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Österreich

Rechtsruck als Abstrafung der Sozialdemokratie

Korrespondent Wien, Neue Internationale 133, Oktober 2008

Im Folgenden veröffentlichen wir eine erste Einschätzung des Ergebnisses der vorgezogenen Nationalratswahl, die noch am Wahlabend, 28. September, von österreichischen GenossInnen erstellt wurde. Die Liga der Sozialistischen Revolution (LSR), die Schwesterorganiation der Gruppe Arbeitermacht, wird demnächst eine ausführlichere Einschätzung des Wahlergebnisses und der sich daraus ergebenden politischen Perspektiven erarbeiten, die auf www.arbeitermacht.de veröffentlicht werden.

Ohne Auszählung der Brief-Wahlkarten lautet das Ergebnis der vorgezogenen Neuwahlen (in Klammern die Ergebnisse von 2006): SPÖ: 29,7% (-5.6%), ÖVP 25,6% (-8.7), FPÖ: 18,0% (+7), BZÖ: 11% (+6.8), Grüne: 9,8% (-1.2), KPÖ: 0,77% (-0,24), LINKE: 0,04%. Die Wahlbeteiligung lag bei 71,48% (2006: 78,49), wobei diese Zahl aufgrund der Wahlkarten noch zunehmen wird.

Was sind die wesentlichsten Lehren der Wahlen?

a) Die traditionelle Herrschaftsform des Kapitalismus in Westeuropa - der bürgerliche Parlamentarismus - ist in einer Krise. Die etablierten Parteien, die alle Instrumente der herrschenden Klasse sind, und ihre Politik verlieren zunehmend an Glaubwürdigkeit.

b) Die Führungskrise der Arbeiterklasse verschärft sich. Die SPÖ - als die nach wie vor dominierende Partei in der Arbeiterbewegung - geht zunehmend nach rechts, verliert an Unterstützung und untergräbt mit ihrer Politik die Kampffähigkeit der Arbeiterbewegung. Daher suchen immer mehr ArbeiterInnen nach einer politischen Alternative. Daher tritt die LSR für den Aufbau einer neuen Arbeiterpartei auf revolutionärer Grundlage ein.

c) Das Fehlen einer solchen Arbeiterpartei gibt den rassistischen Hetzern von FPÖ und BZÖ die Möglichkeit, sich als populistische Schein-Alternative zur SPÖ zu profilieren und zu stärken. Der Rechtsruck bei den Wahlen ist eine Abstrafung für die sozialdemokratische Politik und eine Warnung an die gesamte Arbeiterklasse.

Das Antreten der LINKEN

Das Ergebnis des Wahlbündnisses LINKE, an dem sich die LSR und die Jugendorganisation REVOLUTION von Beginn an beteiligten, ist von der Stimmenanzahl mit 1.898 Stimmen bzw. 0.04% ein klarer Misserfolg.

Wir traten in 5  Bundesländern an und erreichten folgende Ergebnisse: Wien: 913 Stimmen (0,13%); Salzburg: 218 (0,08); Tirol: 324 0,1); Oberösterreich: 311 (0,04); Burgenland: 111 (0,06).

Dies spiegelt einerseits die natürlichen Schwierigkeiten eines Bündnisses wieder, das erst 10 Wochen vor der Wahl gegründet wurde. Andererseits muss auch darauf hingewiesen werden, dass Programm, Politik und Gestaltung des Wahlkampfes der LINKE links-reformistisch war und nur sehr wenig Aufmerksamkeit in der Öffentlichkeit erregte.

Wir meinen trotzdem, dass es richtig war, in die Krise der SPÖ mit einem eigenen Wahlantritt zu intervenieren. Es zeigt sich aber, dass die betonte politische Harmlosigkeit und Inhaltsleere (z.B. Plakate „Die kannst Du wählen“), mit der sich die LINKE-Mehrheit nach außen präsentierte, eine Sackgasse war. Das zeigt eindeutig, dass eine Alternative zur SPÖ nur als eine klassenkämpferische, revolutionäre gebraucht wird.

Der Wahlkampf der LSR

Für die LSR, die das erste Mal bei Wahlen antrat, war der Wahlkampf eine sehr lehrreiche und erfolgreiche Erfahrung. Wir konnten einige zentrale revolutionäre und für unterdrückte Schichten bedeutende Losungen einer breiteren Öffentlichkeit bekannt machen: “Enteignung der Oberen Zehntausend!”, “Enteignung der Superreichen!, Verstaatlichung der Banken und Konzerne unter Kontrolle der Beschäftigten!” sowie “Für das Recht auf Muttersprache in Schule und Ämtern!” Vor allem über die Enteignungslosung - die von der LSR-Sprecherin und LINKE-Kandidatin Nina Gunic bei der Pressekonferenz am 22.7. vorgestellt wurde, sorgte für ein breiteres Medien-Echo wiedergegeben wurde - gelang es uns, eine Kampfansage an die Herrschaft des Monopolkapitals in einer Zeit der schamlosen Umverteilung von unten nach oben auszusprechen.

Wir haben somit klar gemacht, dass wir nicht nur die neoliberale Variante des Kapitalismus, sondern auch das Privateigentum und die Bereicherung der Kapitalisten durch Ausbeutung fremder Arbeit insgesamt ablehnen. Bei unseren wöchentlichen Straßenkundgebungen in Wien-Favoriten, bei unseren Interventionen in Schulen usw. konnten wir auch eine Reihe von Menschen für die Kandidatur der Liste LINKE und für die LSR interessieren.

Perspektive

Der Aufbau einer revolutionären Vorhutorganisation und eine Umorientierung der LINKEN sind umso wichtiger angesichts der kommenden Herausforderungen der ArbeiterInnenbewegung. Die Weltwirtschaft schlittert gerade in eine tiefe Rezession.

Vor diesem Hintergrund wird die herrschende Kapitalistenklasse noch schärfere Angriffe gegen unsere sozialen und demokratischen Errungenschaften fahren. Hinzu kommt die Gefahr, die von den gestärkten rassistischen Hetzern ausgeht. Egal, welche Regierungskoalition gebildet wird: die kommende Regierung wird eine Regierung des Klassenkrieges von oben sein.

Die LSR wird für eine Perspektive des Klassenkampfes von unten gegen Entlassungen, Sozialabbau und Rassismus stehen und sich aktiv an Protesten beteiligen. Darüber hinaus muss jedoch auch verstanden werden, dass diese Kämpfe mit einem Kampf für den revolutionären Sturz des Kapitalismus verbunden werden müssen. Lässt ein Programm dieses zentrale Element aus und spricht stattdessen nur von den prinzipiellen Vorzügen einer sozialistischen Gesellschaft, so können auch nie adäquate Kampforgane für diese Umwandlung der Gesellschaft aufgebaut werden.

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Nr. 133, Okt. 2008
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