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Bericht vom Vorbereitungstreffen

Sozialforum in Deutschland

Infomail 197, 14. Januar 2005

Vom 21.-24-Juli wird das erste deutsche Sozialforum in Erfurt stattfinden. Zur Vorbereitung trafen sich ca. 100 Menschen am 8./.9.1.2005 in Erfurt und debattierten über die Organisation, die inhaltlichen Schwerpunkte, Finanzierung, Mobilisierung und andere Fragen. Vertreten waren örtliche Sozialforen, so aus Nürnberg und München, das Sozialbündnis Leipzig, Vertreter von Attac, WASG, IPPNW, aus verschiedenen Organisationen der Friedensbewegung, die "ökumenischen Basisgruppen", die Projektwerkstatt Saasen usw.. Und die Parteien? PDS- und DKP-Mitglieder waren reichlich anwesend, nur traten sie nicht im Plenum als solche auf.

Teils im Plenum, teils in Arbeitsgruppen wurde über die verschiedenen Aspekte der Vorbereitung des Sozialforums debattiert. Vorgestellt wurde u.a. die gute Vorbereitungsarbeit bezüglich Räumlichkeiten und Übernachtungsplätze in Erfurt.

Die benötigten Finanzen: ca. 250.000 Euro

Es wird geschätzt, dass durch Raummieten, Kosten für Technik usw. ein Betrag von ca.250.000 Euro erforderlich sein wird.

Diese sollen durch Teilnehmergebühren, Seminar-, Konferenz, Workshop und Standgebühren sowie den Verkauf von T-Shirts usw. aufgebracht werden.

Eine Teilnehmergebühr von 50 Euro (ermäßigt 20 Euro) wurde vorgeschlagen. Seitens einiger Teilnehmer wurde dies heftig kritisiert, weil das (zuzüglich Fahrtkosten nach Erfurt) gerade Erwerbslosen eine Teilnahme so gut wie unmöglich macht. Auch für Jugendliche ist das ein großes ein Problem. Auch Infostände für Erwerbslosengruppen werden dann zu einem finanziellen Problem.

Wir sollten von Parteien wie PDS und WASG sowie den Gewerkschaften finanzielle Mittel einfordern, die bedingungslos bereitgestellt werden müssen.

Kritik vom Sozialbündnis Leipzig

So weit freilich die technisch-organisatorische Planung auch ist, so problematisch ist die politische Vorbereitung. Die mangelnde Verbindung zum bestehenden Widerstand gegen Hartz IV wurde nicht nur von GenossInnen der Arbeitermacht, sondern auch von AktivistInnen des Leipziger Sozialbündnis heftig kritisiert - einem Bündnis, das eine wichtige Rolle bei der Organisierung der Montagsdemos spielte und spielt.

In dieses Bild passt auch die distanzierte Haltung der Sozialforums zur "Versammlung der sozialen Bewegungen". So soll diese Versammlung zwar stattfinden, aber vom Sozialforum nicht (!) beworben werden.

In der AG Jugend wurde immerhin beschlossen, eigene Räumlichkeiten für die Jugend bereitzustellen. Die Veranstaltungen sollen dort selbstständig geplant werden.

Fazit: Vielen TeilnehmerInnen an der Vorbereitungskonferenz hatten den Eindruck, das viele Fäden hinter den Kulissen gezogen wurden. Dabei wurden wieder einmal die "Grundsätze von Porto Alegre" zum quasi-göttlichen Gebot erhoben.

So wurde in der Arbeitsgruppe "Parteien" von uns darauf hingewiesen, dass wir eine Ausgrenzung nur gegenüber rassistischen und faschistischen Inhalten notwendig ist bzw. gegen Vertreter des Neoliberalismus. Und das ohne das "Parteienkriterium". Ansonsten sollen VertreterInnen von Parteien, die gegen Neoliberalismus, Krieg und Rassismus kämpfen wollen (oder das zumindest vorgeben) offen auftreten und wie alle anderen sozialen, politischen und gewerkschaftlichen Kräfte ihre Positionen vortragen.

Heuchlerisch wird die Ausgrenzung von Parteien ja gerade dann, wenn man weiß, das viele der Organisatoren Parteien angehören und in deren Sinne auch Einfluss nehmen. Es wird auf die Organisationsfeindlichkeit vieler Menschen gesetzt, auf ein dumpfes Gefühl ("Parteien wollen Macht, wollen instrumentalisieren" usw.), ohne das inhaltlich zu begründen.

Interessant wird auch, welche Personen als Referenten von den Organisatoren lanciert werden. Unter der Vorbereitungsgruppe herrscht eindeutig eine gewisse Promiphilie vor (schon aus Gründen des Sozialforum-Marketings), was bedeutet, dass sie reformistische Referenten und das professorale Element im Vordergrund stellen und RepräsentantInnen konkreter Kämpfe oder anti-kapitalistische Gruppierungen, die den Leuten wirklich etwas sagen können, vorziehen.

Panische Angst vor Beschlüssen und Aktionen

Das Demokratiemodell des Sozialforums, wie es von den Hugo Braun (attac, DKP) und Angela Klein (isl) durchgezogen wird, läuft auf eine Entpolitisierung des Sozialforums hinaus. Es herrscht eine geradezu panische Angst vor, das irgendetwas beschlossen werden könnte, was in konkreter Aktion mündet.

Bestes Beispiel: eine AG hat noch zu später Stunde einen Aufruf zur Mobilisierung nach Brüssel zum EG-Gipfel formuliert und am Sonntagmorgen vorgetragen. Die Mehrheit war einverstanden, trotzdem wurde der Aufruf, nicht einmal im Namen der dort Versammelten akzeptiert, da dies ein Beschluss sei und das SF ja bekanntermaßen keine Beschlüsse fällt. Bezeichnend, das Christina Buchholz von Linksruck, die den Aufruf mitverfasste, ohne Widerspruch klein beigab.

Wir haben schon an anderer Stelle dieses Demokratiemodell ausführlich kritisiert. Aber in Erfurt wurde nochmals deutlich, das es im Kern undemokratisch ist. Wenn nur einer gegen einen Beschluss ist, besteht kein Konsens, und alles bleibt, wie es ist. Oder der Katechismus wird hervorgeholt und selbst eine einstimmige Entscheidung wird mit dem Hinweis auf "Porto Alegre" abgewürgt.

Angesichts des laufenden europaweiten Generalangriffs darf das Sozialforum in Deutschland nicht auf eine weitere, mehr oder weniger folgenlose Plauderrunde reduziert werden. Es muss die wichtigsten Fragen des gewerkschaftlichen, sozialen und politischen Kampfes diskutieren und zur Bildung einer Koordination des Widerstandes gegen den Angriff beitragen.

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