Arbeitermacht
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Vorwort

Redaktion, November 2009

Große historische Umbrüche unterziehen die Ideen, Programme, Strategien und Taktiken aller Klassen, aller politischen Strömungen einem unerbittlichen Test.

Auch wenn die revolutionären Möglichkeiten für die Arbeiterklasse, welche in der Periode 1989-92 aufgeworfen worden waren, unwiederbringlich vorbei sind, so sind die damals aufgeworfenen politischen Fragen keineswegs „erledigt“.

Der Zusammenbruch des „realsozialistischen Lagers“ bedeutete zugleich den Zusammenbruch der bi-polaren Weltordnung.

In den beiden Broschüren „Aufstieg und Fall des Stalinismus“ und „DDR: Vor 60 Jahren gegründet, nach 40 Jahren zerbrochen“, wollen wir uns jedoch nicht den Resultaten der gescheiterten Massenbewegungen gegen die Bürokratie und dem folgenden Triumph des Weltkapitalismus und der Ära der „Globalisierung“ widmen.

Unser Hauptaugenmerk gilt vielmehr der Frage, worum es sich es beim „Stalinismus“ als historisches Phänomen überhaupt handelte. Wie konnte eine derartige Pervertierung des „Sozialismus“ zur schier allmächtigen Staatsmacht, welche die Arbeiterklasse brutal unterdrückte, kommen? Wie konnte sie die den Zweiten Weltkrieg überleben und daraus gestärkt hervorgehen? Welchen Charakter hatten die Gesellschaften, die nach dem Zweiten Weltkrieg gemäß dem Abbild der Sowjetunion der stalinistischen Bürokratie entstanden?

Welche inneren Widersprüche dieser Gesellschaften führen schließlich zu ihrem Niedergang und zur Todeskrise 1989 - eine Todeskrise, die im übrigen in anderer Form auch China durchmacht, wo sich die Bürokratenkaste unter Deng Anfang der 1990er Jahre selbst an die Spitze der kapitalistischen Restauration stellte.

In den beiden Broschüren widmen wir uns diesen Fragen, weil wir davon überzeugt sind, dass ein Verständnis des Stalinismus und seiner konterrevolutionären Doktrin und Politik keine „erledigte“ Frage ist, sondern in mehrfacher Hinsicht zentral für ein kommunistischen Programm der Zukunft.

Es ist erstens zentral, weil es den reaktionären Charakter des stalinistischen „Sozialismus“-Verständnisses entlarvt. Die Doktrin vom „Sozialismus in einem Land“ war ein Bruch mit dem Leninismus, der den Bedürfnissen einer entstehenden Staats- und Parteibürokratie entsprach, sich auf dem Boden der inneren Widersprüche der Sowjetgesellschaft zur herrschenden Schicht zu erheben. Dazu musste auch der Internationalismus und der revolutionäre Geist der Leninschen Partei zerstört werden.

Es zeigt, dass das „demokratische Element“ der Planung keine „Nebensache“ ist, sondern ein notwendiges Moment beim Übergang zum Sozialismus - weil nur so, über Organe der Arbeiterdemokratie, offene Rechnungslegung, Debatte, Kontrolle durch die Klasse, die Arbeiterklasse zum bewussten Subjekt der sozialistischen Umgestaltung werden kann. Der Stalinismus hingegen war ein „Versuch“, den Sozialismus einzuführen bei gleichzeitiger Unterdrückung der Entstehung von Klassenbewusstsein auf Seiten der Arbeiterklasse.

Ein solches Unterfangen war von Beginn an zum Scheitern verurteilt. Es musste an seinen inneren Widersprüchen zusammenbrechen und es ist zusammengebrochen. In seiner Todeskrise zeigte sich dabei die kurze Hoffnung auf eine Alternative - der politischen Revolution. Doch dieser gebrach es an politischer Klarheit, Führung, Perspektive. Aus der halben politischen Revolution wurde so eine ganze soziale Konterrevolution.

Doch Grund zu Trauer oder Nostalgie gibt es nicht. Wohl aber zum Verstehen, zum Begreifen.

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Aufstieg und Fall des Stalinismus

November 2009

*  Vorwort
*  Verratene Revolution - Trotzkis Analyse
*  Expansion des Stalinismus nach 1945
*  Der Zusammenbruch 1989/90
*  Archiv: Trotzki, Bolschewismus und Stalinismus (1937)