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Syriza-Kongress

Eine “neue” reformistische Partei macht sich für die Regierung reif

Martin Suchanek, Infomail 695. 22. Juli 2013

Noch vor den letzten Wahlen wurde Alexis Tsipras von der bürgerlichen Presse zum „gefährlichsten Mann“ Euros stilisiert. Würde er an die Regierung kommen, wären Euro und EU in Gefahr. Sprecher der Merkel-Regierung warfen ihm gar vor, er würde Europa in „Geiselhaft“ nehmen wollen.

Tsipras hatte nämlich erklärt, dass eine Aufkündigung der Schuldenzahlungen des Landes nicht automatisch zum Rauswurf aus der Eurozone führen müsse. Diese erpresserische  Drohung von EU, IWF und EZB sei vielmehr selbst unrealistisch, weil ein Rauswurf Griechenlands die Währung noch viel mehr destabilisieren würde als eine Aussetzung der Schuldenzahlungen.

Solche „Erpressung“ verbat sich nicht nur Herr Schäuble, denn schließlich sind nur er und imperialistische Granden seinesgleichen berichtigt, anderen Bedingungen zu diktieren.

Vom „Linksradikalen“ zum „Golden Boy“

Ein Jahr später hat Herr Tsipras seine Lektion gelernt. Er hat sich in einen smarten Politiker gewandelt, dem solche „Ausrutscher“ und „Jugendsünden“ nicht mehr unterlaufen. Der „Linksradikale“, der er ohnedies nie war, ist unter dem Druck der bürgerlichen Öffentlichkeit und seiner Berater nach rechts gerutscht und mit ihm der Apparat von Syriza und deren „euro-kommistischer“ Kern Synaspismos.

Bei den letzten Parlamentswahlen hat Syriza bekanntlich nur knapp die relative Mehrheit verfehlt und mit 26,9 Prozent enormen Zulauf erhalten.

Schon vor und erst recht nach diesem Wahlerfolg erhöhten den bürgerlichen Medien - in Griechenland praktisch im Monopolbesitz weniger Medienunternehmer, die alle den Regierungsparteien nahe stehen - den Druck auf Syriza. Das spiegelt sich natürlich auch im reformistischen Kern der Partei, der ehemals euro-kommunistischen Synaspismos und im Apparat wider. Vorgeblich selbstkritisch hieß es, man wäre nicht „vorbereitet“ gewesen auf eine Regierungsübernahme - will heißen, die radikalen Wahlversprechen (Aussetzung der Schuldenzahlung; Aufhebung aller reaktionären, arbeiter- und massenfeindlichen Gesetze der Vorgängerregierungen; Linksregierung und Ausschluss eine Koalition mit PASOK) müssten verwässert werden zugunsten eines „realistischeren“ und für die Massen nicht so leicht verständlichen und überprüfbaren Programms.

Diese Richtung hat natürlich zusätzlich Nährboden erhalten vor dem Hintergrund eines Rückgangs der Klassenkampfaktivität (trotz eines hohen Niveaus im Vergleich zu anderen Staaten) und damit des Drucks von unten. Hinzu kommt, dass der Apparat, der i.w. von der Spitze kontrolliert wird, deutlich stärker wurde - nicht zuletzt aufgrund des Wahlerfolgs, der nicht nur 71 Sitze im Parlament brachte, sondern auch hunderte hauptamtliche ZuarbeiterInnen und fette Privilegien für die Spitzen der Partei.

Das registriert natürlich auch die Basis. Die zunehmende soziale Kluft innerhalb von Syriza drückt sich nicht zuletzt darin aus, dass Tsipras und noch mehr seine Clique als „golden Boys and girls“ bezeichnet werden.

Wachstum von Syriza

Es wäre jedoch verfehlt, aus dieser Entwicklung einer größeren, abgehobenen Bürokratie auf einen Niedergang der Popularität von Tsipras bei den Massen zu schließen. Syriza - und mit ihr Tsprias - ist zweifellos noch immer ein Hoffnungsträger und sei es, weil sie als die einzige realistische, in absehbarer Zeit mögliche Macht-Alternative zur Regierung erscheinen.

Hinzu kommt, dass Syriza seit den Wahlen im letzten Juni, also seit rund einem Jahr seine Mitgliedschaft verdoppelt hat. Die 3.552 Kongress-Delegierten, die abgestimmt haben, repräsentieren 35-40.000 Mitglieder - Tendenz steigend.

Der Parteitag sollte mehrere Signale setzen. Erstens sollte er Tsipras und Syriza als zukünftige führende Regierungspartei präsentieren, als „Alternative für Griechenland“, und das neue Programm als Regierungsprogramm. Zweitens sollte Syriza formal als einheitliche Partei gegründet werden. Bislang war Syriza formell ein Bündnis von 14 Organisationen bzw. Parteien. Seit mehr als einem Jahr gab es jedoch auch eine individuelle Mitgliedschaft, die auch hauptverantwortlich für das rasche Wachstum ist. Rund 500 Syriza-Ortsgruppen sind seither auf lokaler und betrieblicher Ebene gegründet worden.

Auf dem Kongress sollte das Bündnis in eine Partei transformiert werden. Das war an sich nicht umstritten - wohl aber wollte die Führung um Tsipras das auch gleich dazu nutzen, alle Gruppen/Komponenten von Syriza zur Selbstauflösung zu zwingen. Es ist daher nicht verwunderlich, dass der Parteitag, der den neuen Chef inthronisieren sollte, auf politischer, v.a. aber auf statutarischer Ebene teils von sehr heftigen Kontroversen  geprägt war.

Bemerkenswert ist, dass sich auf dem Parteitag die Linke stärker formierte und eine sich verschärfende politische Polarisierung sichtbar wurde.

Die Streitpunkte

Die Absicht der Parteiführung, Syriza als „regierungsfähig“ zu präsentieren, zeigte sich schon bei den Eröffnungsreferaten von Tsipras. Von Sozialismus oder Anti-Kapitalismus war dort mit keinem Wort die Rede. Ebenso wenig ging Tsipras auf die zentralen Fragen des Klassenkampfes und die wichtigsten aktuellen Mobilisierungen wie die weiter laufende Besetzung der Rundfunkzentrale ERT, den Generalstreik am 16. Juli, die Mobilisierung gegen den Besuch Schäubles und die drastischen Kürzungen und Massenentlassungen im Öffentlichen Dienst ein.

Wo er auf Bewegungen und Aktionen von unten einging, waren es bezeichnenderweise Formen der Unterstützung der Armen (Suppenküchen usw.) und Selbstverwaltungsprojekte oder selbstverwaltete Betriebe wie vio.me - alles wichtige Hilfsprojekte zum Erhalt der Existenz - aber keineswegs politische Klassenkämpfe.

Der Programmentwurf und der später angenommene Text streichen diese Tendenz noch mehr hervor. Gerade wenn es um den griechischen Staat und seinen Repressionsapparat geht, gibt sich Syriza staatstragend. Beim Militär soll zwar „Unnötiges“ auf den Prüfstand, die „Verteidigungsfähigkeit“ des Vaterlandes soll jedoch nicht angetastet werden. Kurzum: das Gründungsprogramm ist ein traditionell reformistisches Elaborat.

An vier Punkten sollte die Politik von Syriza jedoch deutlich nach rechts verschoben werden:

Schuldenfrage: Statt Streichung der Schulden und Aussetzung aller Zahlungen soll es eine „Neuverhandlung“ und „Überprüfung“ von „legitimen“ und „illegitimen“ Schulden geben;

Memoranden und Euro: Griechenland soll in jedem Fall in der Euro-Zone bleiben, auch wenn das bedeutet, dass nicht alle Kürzungen der Vorgängerregierungen aufgehoben werden können. Damit wird die bisherige Losung der Rücknahme aller Kürzungen zur Makulatur;

Banken und Großunternehmen: Die privaten Banken und großen Unternehmen sollen nicht verstaatlicht, sondern - selbstverständlich vom bestehenden Staatsapparat - besser kontrolliert werden. Dafür soll die bisherige Forderung nach Verstaatlichung der Großunternehmen und Privatbanken unter Kontrolle der ArbeiterInnen und der Bevölkerung sowie die Zusammenlegung aller Banken zu einer Zentralbank fallengelassen werden;

Die Parole der „Linksregierung“ soll durch jene einer „Regierung mit der Linken im Zentrum“ fallengelassen werden. Der rechte Flügel der Partei liebäugelt gar mit einer Regierung der „nationalen“ oder „sozialen“ Rettung. Die Parteilinke hingegen besteht weiter darauf, dass eine Linksregierung nur mit den linken Parteien (KKE und Antarsya) gebildet werden könne. In seine Rede schloss Tsipras hingegen eine Koalition nur mit den Faschisten (Goldene Morgenröte) und denen, die mit ihnen zusammenarbeiten, aus. Im Klartext: Für eine Regierung mit der PASOK ist er bereit.

Diese vier Punkte waren auch der inhaltliche Hauptstreitpunkt mit der Parteilinken. Bei den Abstimmungen zu diesen vier Streitfragen verfügte die Parteispitze immer über eine Mehrheit von rund zwei Dritteln der Stimmen.

Doch Tsipras und Co. ging es natürlich nicht nur darum, Mehrheiten bei programmatischen Fragen zu erhalten. Wer eine Partei, die bisher die Hoffnung von Millionen Lohnabhängigen verkörperte, zum Regieren fit machen will, muss auch mögliche innere Hindernisse ausschalten. Schließlich käme einer Regierung, wie sie Tsipras und die Parteiführung anstreben, nicht mehr und nicht weniger als die Aufgabe zu, den griechischen Kapitalismus zu retten.

Eine solche Regierung müsste unwillkürlich die eigene Basis enttäuschen und angreifen. Um „regierungsfähig“ zu werden, muss daher die Syriza-Spitze der griechischen Bourgeoisie nicht nur durch programmatische Positionen beweisen, dass sie als letzte  Reserve taugt, sollte das Kabinett Samaras - auch wenn das unmittelbar unwahrscheinlich ist - zurücktreten und Neuwahlen notwendig werden.

Frontalangriff auf die Linke

Daher war der Gründungsparteitag auch ein Frontalangriff auf die Parteilinke. Nicht die programmatischen Fragen standen dabei im Zentrum. Vor allem sollten der Parteilinken die eigenen Organisationsmöglichkeiten genommen werden - und der herrschenden Klasse und etwaigen Koalitionspartnern damit signalisiert werden, dass die Spitze von Syriza gegen „Unbelehrbare“ systematisch vorgeht.

Unter dem Motto „Eine Partei - eine Stimme“ ging es v.a. darum, eine „demokratische“ demagogische Begründung dafür zu finden, dass sich alle Gruppierungen in Syriza auflösen und nicht mehr öffentlich in Erscheinung treten.

Außerdem sollte (und wurde) Tsipras vom Parteitag gewählt und nicht von der 200köpfigen Parteiführung, dem Zentralkomitee. Damit ist er letztlich diesem im Zweifelsfall nicht verantwortlich und kann v.a. von diesem nicht abgewählt werden.

Hinzu kommt, dass die Parteiführung für die Zukunft plant, die Betriebsgruppen von Syriza - also die direkt in der Arbeiterklasse verwurzelten Strukturen - aufzulösen und die Partei nur auf Ortsgruppenbasis bilden. Das ist zwar noch nicht umgesetzt, aber bald zu erwarten. Hinsichtlich der Frage des Vorsitzenden hat sich Tsipras durchgesetzt.

In der Frage der Auflösung von innerparteilichen Gruppierungen gab es ein Zugeständnis an die Parteilinke. Die verschiedenen Strömungen sollten nur dazu „aufgefordert“ werden, sich aufzulösen, in wenigen Monaten würde der „Prozess evaluiert“.

Bei den statutarischen Fragen handelt es sich um die Kernfrage - und nicht zuletzt um eine, bei der so ziemlich jeder demagogische Dreh von der Spitze angewandt wurde. Das Fortbestehen von Organisationen würde die „einfachen Mitglieder“ benachteiligen. Ein beliebtes „Argument“ jener, die - natürlich auch nur als „einfache“ Mitglieder - den Apparat monopolisieren und die Mehrheitsfraktion stellen. Die Forderung nach Auflösung aller anderen Gruppierungen/Organisationen heißt daher nur, dass jede oppositionelle Strömung zersplittert und in ihrer Fähigkeit behindert werden soll, sich als politische Opposition zu betätigen.

Die Mehrheit

Daher ist der Vorschlag der Parteiführung nichts weiter als ein Anschlag auf die Parteidemokratie und auf die stärker werdende Linke in Syriza. Wer sind nun diese Strömungen?

Die Mehrheit bildet sich erstens aus der Mehrheit von Synaspismos. Diese war die größte Organisation in Syriza. Sie entstand aus einer Abspaltung von der KKE, war „eurokommunistisch“ orientiert und hat sich zu einer links-sozialdemokratischen Gruppierung gewandelt. Sie stellt auch den Apparat der „neuen“ Partei und einen großen Teil der Abgeordneten. Synaspismos selbst hat sich vor dem Syriza-Parteitag formell aufgelöst, um „mit gutem Beispiel“ voranzugehen und so den Druck auf ihre Opponenten zu erhöhen.

Unterstützt wird sie dabei von der „Kommunistischen Organisation Griechenlands“ (KOE), einer maoistischen Gruppierung, der Schwesterorganisation der MLPD in Deutschland und Teil von IKOR. Die KOE hat Tsipras während des gesamten Parteitags unterstützt und hat sich auch formell aufgelöst.

Unterstützung erhielt Tsipras auch vom „undogmatischen“ „Netzwerk für soziale und politische Rechte“ und dem autonomen Flügel in Syriza.

Dies ist kein Zufall, sondern zeigt vielmehr im Fall der KOE die programmatische Nähe zur Führung. Für KOE geht es in Griechenland nicht um eine sozialistische Umwälzung, sondern um eine „national-demokratische“ Revolution, eine ganze längere Etappe „unabhängiger“ nationaler, kapitalistischer Entwicklung, die von einem breiten Bündnis der nationalen Bourgeoisie, der ArbeiterInnen und BäuerInnen getragen werden soll. So erhält die Politik von Tsprias ihre Rechtfertigung auch aus der Mottenkiste des Stalinismus.

Die Autonomen und „PostmarxistInnen“ ereiferten sich noch lautstärker als UnterstützerInnen der Parteiführung, machten mit so mancher Brandrede gegen die Linken auf sich aufmerksam und empfahlen sich so für zukünftige Posten im Apparat.

Auch das ist natürlich kein Zufall. Eine „autonome“ oder „post-marxistische“ Politik, die von Kernelementen des Marxismus nichts wissen will (Klassenstandpunkt, Notwendigkeit der Errichtung der Arbeitermacht, grundsätzliche Ablehnung reformistische Strategie, usw. usf.), wähnt sich gern über die „Streitigkeiten“ von rechtem und linken Flügel erhaben. Das Beharren von Linken auf organisatorische und politische Selbständigkeit, auf Organisations- und Fraktionsrecht gilt ihr als „altmodisch“ und „sektiererisch“. Kritisch verhalten sich diese Kräfte zwar auch gegenüber der reformistischen Führung - allerdings nur in der Rolle des „kritischen und konstruktiven Ratgebers“, der mit umso größerer Freude und ohne jede Rücksichtnahme auf die Linken losgeht.

Der linke Flügel

Wer bildet den linken Flügel in Syriza? Er besteht, neben kleineren Gruppierungen, aus zwei Hauptströmungen.

Erstens aus der „Linken Plattform“, die von langjährigen Synaspismos-VertreterInnen wie Lafanzanis geführt wird. Sie hatte 7-800 Delegierte am Parteitag und repräsentiert rund 9.000 Mitglieder. Die linke Plattform kommt ursprünglich aus Synaspismos und bildet dort schon seit einigen Jahren den linken Flügel.

Politisch vertritt sie ein links-reformistisches Programm. Vor und während des Parteitag schwankte sie (bzw. ihre Flügel) zwischen Opposition zu Tsipras und der Suche nach einem Kompromiss, was sich nicht zuletzt darin zeigte, dass sie keine/n GegenkandidatIn aufstellte.

Die politische Bedeutung der „Linken Plattform“ macht jedoch erstens ihre Größe aus, zweitens ihre soziale Zusammensetzung. Sie repräsentiert die große Mehrheit des Gewerkschaftsflügels von Synaspimos. Sie ist gerade im Öffentlichen Dienst stark betrieblich verankert und ihre betriebliche Basis stellt einen Schlüssel für die politische Umwandlung der griechischen Arbeiterbewegung dar.

Die „Linke Plattform“ ist beim Parteitag aufgrund der Angriffe der Führung nach links getrieben worden. Wer beispielsweise bei ihrem Meeting am Abend des 13. Juli anwesend war, konnte spüren, dass vielen Delegierten am Parteitag erst bewusst wurde, was sie von Tsipras und die Führung trennt. Es war zu spüren - obwohl sie zwar als politische OpponentInnen, aber doch auch als AnhängerInnen von Tsipras gekommen waren -, dass ihre Hoffnungen erschüttert wurden. Ohne Zweifel ist das eines der wichtigsten Resultate des Parteitags. Ein Teil der Delegierten, die tausende ArbeiterInnen repräsentieren, haben angefangen zu erkennen, dass zwischen der Politik von Tsipras und den Klasseninteressen der Lohnabhängigen eine unüberbrückbare Kluft liegt, dass der „golden boy“ für den griechischen Kapitalismus und nicht für das griechische Proletariat steht.

Entscheidend wird aber sein, ob diese Entwicklung vorangetrieben wird und in welche Richtung. Von Seiten der Syriza-Führung ist zu erwarten, dass sie die „Linke Plattform“ zu entzweien, die „Konstruktiven“ einzubinden, die „Unverbesserlichen“ zu isolieren trachten wird.

Sicher ist in jedem Fall, dass die Polarisierung in Syriza weitergehen und sich verschärfen wird.

Dabei kommt dem kleineren, aber radikaleren Teil der Linken in Syriza eine Schlüsselrolle zu.

Auf dem Parteitag konnte das Netzwerk Rprojekt (Rotes Netwerk), das aus DEA, Kokkino und APP besteht, nicht nur über 100 Delegierte stellen, sondern auch seine Zusammenarbeit mit der „Linken Plattform“ verstärken. Die Organisationen des Rprojekt - wobei DEA darin die weitaus größte und politische führenden Kraft ist - haben rund 400 Mitglieder und darüber hinaus rund 2.000 SympathisantInnen.

Bei den Abstimmungen zur Parteiführung erhielt die gemeinsame Liste von „Linker Plattform“ und Rprojekt 30,56 Prozent und stellt einen dementsprechend großen Anteil am Zentralkomitee. Die Mehrheitsliste um Tspiras erhielt rund 65 Prozent. Der Rest entfiel auf 3 kleinere Listen.

Eine Schlüsselrolle kommt Rprojekt zu, weil es sich bewusst zum Ziel gesetzt hat, für eine anti-kapitalistische und revolutionäre Ausrichtung zu kämpfen. Anders als ein großer Teil der griechischen radikalen Linken haben DEA und die anderen Organisationen das Potential für und die Notwendigkeit einer politischen Arbeit in Syriza erkannt. Sie stehen daher heute im Zentrum der aktuell wichtigsten politischen Auseinandersetzung innerhalb der Arbeiteravantgarde und einer bevorstehenden politischen Umgruppierung.

Auf dem Parteitag sind letztlich zwei Klassenlinien aufeinander gestoßen - es ist unvermeidlich, dass sich dieser Kampf verschärfen und letztlich den Rahmen von Syriza sprengen wird.

Schwächen

Hier müssen wir aber auch Schwächen der Politik der Linken in Syriza ansprechen, die es zu überwinden gilt.

Die Linke hat sich v.a. auf die statutarischen und politischen Fragen konzentriert, die von der Führung vorgegeben waren. Das war sicher bis zu einem gewissen Grad unvermeidlich, schließlich wollte die Spitze die Auflösung der linken Strukturen durchsetzen, schließlich wollte sie einen Rechtsruck durchsetzten.

Das führte aber dazu, dass aktuelle Kernfragen des Klassenkampfes in Griechenland von allen Seiten kaum zur Sprache kamen. Wir wollen hier nur folgende nennen:

a) Die Überwindung der Zersplitterung der Kämpfe oder der Beschränkung von Generalstreiks auf bloß symbolische, eintägige Aktionen. So wird der Regierung nicht beizukommen sein. Notwendig wäre es unserer Auffassung nach gewesen, die Frage zu stellen, wie diese Kämpfe zu einem (unbegrenzten) politischen Generalstreik verbunden werden können.

b) Das hätte unwillkürlich die Frage der Einheitsfront, der Bildung einer Kampfeinheit aller Arbeiterparteien, Gewerkschaften u.a. ArbeiterInnenorganisationen aufgeworfen und die Frage der Politik in den Gewerkschaften berührt.

c) Die Frage der Selbstverteidigung gegen rassistische und faschistische Angriffe, gegen Polizeiprovokationen, der Haltung zur Armee usw. Ein unbefristeter Generalstreik würde all diese Fragen aufwerfen, die Teil eines Aktionsprogramms sein müssten.

d) Die Frage der Linksregierung wurde v.a. von der Führung als rein parlamentarisches Unterfangen diskutiert. Auf diesem Weg wird eine solche Regierung selbst nach dem Modell der Syriza-Führung in naher Zukunft wahrscheinlich jedoch nicht zustande kommen. Die Frage einer „Linksregierung“ würde, wenn überhaupt, viel eher durch einen Generalstreik aufgeworfen.

In jedem Fall aber bleibt die Tatsache bestehen, dass die verschiedenen Strömungen in Syriza und noch mehr die ArbeiterInnen im Land sehr verschiedene Vorstellungen davon haben, was eine Linksregierung wäre. Es ist daher unbedingt notwendig, dieser den Inhalt einer Arbeiterregierung zu geben, die sich auf Kampforgane der Klasse (Streikkomitees, Selbstverteidigungsmilizen, Soldatenräte usw.) stützt, die also einen Übergang zur Diktatur des Proletariats darstellt.

e) Die Erarbeitung eines revolutionären Aktionsprogramms von Übergangsforderungen, um einen revolutionären Flügel in Syriza zu formieren, um dafür die AnhängerInnen der „Linken Plattform“ zu gewinnen.

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