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Wiener Akademikerball

Stellungnahme zum erfolgreichen antifaschistischen Protest

ArbeiterInnenstandpunkt, Österreichische Sektion der Liga für die Fünfte Internationale, Infomail 725, 29. Janaur 2014

Die diesjährigen Proteste gegen den von der FPÖ veranstalteten Burschenschafterball in der Hofburg waren ein voller Erfolg. Zu den zwei Demonstrationen kamen insgesamt 6-8.000 Demonstrierende, die sich entschlossen dem Event der deutschnationalen Verbindungen des Wiener Korporationsrings (WKR) entgegen stellten. Ein besondere Bedeutung kommt dabei dem Bündnis „Offensive gegen rechts“ zu, welches es dieses Jahr geschafft hat, mehr Kräfte denn je für die Proteste zu sammeln und sich zum Ziel gesetzt hatte das „rechtsextreme Vernetzungstreffen“ durch massenhafte Blockaden zu stören und nach Möglichkeit zu verhindern.

Erfolg für antifaschistischen Protest

Die „Offensive gegen rechts“ hat gezeigt, dass es möglich ist, die zersplitterten Kräfte der Linken in einer Aktionseinheit zu bündeln und durch Protest Gehör in der Gesellschaft zu erlangen. So konnten die rechten Umtriebe in der Hofburg in den vergangen Jahren thematisiert und skandalisiert werden. Das Ergebnis ist ein deutlicher Rückgang der BesucherInnenzahlen des Balls, in den Medien kursiert sogar das Gerücht von nur 400 Ballgästen - und das, obwohl die Veranstalter sogar zu einem Buffet mit Sektempfang schon um 17 Uhr eingeladen hatten, wodurch Schwierigkeiten bei der Anreise umgangen werden sollten. Dieser Erfolg ist auch den standhaften Protesten der letzten Jahre zuzuschreiben. Durch die Blockaden der Nazi-Aufmärsche in Dresden ist es sogar gelungen, dass die Nazis ankündigten, nur noch eine Kundgebung abzuhalten, anstatt zu marschieren. Antifaschistischer Protest kann also erfolgreich sein!

Eskalationsstrategie der Polizei

Im Vorfeld der Demonstrationen hat die Wiener Polizei durch mehrere absurde Repressionsmaßnahmen auf sich aufmerksam gemacht und somit einen Grund zur Eskalation der Proteste geliefert. Ein riesiger Skandal ist das Verbot der zivilgesellschaftlichen Kundgebung „Jetzt Zeichen setzen“ am Heldenplatz. Dabei wurde einfach ein riesengroßes Platzverbot über die halbe Innenstadt verhängt, womit auch noch die Pressefreiheit eingeschränkt wurde. Unter dem Vorwand, JournalistInnen schützen zu wollen, durften diese nur zwischen 20.15 und 20.45 Uhr in Begleitung eines Pressesprechers der Polizei die Sperrzone zur Berichterstattung betreten. Zusätzlich wurde ein Vermummungsverbot von Freitag Nachmittag bis Samstag früh über alle inneren Bezirke verhängt. An diesen Orten durften sich nun keine Personen aufhalten, die Gegenstände bei sich hätten, die dazu dienen könnten, sich zu verhüllen. Somit wurden Hunderttausende, die sich gegen die winterliche Kälte schützen wollten, der Polizeiwillkür ausgesetzt. Sie wurden durchsucht, tw. weggeschickt und mit einer Geldstrafe bedroht oder gar verhaftet zu werden. Sogar aus der Perspektive der Polizei scheint diese Maßnahme vollkommen unnötig zu sein, immerhin ist ein Vermummungsverbot für Demonstrationen ohnehin im Versammlungsgesetz geregelt. Es scheint also, als ob die polizeiliche Maßnahme dazu dienen sollte, in der Öffentlichkeit noch einmal eine Legitimation zu schaffen, die Proteste notfalls von Beginn an zu unterbinden, falls AktivistInnen auf die Idee kämen, ihre Identität gegenüber polizeilichen oder rechten Aufnahmen zu verbergen. Dabei sollte es doch offensichtlich sein, welche Gefahr davon ausgeht, wenn AntifaschistInnen durch Rechtsradikale gefilmt oder fotografiert werden.

Zusätzlich hatte die FPÖ eine Kampagne geführt, um Druck auf die Polizei auszuüben, damit diese hart gegen die „Linksfaschisten“ durchgreift.

Polizeigewalt und Ausschreitungen

Tatsächlich konnten sich beide Demonstrationen ungehindert in Bewegung setzen und ihren Protest zumindest ohne gröbere Zwischenfälle bis zum Stephansplatz tragen. Dort angelangt, strömten Tausende von Menschen an den Polizeiabsperrungen vorbei in die Sperrzone, um die Zufahrtswege für die Burschenschafter zu besetzen. Die Polizei schreckte nicht zurück, Pfefferspray und Knüppel in großem Ausmaß einzusetzen und mit Autos auf gefährliche Art und Weise durch Menschenmassen zu rasen. Sogar zwei Wasserwerfer waren für den Notfall bereit gestellt, die zum Glück bei der eisigen Kälte jedoch nicht zum Einsatz kamen. Bei einer Sitzblockade in der Löwelstraße, wo es eigentlich eine angemeldete Kundgebung gab, wurden friedliche DemonstrantInnen mit Polizei-Schildern geschlagen. Am Ring bei der Station „Volkstheater“ kam es zu einem Kessel, auch hier setzte die Polizei Schlagstöcke und Pfefferspray ein. Dabei wurden dutzende Menschen verletzt und verhaftet, Sanitäter richteten sogar vor Ort eine kleine Ambulanz-Station ein.

Zu bedeutenderen Zusammenstößen kam es am Stephansplatz, nachdem die Demonstration der „Offensive gegen rechts“ vorbei war. Die Spitze des Demonstrationszuges des autonomen Bündnisses „No WKR“ geriet dort in eine Auseinandersetzung mit der Polizei im Zuge derer auch ein paar Scheiben, Mülleimer und Autos demoliert sowie eine Polizeistation und ein Polizeiauto angegriffen wurden. Entgegen dem BBC, der von nur geringen Vorfällen von Gewalt spricht, bauschen die österreichischen Medien die Vorfälle auf. Die Kronen-Zeitung spricht von Randalen, die Presse von einer „Krawallnacht“, im Internet kursieren Vergleiche mit Bürgerkrieg und man findet zahlreiche Meldungen von Rechten, die die Verhaftung, die Todesstrafe oder gar die Vergasung dieser Linken oder dieses „Schwarzen Blocks“ fordern, der angeblich auch noch extra aus Deutschland gekommen wäre.

Militanter Widerstand ist gerechtfertigt

Die Berichterstattung über den „Schwarzen Block“ verzerrt den Protest gegen den Akademikerball ungeheuerlich und wird dazu verwendet, die Demonstrationen zu delegitimieren. Man findet überproportional viele Bilder von schwarz vermummten DemonstrantInnen und zerstörten Gegenständen oder Einrichtungen, während der überwiegend friedliche Protest oder die massenhaften Straßenbesetzungen wenig gezeigt werden. Hier zeigt sich der Charakter der bürgerlichen Medien, welche als große profitorientierte Unternehmen einerseits ihre Aufmerksamkeit durch „spektakuläre“ Berichterstattung auf sich ziehen wollen und andererseits keinen Anlass ungenutzt lassen, um Selbstorganisation und Protest zu denunzieren. Das Resultat, das von den Burschenschaften und der FPÖ durchaus gewünscht ist, ist, dass sich die Diskussionen nun um die Gefahr von „gewaltbereiten Linken“ dreht und weniger um die Problematik des weit rechts stehenden Tanz-Events oder die geringe Anzahl an Ballgästen.

Aus diesem Grund lehnen wir auch die Demolierung von Eigentum Unbeteiligter wie etwa kleine Geschäfte oder der Autos von AnrainerInnen als falsche Taktik einiger Autonomer ab. Diese Maßnahmen bringen den antifaschistischen Protest in keiner Weise weiter und nutzen nur der rechten Denunziation und der Rechtfertigung schärferer polizeilicher Repression.

Wir verteidigen jedoch das Prinzip, auf Rassismus und Faschismus mit militantem Widerstand zu antworten. Damit meinen wir eine Haltung, die entschlossen und standhaft ist und sich nicht durch pazifistische Illusionen über den Faschismus oder den Staatsapparat täuschen lässt. Wir stehen dafür ein, rechtsradikale und rassistisch-hetzerische Veranstaltungen durch Aktionen der Massen zu blockieren und zu verhindern. Wir verteidigen das Recht, sich gegen Übergriffe von Nazis oder der Polizei zu verteidigen.

Gäbe es den Anspruch, den Burschenschafterball zu blockieren nicht, sondern statt dessen nur symbolische Kundgebungen und Demonstrationen, so würde es der herrschenden Elite aus Politik, Wirtschaft und Medien - zu der man auch die Burschenschafter zählen kann - leichter fallen, die Proteste zu ignorieren.

In diesem Sinne wäre es auch wichtig, mit einer solchen erfolgreichen antifaschistischen Taktik, wie sie die „Offensive gegen rechts“ betreibt, die bestehenden Kräfte der beiden Bündnisse in gemeinsam koordinierten Protesten zu bündeln, da der Burschenschafter-Ball dieses Jahr höchstwahrscheinlich leider nicht zum letzten Mal stattgefunden hat. Weiter müssen auch vermehrt Gewerkschaften die Demonstrationen unterstützen und sich aktiv daran beteiligen. Erst kürzlich hat der Kärntner Ex-Landeshauptmann der FPK, Gerhard Dörfler, vorgeschlagen, die Gewerkschaften aufzulösen. Dieser rechte Vorstoß veranschaulicht wieder einmal die ArbeiterInnenfeindlichkeit der Rechten und die Notwendigkeit, den Kampf gegen Rechtspopulismus und Faschismus in die ArbeiterInnenklasse zu tragen!

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