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Daimler-Bremen

Unruhe breitet sich aus

Bruno Tesch, Infomail 807, 7. März 2015

Auf einer Veranstaltung in Hamburg berichteten 2 Betriebsräte vom Daimler-Werk in Bremen über die Zuspitzung von Ereignissen in ihrem Betrieb. Beide sind seit über 30 Jahren im Werk beschäftigt und gehören einer oppositionellen Betriebsgruppe an, die 7 von 39 Betriebsräten im Unternehmen umfasst.

Aktionen

Bereits 2013 kam es bei Daimler in Bremen zu 4 kleineren, aber kompakten spontanen Streiks, doch wie meist, so auch hier: so schnell sie ausbrachen, so rasch fielen diese spontanen Kampfmaßnahmen auch wieder in sich zusammen und konnten die Firmenpolitik der Fremdvergaben nicht verhindern. Im Herbst 2014 flammte der Unmut der Belegschaft wieder auf, als die Werksleitung 79 Stammbeschäftigten willkürlich kündigte und 46 LeiharbeiterInnen ‚abmeldete’, wie es in der Zeitarbeitsbranche heißt.

Die Proteste erreichten, dass die Kündigungen für die StammarbeiterInnenschaft abgewendet werden konnten, nicht jedoch die der LeiharbeiterInnen. Für weiteren Konfliktstoff sorgte die Ankündigung der Bosse, Zusatzschichten zu fahren, was die Einführung des Samstags als Regelarbeitstag bedeutet hätte. All dies wurde vom Weserbezirk der Industriegewerkschaft Metall und dem Betriebsratsfürsten Peters abgenickt bzw. den KollegInnen auf Betriebsversammlungen ‚untergejubelt’.

Daraufhin kam es, angeleitet von der Betriebsrats-Oppositionsgruppe, im November und Dezember 2014 zu massiven Ausständen mit Beteiligung von weit über 1000 Beschäftigten in Tages- und Nachtschicht. Die Manager reagierten mit 761 Abmahnungen und Verhörmethoden, gefälschten Aussagen, Anstiftung zu Denunziationen und Entlassungsdrohungen, die jedoch nicht fruchteten, da die erfahrenen KollegInnen den übrigen mit auf den Weg gaben, wie sie sich bei den Verhören durch die Geschäftsführung zu verhalten hätten: „ich habe nichts gesehen, nichts gehört und niemanden erkannt“.

Wie soll es weitergehen?

In 2 Wochen findet eine Betriebsversammlung statt, wo weitere Maßnahmen abgestimmt werden sollen. Es soll eine Massenklage gegen die Abmahnungen vorbereitet werden. Auch ein Solifonds soll aufgelegt werden, zunächst jedoch muss die IG Metall aufgefordert werden, die Verfahrenskosten zu übernehmen. Die Kunde von den Vorfällen in Bremen hat sich schnell verbreitet. Es sind bereits Grußadressen von Belegschaften aus Daimler-Werken in aller Welt eingetroffen, auch von einer ver.di-Abteilung in Bremen.

Ein Versuch der Betriebsratsgruppe, eine Vertrauensleutekörper-Konferenz aller deutschen Daimler-Standorte zustande zu bringen, ist 2014 zunächst einmal gescheitert. Die Begründung für die ablehnende Haltung der angefragten Körperschaften war: eine Konferenz mit 6000 Vertrauensleuten könne unmöglich organisiert werden (?!).

Schwierigkeiten und Gründe für das Fehlen eines gemeinsamen und koordinierten Vorgehens sind: der unglaubliche Konkurrenzdruck in der Automobilindustrie insgesamt, der einzelnen Standorte gegeneinander, die legalisierte Abschottung der Belegschaften innerhalb der Standorte in Tag- und Nachtschicht, Stammbeschäftigte und LeiharbeiterInnen – sogar bis zum Verbot auf Werksgelände miteinander zu sprechen – und natürlich die willigen Agenten der Bourgeoisie innerhalb der Klasse in Gestalt der Gewerkschafts- und Betriebsratsführungen.

Neben der unmittelbaren Aufgabe, die Abmahnungen nichtig zu machen, stehen 3 Ziele im Vordergrund: Ablehnung aller Fremdvergaben, Verbot von Leiharbeit – die ist ja pikanterweise 1973 mitten im paradiesischen Sozialstaat unter Brandt gesetzlich erlaubt worden – und keine Einschränkung des Streikrechts.

Mit dieser Maßgabe setzen die Betriebsrats-Kollegen aus Bremen ihre Rundreise zu anderen Daimler-Standorten fort. Mit dem Rückenwind einer erhöhten öffentlichen Aufmerksamkeit und dem Gewicht des Unternehmens sind die Chancen günstiger als im Fall Neupack, eine stärkere tätige Solidarität zu bekommen, die sich auch auf andere Gewerkschaftsbereiche erstreckt. Das würde auch den Druck auf die Gewerkschaftsführungen verstärken, ihre Politik der Obstruktion und Ignoranz aufzugeben. Unter diesen Voraussetzungen könnte der Gedanke an eine Konferenz von Betriebsräten, Vertrauensleuten und oppositionellen Gruppen wieder aufgegriffen werden.

Solidarität mit Daimler-KollegInnen!

Samstag, 14 März, 15:00 Uhr, im DIDF-Vereinslokal, Borsigstr. 5, 70469 Stuttgart-Feuerbach

Veranstaltung des Zukunftsforums Stuttgart zusammen mit DIDF

Mit

Gerwin Goldstein (BR Daimler-Bremen)

Gerhard Kupfer (ehemals BR Daimler-Bremen – jetzt in ATZ)

Serdar Derventli (DIDF-Bundesvorstand)

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