Arbeitermacht
Liga für die fünfte Internationale

Nord & Südamerika Europa Asien & Australien


google.de arbeitermacht.de

Ukraine

Zur Krise im Osten und Süden des Landes

Erklärung der Liga für die Fünfte Internationale, 8. April 2014, Infomail 741, 10. April 2014

1. Die Krise im Ost- und Südteil der Ukraine, wo Gebäude der Stadtverwaltungen eingenommen worden sind, ‚unabhängige Volksrepubliken’ ausgerufen und wohin als Reaktion ‚antiterroristische Einheiten’ seitens der Regierung in Kiew beordert wurden, birgt ungeheure Gefahren für die Arbeiterklasse und die fortschrittlichen, antifaschistischen Kräfte in der Ukraine.

2. Diese Lage war entstanden, als die neo-liberalen PolitikerInnen der Jazenjuk-Regierung in Kiew verkündeten, dass sie das Abkommen über ein brutales Kürzungsprogramm unterzeichnet haben, die übliche massenfeindliche Giftspritze der Europäischen Union und des Internationalen Währungsfonds als Gegenleistung für den ‚Bailout’ der internationalen Schulden der Ukraine.

3. Die Krise ist auch vor dem Hintergrund zu sehen, dass die Konsolidierung des Repressionsapparats der Maidan-Regierung mit Hilfe der Integration verschiedener faschistischer Gruppierungen in die Nationalgarde vonstatten ging. Damit soll zweifellos die Repression, die in der Hauptstadt und der Westukraine bereits gegen die Linke und all jene ausgeübt wird, die gegen die Ultranationalisten sind, nach Osten und Süden ausgedehnt werden.

4. Die Bevölkerung in den großen Arbeiterstädten der Ostukraine spürt dies zu Recht. Die Menschen dort, v.a. die russischsprachigen, haben allen Grund, eine Regierung zu fürchten, die ihnen sehr feindlich gesonnen ist (Julia Timoschenkos Telefonate illustrieren das nur) und die auch gewillt ist, die Industrien im Osten platt zu machen. Dafür stehen Neoliberale wie Jazenjuk.

5. Die ukrainischen ArbeiterInnen haben Recht, wenn sie diese Regierung nicht anerkennen und auch die Wahlen am 25. Mai nicht annehmen wollen. V.a. ist es korrekt, wenn sie sich der Ordnung widersetzen, die durch Nationalgarde und von den Schlägern des „Rechten Sektors“ geschaffen werden soll.

6. Die Ausrufungen von „unabhängigen Republiken“ ohne ausreichende gesellschaftliche Basis in Donezk und Charkow sowie die Forderungen nach einem Referendum nach Unabhängigkeit oder Autonomie unter russischem Schutz sind jedoch schwere abenteuerliche Fehler. Kiew hat sofort die Gelegenheit ergriffen und Repressionseinheiten mobilisiert und in Charkow die BesetzerInnen der Regierungsgebäude verhaftet.

7. Die Zahl der BesetzerInnen war aber anscheinend nicht groß und die Möglichkeit, sich der Verhaftung zu widersetzen, gering. Ein erfolgreicher Aufstand braucht allerdings eine Massenbewegung der Arbeiterklasse, Massenstreiks und Arbeitermilizen. Nur sie können den Einheiten des Staatsapparats die Stirn bieten. All dies aber fehlte völlig.

8. Nichtsdestotrotz ist es in Städten wie Donezk, Charkow, Lugansk oder Odessa für Organisationen der Bevölkerung vollkommen gerechtfertigt, sich zu weigern, die Kiewer Regierung anzuerkennen und gegen die von ihr zur Kontrolle geschickten militärischen und faschistischen Kräfte Widerstand zu leisten. Es ist auch zulässig, die eigene örtliche und regionale Selbstständigkeit zu betonen und angesichts der Unterdrückung von linken Parteien und der Dreistigkeit der faschistischen Einsätze die Wahlen am 25. Mai zu boykottieren, bis Demokratie in allen Teilen der Ukraine herrscht.

9. Unter den gegenwärtigen Umständen kann dies nur erreicht werden durch den Aufbau örtlicher Verteidigungsverbände, formiert von ArbeiterInnen und Teilen der einfachen Bevölkerung in allen Städten und Dörfern. Sie müssen unter Aufsicht von Räten aus vor Ort gewählten und abrufbaren VertreterInnen stehen, die die Ortsverwaltung übernehmen. Diese Organe allein könnten den Schutz der Rechte für alle UkrainerInnen sichern, gleich welcher ethnischen oder sprachlichen Herkunft.

10. V.a. könnten sie freie Wahlen zu einer allukrainischen Verfassunggebenden Versammlung gewährleisten - frei von faschistischem Zwang und von Bestechung und Korruption durch die oligarchischen Millionäre und ebenso von Bevormundung durch EU/US-Imperialismus oder seinen russischen Rivalen.

11. Jeder Angriff durch die neue Nationalgarde und die Faschisten des „Rechten Sektors“ in Donezk, Charkow, Odessa oder woanders muss zurückgeschlagen und die Gegenwehr international unterstützt werden. Zugleich muss auch allen offenen oder verdeckten Versuchen seitens großrussisch-nationalistischer Gruppierungen zur Machtübernahme entgegen getreten werden. Jede direkte Intervention durch Russland könnte einen blutigen Bürgerkrieg und innerethnische Konflikte in der Ukraine auslösen und hätte verheerenden Folgen für die ganze Bevölkerung.

12. Die Tagesaufgabe von RevolutionärInnen sind keine Aufstände von Minderheiten ohne Rückhalt bei den Massen. Sie können nur in einer katastrophalen Niederlage enden. Die Unterstützung für die Ausrufung einer ‚Volksrepublik’ in Charkow war unseres Erachtens ein Fehler der GenossInnen von Borotba trotz der sozialistischen und Klassenforderungen, die sie dabei erhoben.

13. Die aktuelle Hauptaufgabe ist die Gewinnung der Arbeiterklasse in den Fabriken und im Bergbau, die Agitation unter den Gewerkschaftsmitgliedern, obwohl deren Führung den Oligarchen hörig ist, Maßnahmen gegen das Kürzungsprogramm zu organisieren ebenso wie gegen die von Faschisten durchsetzte Nationalgarde und die Ablehnung der Autorität der Konterrevolutionäre in Kiew.

14. Appelle zur Intervention an Russlands Präsidenten Putin, Rufe nach Abtrennung und Anschluss an die russische Föderation können nur bewirken, dass die ukrainische Arbeiterklasse in den verschiedenen Landesteilen sich einander entfremdet und tiefer gespalten wird. Es ist vielmehr Aufgabe, sich gegen Neoliberale und Faschisten zusammen zu schließen. Nur so kann die Einheit der Ukraine und die Freiheit gegen jeglichen Imperialismus gewahrt werden.

Freilassung aller Gefangenen im Gewahrsam der Pro-Kiewer Regierung!

Weg mit dem Kürzungsprogramm der EU und des IWF!

Nieder mit den faschistischen Banden - für Arbeiterselbstverteidigung!

Fort mit der illegitimen Jazenjuk-Regierung!

Alle NATO-Waffen und Verbände raus aus der Region!

Keine russische Intervention in der Ukraine!

Für eine souveräne Verfassung gebende Versammlung!

Für eine Arbeiter- und Bauernregierung und die Enteignung aller Oligarchen!

Für eine vereinte Arbeiterukraine als Teil der Vereinigten sozialistischen Staaten von Europa!

Leserbrief schreiben   zur Startseite

Wöchentliche E-News
der Gruppe Arbeitermacht

:: Archiv ::