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Lidl-Skandal

Einzelfälle mit System

Helga Müller, Neue Internationale 128, April 2008

Ende März ist bekannt geworden, dass Lidl seine MitarbeiterInnen in vielen Filialen systematisch überwacht. Der Aufschrei über diese Geschäftspraktiken und die Forderung nach rechtlichen Konsequenzen war - angefangen bei ver.di über die Datenschutzbeauftragten bis hin zur Politik - groß.

Viel zu befürchten hat Lidl aber kaum, da - obwohl eindeutig der Datenschutz und das Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit der einzelnen MitarbeiterInnen verletzt wurden - die rechtlichen Sanktionen gering sind.

Nach den Erfahrungen, die ver.di und die betroffenen KollegInnen bei dem Versuch, Betriebsräte in diversen Lidl-Filialen zu etablieren, machen, sind Gewerkschaftssekretäre von ver.di nicht sonderlich über diese Vorgehensweise der Lidl-Geschäftsführung überrascht. Sie betonen zwar, dass dies eine neue Qualität der Mitarbeiterschikane darstellt, aber in das System der Mitarbeiterführung von Lidl gut passen würde.

Vollkommen zurecht betonen sie, dass diese Praktiken mit dem ruinösen Preisunterbietungskampf unter den Billigdiscountern zusammenhängt. Die Waren müssen möglichst billig angeboten werden. Lidl hat dies immer schon besonders „konsequent“ umzusetzen versucht: mit Teilzeit- und geringfügiger Beschäftigung, lange mit der Verweigerung der Auszahlung von Überstunden und mit der Verhinderung der Etablierung von Betriebsräten.

Es sollte bewußt eine Atmosphäre erzeugt werden, die noch die letzten Versuche der MitarbeiterInnen, sich gegen miese Arbeitsbedingungen zur Wehr zu setzen, im Keim erstickt.

Mittlerweile wurde bekannt, dass auch in anderen Discountern diese Praktiken üblich sind, also ein allgemeines Phänomen im „globalisierten“ Kapitalismus darstellen.

Die "Konsequenz" von ver.di

Ver.di ruft die KollegInnen auf, gegen Lidl zu klagen und bietet auch für Nicht-Gewerkschaftsmitglieder Beratung an. Von der Lidl-Geschäftsführung fordert sie, einen Tarifvertrag zur Bildung von Betriebsräten abzuschließen. Angesichts der angeprangerten Praxis durch Lidl ein Vorgehen, das bei der Lidl-Geschäftsführung sicherlich nur ein müdes Lächeln hervorrufen wird.

Stattdessen wäre es notwendig, die Kunden und die Beschäftigten zu gemeinsamen Aktionen gegen Lidl aufzurufen.

Organisierung eines Kauf-Boykotts von Lidl und

Organisierung von öffentlichen Aktionen (ver.di und die Beschäftigen im Handel haben schon öfter bewiesen, dass sie dazu in der Lage sind) bis hin zu Streiks.

Derzeit laufen ja im Einzelhandel Streiks, die auf Lidl ausgeweitet werden müssten. Dieser Druck könnte Lidl und anderen  Discountern unmissverständlich zeigen, dass solche Geschäftspraktiken nicht toleriert werden. Über diese Initiative könnten auch Betriebsräte durchgesetzt und Vertrauensleutestrukturen etabliert werden.

Zugleich müsste eine Diskussion darüber eröffnet werden, dass es notwendig ist, Unternehmen mit solchen Praktiken entschädigungslos zu enteignen, zu verstaatlichen und unter Aufsicht der Beschäftigten und KonsumentInnen weiterzuführen.

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Nr. 128, April 2008
*  Ver.di-Tarifabschluss: Etwa Geld, viele Kröten
*  Tarifrunde Öffentlicher Dienst: Die Linken und der Streik
*  Berlin: Rot-rote Vorkämpfer der sozialen Gerechtigkeit?
*  Lidl-Skandal: Einzelfälle mit System
*  Heile Welt
*  Berliner Schulen: Mathe, Bio - Streik!
*  Zum Klassencharakter von SPD und DIE LINKE: Marxismus oder Empiriodogmatismus
*  Sri Lanka: Arbeiterbewegung, Krieg und Krise
*  Liga für die Fünfte Internationale: Aufbau in Asien
*  Tibet: Nationale Frage und Klassenkampf
*  Afghanistan: Ein weiterer Irak?