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Nieder mit dem Imperialismus!

Sieg dem Irak!

Hannes Hohn, Neue Internationale 79, April 2003

Die Propaganda vom "sauberen" Krieg hat sich schon nach wenigen Kriegstagen als Lüge erwiesen. Tausende irakische ZivilistInnen sind verletzt und getötet worden. In den Millionenstädten Bagdad und Basra ist die Versorgung mit Strom und Trinkwasser kritisch. Flüchtlingskolonnen verlassen den Irak.

Wieder einmal beginnt die "Demokratisierung" einer Weltregion mit einer humanitären Katastrophe.

Im selben Moment, da Bush, Blair und die EU-Staatschefs über Wiederaufbauhilfe reden, schafft die imperialistische Aggression selbst erst das humanitäre Problem, das es dann zu "lösen" gilt.

Lügen

Die vom Pentagon verbreitete Mär vom kurzen Krieg mit wenig Widerstand hat sich als Wunschtraum erwiesen. Trotz Saddams Unterdrückung ist sich das irakische Volkes offenbar durchaus bewusst, dass die britischen und amerikanischen Truppen keine Freiheit bringen, sondern nur eine andere Art von Unterdrückung und noch größere Abhängigkeit vom Imperialismus. Das ist der tiefere Grund für den Widerstand der IrakerInnen.

Selbst die Kurden und die Schiiten erinnern sich noch gut daran, dass sie 1991, am Ende des ersten Golfkriegs, bei ihren Versuchen, Saddam zu stürzen, von ihren vermeintlichen NATO-"Helfern" im Stich gelassen wurden. Kein Wunder: die Angst der Imperialisten vor einer Erhebung der Volksmassen gegen ihre Peiniger ist allemal größer als die Aussicht, einen unbotmäßigen Vasallen zu ersetzen. Saddam an der Macht zu belassen, war da für sie das kleinere Übel.

Auch jetzt, als Gerüchte über einen Aufstand der Schiiten in Basra durch die Medien geisterten, riet das alliierte Oberkommando den Aufständischen, "zu Hause zu bleiben".

Ohnedies sind die Briten als ehemalige Kolonialmacht und die US-Truppen, die seit Jahren den Irak bombardieren, eher unbeliebt.

Der Selbstverteidigungskampf des Irak gegen die imperialistischen Plünderer ist gerecht und grundsätzlich fortschrittlich. An seiner Seite stehen Millionen KriegsgegnerInnen in aller Welt: SchülerInnen, StudentInnen, GewerkschafterInnen. Mit ihnen solidarisiert sich auch die Mehrheit der arabischen Massen. Sie haben die Lügen des Weißen Hauses durchschaut, das Saddam als Weltbedrohung, als neuen Hitler darstellt, von Verbindungen zu Al qaida und einem Potential von Massenvernichtungswaffen faselt, die bis heute nicht entdeckt wurden. Ohne Frage würde ein Sieg des Irak, würde eine Niederlage des Imperialismus den Kampf aller Ausgebeuteten und Unterdrückten in der Welt beflügeln. Zweifellos wäre der Sieg von Bush und Blair ein Niederlage, ein Rückschlag für jede fortschrittliche und antikapitalistische Bewegung.

Es ist unübersehbar, worum es der Bush-Administration wirklich geht: um das irakische Öl, um die direkte Beherrschung des gesamten Nahen Ostens. Diese Region ist nicht nur reich an Öl, dem wichtigsten Schmierstoff der kapitalistischen Weltwirtschaft. Es ist auch von großer geostrategischer Bedeutung. In der Nähe zu Russland und China ist es für die USA überlebenswichtig, dort ein Macht- und Bedrohungspotential zu etablieren.

China ist der einzig verbliebene große Weltmarktteil, der noch nicht vollständig vom imperialistischen Kapital durchdrungen ist. In den letzten Jahren haben die EU und Deutschland - die strategisch gefährlichste Rivalen des US-Imperialismus dort wie auch im Nahen Osten an wirtschaftlichem Einfluß gewonnen.

Im letzten Jahr stieg beispielsweise der deutsche Export nach Saudi Arabien um 14% auf 3,4 Mrd. Euro, während der US-amerikanische um 20% fiel. In anderen Golfstaaten ist der Trend ähnlich. Wegen ihrer restriktiven Politik in dieser Region haben sich die USA den Zugang zu den dortigen Märkten (z.B. Irak, Iran) selbst verbaut. Nun hoffen sie, per Waffengewalt ihre Position zu verbessern.

Die rot/grüne Außenpolitik versucht, mit ihrem auf "Partnerschaft" statt auf Konfrontation ausgerichteten Vorgehen, die Probleme ihres Hauptkonkurrenten USA auszunutzen.

Auch das Verhalten Frankreichs, Russlands und Chinas ist vor allem wirtschaftlichen Interessen geschuldet, nicht etwa größerer Humanität. Im Falle Russlands sei nur an dessen Vernichtungsfeldzug in Tschetschenien erinnert!

Diese Staaten haben wie Deutschland auch mit Saddams Regime umfangreiche Wirtschaftsverträge und Ölförderrechte vereinbart, die durch einen Sieg Amerikas in Gefahr geraten. Schon jetzt beklagt sich sogar Bushs Kompagnon Britannien darüber, dass die USA Aufträge nur an US-Firmen vergeben wollen, so z.B. an den Konzern Halliburton, wo - welch Zufall - US-Vize-Präsident Cheney früher Chef war.

Kriegsziele

Der anglo-amerikanische Feldzug hat jedoch noch einen anderen Effekt. Bush versucht damit, einerseits den Einfluss der UNO zurückzudrängen und sich von lästigen Bündnisverpflichtungen möglichst frei zu halten. Dafür riskiert er sogar das Zerbrechen der NATO.

Dabei geht es auch darum, einen Keil in den sich formierenden imperialistischen EU-Block zu treiben. Am Beispiel Britanniens und Spaniens sieht man, das die US-Strategie momentan durchaus erfolgreich ist. Das Projekt EU steht insofern vor einer ernsten Herausforderung. Die Alternativen sind klar: entweder gelingt es Deutschland und Frankreich, um sich die EU zu einem festeren und einheitlicheren Block zu formieren oder aber die Staaten der EU driften wieder weiter auseinander.

Eines ist jedoch klar: die Jahrzehnte eines relativ "harmonischen" Miteinanders des Imperialismus unter Führung der USA gegen den Ostblock ist vorbei.

Die innerimperialistischen Gegensätze werden zunehmen. Im Gefolge davon wird sich zugleich der Kampf um Weltmarktanteile und um Rohstoffe zuspitzen. Anstatt einer "Weltordnung von Frieden, Wachstum und Wohlstand", die schon nach dem Zusammenbruch des Ostblocks ausgerufen worden war, wird die Erde noch stärker von Konflikten, Krisen und Kriegen verheert werden als zuvor!

Falsche Freunde

Das Problem der KurdInnen und das Eingreifen der Türkei zeigen sehr deutlich, wie der Irak zum Spielball der Interessen verschiedener Staaten und Blöcke wird und die Welt immer mehr einem gordischen Knoten von - im Kapitalismus! - unlösbaren Problemen ähnelt.

Während die KurdInnen bzw. deren bürgerlich-reaktionäre Führer sich durch die US-Invasion und den Sturz Saddams einen eigenen Staat erhoffen, wollen sowohl die USA als auch die Türkei diesen auf jeden Fall verhindern. Die Niederschlagung entsprechender praktischer Schritte der KurdInnen durch die Türkei brächte aber ein Riesenproblem für Europa hinsichtlich der Aufnahme der Türkei in die EU.

Eines ist aber sicher: egal, welche Lösung der Imperialismus durchsetzt - ein Kurdenstaat ist dabei nicht vorgesehen.

Die Bewegung gegen den Irakkrieg ist größer als jede andere vor Beginn eines imperialistischen Krieges. Sie hat ein riesiges Kampfpotential.

Doch sie leidet gleichzeitig unter Illusionen in den Pazifismus, in die "Friedenspolitik" von Rot/Grün und unter einer reformistischen Führung.

Spätestens seit Ausbruch des Krieges ist klar geworden, dass weder UNO noch Schröder bereit waren, die Kriegstreiber in Washington und London zu stoppen.

Die UNO - die "Institution der Völkergemeinschaft" - ist lediglich eine diplomatische Bühne der Ausbeuterregierungen dieser Welt. Statt Demokratie gilt das Prinzip des Stärkeren. Statt Mehrheiten entscheidet das Vetorecht der ständigen Sicherheitsratsmitglieder. Die UNO hat sich als unbrauchbar erwiesen, Bushs Krieg zu verhindern. Das Veto seiner imperialistischen Konkurrenten wurde von Bush einfach ignoriert!

Die UNO ist vielmehr selbst ein Instrument zur imperialistischen Beherrschung des Irak durch Waffenkontrollen, Embargos und Flugverbote! Die "Friedenspolitik" der UNO hat den Irak und sein Volk jahrelang militärisch und ökonomisch stranguliert und gewissermaßen "sturmreif" für Bushs Intervention gemacht.

Die UNO-Maßnahmen haben dem irakischen Volk keinen Deut dabei genutzt, sich von der Diktatur Saddams zu befreien. Der Irak - früher eines der am meisten entwickelten und säkularsten Staaten der Region - ist heute das Armenhaus des Nahen Ostens.

Wie zynisch ist es, wenn Blair die hohe Kindersterblichkeit im Irak, die Ergebnis des UNO-Embargos ist, als Grund anführt, den Irak zu "befreien" - zudem Krieg ja auch ein bekannt gutes Mittel gegen Kindersterblichkeit ist!

Dass eine Schülerin auf einer Demo meinte, "man müsste Bush und Blair an einem Panzer fest binden und in die vorderste Linie schicken", ist da wohl nicht verwunderlich!

Kann sich die Antikriegsbewegung auf die Bundesregierung verlassen? Nein! Schröder und Fischer sind zwar gegen Bushs Feldzug, doch nicht aus "Friedenssehnsucht".

Jede Regierung ist die "politische Geschäftsführung" ihres nationalen Kapitals. Regierungen handeln weder "unvernünftig" noch "arrogant", wie uns die Pazifisten immer wieder einreden wollen. Sie setzen lediglich die Profitinteressen ihrer Bourgeoisie politisch und militärisch um - diese Interessen stehen freilich in Konkurrenz zu einander, daher auch die verschiedenen politischen Strategien.

Friedenspolitik für den Krieg

Wie "friedlich" die deutsche Politik ist, zeigt sich daran, dass sie nichts, aber auch gar nichts unternommen hat, die Mobilisierung amerikanischer und britischer Truppen in Deutschland zu verhindern. Im Gegenteil: die Bundeswehr steht in Afghanistan und hält den USA den Rücken frei; Deutsche sitzen in Awacs-Maschinen, Matrosen der Bundesmarine sichern am Horn von Afrika den Operationsraum der US Navy.

Mehr noch: deutsche Soldaten und Bullen schützen US-Basen vor KriegsgegnerInnen!

Die "Friedenspolitik" von Schröder und Fischer ist nichts anderes als - Beihilfe zum Völkermord!

So verwundert auch nicht die Schlussfolgerung des ex-Pazifisten Joschka Fischer aus dem Irak-Konflikt: mehr Ausgaben für Militär und Rüstung, um den militärischen Rückstand zu den USA aufzuholen!

Warum? Damit sie beim Kampf um die Pfründe des Weltmarktes mitmischen können, wenn anstelle der Lackschuhe der Diplomaten die Militärstiefel gefragt sind.

Um diese Ziele umsetzen zu können, führen sie genau wie Bush auch einen Krieg nach innen: gegen Sozialleistungen, gegen Gesundheitswesen und Renten, gegen Arbeitslose, gegen Löhne und Tarifstandards.

Es ist widerlich, mit ansehen zu müssen, wie die geplante Besetzung und Ausplünderung des Irak noch als "Wiederaufbau" ausgegeben wird. Erst raubt man dem Irak das Öl, dann bezahlt man mit den Erlösen aus dem Öl-Verkauf die Nachkriegsinvestitionen.

Bisher ist kein Beispiel bekannt, dass es dem Volk eines Landes nach Krieg und Wieder"aufbau" durch den Imperialismus besser gegangen wäre als vorher!

Diese rot/grünen Heuchler sind nicht unsere Verbündeten - sie sind unsere Gegner!

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Nr. 79, April 2003

*  Nieder mit dem Imperialismus! Sieg dem Irak!
*  Antikriegsbewegung: Den Krieg stoppen - aber wie?
*  Antikriegskomitee Neukölln
*  Heile Welt
*  Debatte: Generalstreik gegen Krieg
*  Türkei: Ankaras Ambitionen
*  Russland: Ölboom und Lohndumping
*  Argentinien: Keine Räumung von Zanon!
*  Nach dem Bahnstreik: Schwellenkampf
*  Wirtschaft: Woher kommt die Krise?
*  Michael-Moore-Film: Bowling against Bush
*  Rot-Grüner Generalangriff: Schröders Reformkeule