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Antirassismus

Refugees welcome! Gegen Pegida, AfD und staatlichen Rassismus!

Flugblatt der Gruppe Arbeitermacht, Infomail 848, 6. November 2015

Kein Tag vergeht ohne neue Meldungen von Brandanschlägen auf Flüchtlingsunterkünfte. In der ganzen Republik finden sich derzeit Rassisten und Nazis zusammen, um ihre „Willkommenskultur“ darzustellen. Da gibt es Blockaden in Freital oder anonyme Brandstifter, die bundesweit dafür sorgen, dass schon jetzt die Zahl der Anschläge mit rassistischem Hintergrund die Zahlen vom Jahr 2014 übertroffen wird.

Gleichzeitig sind rassistische und populistische Bewegungen aktiv: die verschiedenen „Gidas“ mit der Pegida-Dresden an der Spitze, wie auch die AfD-Demos in Thüringen, welche jetzt auch nach Brandenburg und Berlin ausgeweitet werden. Dazu finden sich im Bundesgebiet einige Gida-Ableger mit jeweils dutzenden oder hunderten geistigen Anstiftern, eine „Hogesa“-Plattform aller gewaltbereiten Nazi-Hooligans, die teilweise Tausende versammeln kann - es droht die Entstehung einer bundesweiten rechtspopulistischen und rassistischen Massenbewegung.

Der staatliche Rassismus

Jahrelang wurde uns erklärt, warum welcher Muslim möglicherweise ein Islamist/Salafist/Dschihadist sein könnte. Diese Spielart des Rassismus wird vor allem seit dem 11.9.2001 betrieben und lässt heutige CDU/CSU-Abgeordnete warnend anmerken, dass unter den syrischen Flüchtlingen ja versteckte IS-„Schläfer“ sein könnten. Dass diese Menschen vor einem schrecklichen Bürgerkrieg fliehen und vor einem „steinzeitlichen“ Religionsverständnis des IS, brauchen die Regierungsabgeordneten nicht zu wissen; es reicht, die Hetze und Verleumdung erst mal in die Presse gebracht zu haben.

Noch länger wurde von staatlicher Seite davor gewarnt, dass Flüchtlinge aus sozialen Gründen nach Deutschland kommen könnten. Schon 1993 wurde das Asylrecht deswegen massiv eingeschränkt, die damalige und heute wieder aktuelle Losung der Rechtsradikalen hieß „Wirtschaftsflüchtlinge stoppen“! Gearbeitet wurde mit Sozialneid und (a)sozialer Hetze - nichts anderes betreibt heute auch die Bundesregierung, wenn auch in verschiedenen Schattierungen.

So vertritt auch die „Willkommenskanzlerin“ Merkel diese Trennung der Flüchtlinge. So soll den aktuellen Kriegsflüchtlingen solange geholfen werden, bis auch diese wie aktuell die afghanischen Flüchtlinge ausgewiesen werden können. Für alle anderen gelten dann die verschärften Abschiebebedingungen, die mit dem verlogenen Begriff „sichere „Herkunftsländer“ der Öffentlichkeit präsentiert werden. Sicher wäre dann z.B die Türkei, wo Präsident Erdogan einen Krieg gegen das kurdische Volk führt, wo politisch missliebigen Oppositionellen Folter, Gefängnis oder gar Tod droht. Sicher sind seit Monatsabeginn auch Staaten wie Montenegro und Kosovo, in denen speziell die Roma und Sinti weder staatlichen Schutz vor Repression genießen noch (wie in vielen osteuropäischen Staaten) überhaupt eine soziale Perspektive haben. Diese Politik von Merkel wird auch von weiten Teilen des linksliberalen Bürgertums und seiner Presse gefeiert, wie auch SPD und Grüne völlig willfährig der Kanzlerin folgen.

Gleichzeitig sichert die CSU sich nach rechts ab: schließlich vertritt die AfD in vielen Punkten ein nationalkonservatives „Law and Order“-Programm - dieses „Thema“ wollen Seehofer und Innenminister de Maizière nicht Rechtspopulisten überlassen.

Über die Wiederaufrüstung von deutschen Grenzen wird aktuell fabuliert wie auch sich besorgt über die Lage der Kommunen geäußert und gleichzeitig mantra-artig wiederholt wird, dass „wir“ ja nicht alle aufnehmen können.

So präsentieren sich ein Flügel der bürgerlichen Parteien und manche KapitalvertreterInnen als „Freunde der Geflüchteten” - obwohl sie alle Gesetzesverschärfungen gemeinsam mit der CSU beschlossen haben. Beim Streit in der Regierung geht es nicht um Rassismus versus Anti-Rassismus, sondern vielmehr um die Form und Ausgestaltung einer Selektion.

Gegen die soziale Spaltung!

Inzwischen haben sich auch verschiedene Kapitalvertreter geäußert, wie sie sich die Integration der Flüchtlinge vorstellen. Ex-Superminister Clement oder Ifo-Chef Sinn wollen den Mindestlohn für Flüchtlinge aushebeln, Finanzminister Schäuble fordert Einsparungen von allen Bundesressorts aufgrund der zusätzlichen Leistungen. Dies zeigt deutlich, wie sich der deutsche Imperialismus Integration vorstellt, nämlich indem verschiedene Schichten der ArbeiterInnenklasse und von Deklassierung bedrohte Teile der „Mittelschichten” unter- und gegeneinander in Stellung gebracht werden. Dies ist bereits historisch bekannt: wie z.B die sog. „GastarbeiterInnen“ jahrzehntelang bis heute in vielen Bereichen für weniger Lohn arbeiten dürfen und auch die ersten sind, welche bei der nächsten Krise entlassen werden.

Integration im Kapitalismus bedeutet derzeit, den Arbeitslosen und Niedriglöhner gegen die Flüchtlinge in Stellung zu bringen. Dies ist zugleich die Saat, auf der die Rassisten und Faschisten ihre Agitation aufbauen. Denn natürlich gibt es viele Arme in der BRD, viele Renten und Niedriglöhne, die nicht zum Überleben reichen, und einen Hartz-IV-Satz, welcher die minimale Existenzgrundlage in dieser Gesellschaft ausgelotet hat.

Das ist auch der Grund, warum sich zunehmende rassistische Hetze wie auch staatlicher Rassismus nicht durch moralische Formeln bekämpfen lassen. Deswegen brauchen wir nicht nur einen „Aufstand der Anständigen“ oder gar die Verteidigung der „Demokratie“ oder „unserer Werte” - von leeren Worthülsen eines Systems, das auf Spaltung, Ausbeutung und Unterdrückung aufgebaut ist, dessen „Anstand“ und „Wert” täglich beim mörderischen Grenzregime an den EU-Außengrenzen und den Interventionen des deutschen Imperialismus - von Afghanistan über den Nahen Osten bis zur Ukraine - offen zu Tage treten. Antirassismus und Antifaschismus sind daher vom Klassenkampf nicht zu trennen. Wir brauchen einen antifaschistischen und antikapitalistischen Widerstand gegen den braunen Mob, der sich nicht auf heuchlerische Phrasen, sondern auf das Bündnis jener stützt, die als MigrantInnen, Flüchtlinge, Lohnabhängige von dem fortschreitenden Rassismus, wenn auch auf verschiedene Weise, bedroht sind.

Lichterketten, Mahnwachen und „Bunt statt Braun"-Events sind allenfalls ein erster Schritt, wenn wir die entstehende rechte Massenbewegung stoppen wollen. Sie sind meistens aber eher ein Hindernis, wenn die „Demokraten“ - am besten von der Linkspartei bis zur CDU - nur eine Spielart rassistischer Ideologie anprangern. Während diese Demokraten zwar gegen „Brandstifter” wie AfD und Pegida „aufstehen”, weigern sie sich, konsequent und militant gegen diese vorzugehen, verweigern sie konsequent den Kampf gegen alle Einreisebeschränkungen, scheuen sie konsequent davor zurück, die herrschende Klasse, die Unternehmer, zu zwingen, für tariflich bezahlte Arbeitsplätze und ausreichenden, menschenwürdigen Wohnraum für alle, d.h. auch alle Flüchtlinge und MigrantInnen, zu zahlen. Das alles ist kein Wunder. Schließlich lassen sich die Fluchtursachen nicht im Bündnis mit der Kapitalistenklasse und dem imperialistischen Staat bekämpfen, die für jenes System stehen, das überhaupt erst für die Ursachen von Flucht und Vertreibung hervorgebracht hat.

Für eine antifaschistische Einheitsfront der ArbeiterInnenbewegung!

Um eine breite anti-rassistische Bewegung aufzubauen, die sich sowohl gegen rechte Hetze und Schläger wie gegen staatliche Selektion wendet, müssen wir uns auf jene Klasse, auf jene gesellschaftliche Kraft stützen, welche objektiv ein Interesse an der Verteidigung des Mindestlohns und der Überwindung der Spaltung der Lohnabhängigen zwischen Flüchtlingen und „Einheimischen” hegt.

Entschlossener Schutz der Betroffenen, die Bildung von Selbstverteidigungsgruppen gegen Überfälle, die Flüchtlinge wie AnwohnerInnen organisieren, sind kein Gegensatz zum Aufbau einer Massenbewegung, sondern vielmehr dessen Ergänzung.

In allen Städten, Bezirken, an Schulen und Unis, vor allem aber in Betrieben sollten anti-rassistische Aktionskomitees gebildet werden, die allen offenstehen. Eine besondere Bedeutung kommt dabei den zahlreichen UnterstützerInnen-Initiativen zu, die solcherart ihre Basis erweitern können. Eine entscheidende Bedeutung kommt aber auch den Massenorganisationen der ArbeiterInnenklasse, den Gewerkschaften mit ihren sechs Millionen Mitgliedern wie auch den AnhängerInnen und UnterstützerInnen von SPD und Linkspartei zu.

Auch wenn wir kein Vertrauen in die Politik von SPD und sozialdemokratischen Gewerkschaftsführungen haben dürfen, die letztlich immer Verschärfungen der Asylgesetze zugestimmt haben, auch wenn die Praxis der Linkspartei an den Regierungen davon wenig unterscheidbar ist, so ist es auch kaum vorstellbar, wie eine Massenbewegung gegen Rassismus ohne die Mitglieder und AnhängerInnen dieser Kräfte aufgebaut werden kann. Daher fordern wir die Gewerkschaften und die Parteien, die sich sozial auf die Lohnabhängigen stützen, auf, aktiv gegen die rassistische Gefahr zu kämpfen. Wo Sozialdemokraten eine Besteuerung der Reichen fordern oder ein 40-Milliarden-Programm für Geflüchtete, sagen wir: „Taten wollen wir sehen, nicht bloß Worte - und zur Durchsetzung dieser Versprechen sind wir gerne bereit, mit Euch zu kämpfen!“

Entscheidend ist für einen Zusammenhang daher, auf welcher Basis, auf welcher Grundlage wir gemeinsam agieren.

Als Gruppe Arbeitermacht haben wir mit der Jugendorganisation Revolution einen Aufruf in der radikalen und sozialistischen Linken gestartet, um die Kräfte der Linken zu bündeln. (http://www.arbeitermacht.de/ni/ni203/aktionseinheit.htm)

Zusammen müssen wir Initiativen in die Gewerkschaften reintragen, die Gewerkschaftslinken zu diesem Thema aktivieren und für die Solidarität mit den Geflüchteten eintreten. Gemeinsam könnten wir darstellen, dass Solidarität eben nicht endet bei Nationalitäten, Religionen oder Geschlechtern, sondern dass die ArbeiterInnenbewegung gemeinsam gegen Rassismus, Faschismus und das dahinter stehende kapitalistische System kämpfen kann.

Dafür schlagen wir folgende Losungen und Forderungen vor, welche im Kampf gegen Rassismus und Spaltung für uns drängend sind:

Volle Staatsbürgerrechte für Alle! Kein Mensch ist illegal!

Keine Grenzkontrollen, volle Bewegungsfreiheit für alle Geflüchteten!

Nein zur Festung Europa! Abschaffung des Grenzregimes und aller Einreise- und Aufenthaltsbeschränkungen! Für offene Grenzen!

Nein zu den menschenunwürdigen Lagern! Enteignung leerstehenden Wohnraums zur Unterbringung von Geflüchteten! Öffentlicher sozialer Wohnungsbau statt Privatisierung - finanziert aus Unternehmensprofiten und Besteuerung der Reichen, kontrolliert von Gewerkschaften und MieterInnenkomitees!

Für das Recht auf Arbeit für alle Geflüchteten! Für die Verteidigung des Mindestlohns! Aufteilung der Arbeit auf alle bei vollem Lohn- und Personalausgleich!

Recht auf Selbstverteidigung gegen Polizeigewalt, rassistische und faschistische Angriffe! Massenmobilisierungen, um faschistische und rassistische Kräfte (Hogesa, Pegida, AfD etc.) zu stoppen!

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Nr. 204, November 2015
*  Einheit und Perspektive: Für eine anti-rassistische Massenbewegung
*  Verschärfung des Asylrechts: Refugees welcome, aber nicht in Europa
*  Massendemonstration gegen TTIP: Wie weiter gegen die Wirtschafts-NATO?
*  Konferenz zu Streikrecht und Union-Busting: Was tun gegen neue Angriffe?
*  VW-Skandal: Grenzwerte und Systemgrenzen
*  Syrien: Der Krieg, seine regionalen und globalen Auswirkungen
*  Neuwahlen in der Türkei: AKP bombt sich zurück zur Alleinregierung
*  Vorwahlen zur US-Präsidentschaft: Bernie Sanders for President?
*  60 Jahre Bundeswehr: Alter Zopf und neuer Zoff
*  Veranstaltungsreihe: Griechenland nach den Wahlen
*  Marxistisches Forum in Berlin: Ideen unter Feuer
*  Politische Perspektive: Krise der EU - Krise der Linken?!