneut zu verhindern -  in modifizierter Form werden ähnliche Erpressungsversuche bald wieder gestartet. Der Erfolg kann nur gesichert werden, wenn die Arbeiterklasse sich auf höherer Stufe organisiert, von reinen Notwehraktionen selbst zum Angriff übergeht.

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