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Stuttgart

Bericht über die Südflügel-Räumung am 13. Januar 2012

Alex, Aktivist gegen S21, Infomail 600, 18. Januar 2012

Die Nacht von Donnerstag auf Freitag verlief wie immer kurz. Habe bis von ca. zwei Uhr bis ca. fünf Uhr geschlafen und meinen täglichen "guten Morgen"- Rundgang gestartet. Gegen halb zehn Uhr fuhr ich nach Hause. Nach kurzer Zeit dort zum Duschen und essen fuhr ich wieder runter in den Park, legte meine Sachen im Zelt ab, ging zum Südflügel und war erstaunt, wie sehr sich Unterstützer auf unserer Seite für uns ins Zeug legten. Wenn immer Dinge von Nöten waren, wurde eine kurze Mitteilung auf Twitter u.a. Foren veröffentlicht, und man konnte zusehen wie meist nur wenige Minuten später genau die angefragten Dinge wie Brennholz, Regale, Stühle, Couches, Paletten, Bücher, Brettspiele und noch andere Barrikaden u.a. geliefert wurden.

Dies ist eine Sache, die mir im Park und am Bahnhof auffiel. Eine Erfahrung, die ich nie missen möchte.

Beide Cafés, die von uns eingerichtet worden waren - Café Solarbahnhof am vorderen Südflügel und Café AquaCheck, hinterer Südflügel am Grundwasser-Management, waren mittlerweile richtig gemütlich.

Während einer Gruppenbesprechung am Donnerstag wurden beide Parkalarme ausgelöst. Nach der Ankunft am Bahnhof ca. 21 Uhr war noch nichts abgesperrt. Am Bahnhof war interessant zu sehen, wie aus allen Richtungen  und Zügen Protestler mit Isomatten, Schlafsack und Buttons sich zusammenzogen. Die Polizei war zahlreicher vertreten als zivile Bahnkunden.

Wir waren nun sicher, dass der Übergriff der Polizei heute erfolgen sollte.

Gegen Mitternacht waren fast 1.000 Leute von uns am Südflügel. Bis drei Uhr versuchte die Polizei, uns auszudünnen. Was nicht wirklich gelang. Wir waren immer noch ca. 500.

Dann trat ein Aufgebot der Polizei im Park auf. Mit diesem Manöver sollten wir dazu gebracht werden, uns zu trennen und auseinander zu reißen. Allerdings fielen wir auf dieses Täuschungsmanöver nicht herein.

Von Seiten der Polizei wurde ständig freier Abzug in Richtung Innenstadt angeboten und gewährt. Dadurch bröckelte die Anzahl der Leute vor dem Südflügel, aber ein gemeinsames Zurückziehen zu beschließen war nicht möglich, da viele Leute aus anderen Städten, Heidelberg, Baden u.a. anwesend waren, und diese nicht unverrichteter Dinge zurückfahren wollten.

Dann erfolgte die Sperrung der Wolframstraße am Südausgang und am Grundwasser-Management - Bildung von Sitzblockaden der zu Konfrontation entschlossenen Gegner. Nach weiteren zwei zermürbenden Stunden auf dem Boden und einem Schichtwechsel der Polizei, die allerdings von unseren Leuten durch Verteilen von Decken, Tee, Zigaretten und Schokolade u.a. verschönert wurden, kamen die Polizisten welche schließlich in die Masse strömten und die ersten Gegner wegtrugen; zu denen auch ich gehörte.

Da in der Stuttgarter Zeitung schon am Donnerstag Abend zu lesen war, was in der Nacht vom Freitag passiert sein soll und wie viele Verletzte es gegeben haben soll, waren die angereisten Medien von ARD, ZDF, n-tv, n24 und wie sie alle heißen, natürlich froh und stürzten sich auf die Straße, um uns teilweise acht verschiedene Kameras und zig Fotoapparate wie bei einer Oskarverleihung unter die Nase zu halten.

Es folgte die Aufnahme der Personalien (nach einer weiteren halben Stunde im Kalten). Fotos wurden von denen gemacht, die sich wegtragen ließen. Platzverweise erstreckten sich um das gesamte Bahnhofsgelände außer dem Haupteingang, damit Gegner von auswärts nach Hause fahren konnten. Dann wurden wir von der Polizei zu den Auslasspunkten des Sperrgebietes gefahren. Nachdem unsere Gruppe wieder vollständig war, gingen wir durch den Park zurück zum Bahnhof, wo eine große Gruppe von ca. 50 Gegnern auf uns wartete und die üblichen Rituale (in den Arm nehmen, aufmunternde Worte, Austausch von Gedächtnisprotokollen u.a.) stattfanden und ich kurz nach halb acht nach Hause fuhr, um meinen Schlaf, der mir nach fast einer Woche ohne Schlaf im Zelt im Schlossgarten zustand, nachzuholen...

In dieser Nacht haben wir trotz allem die Räumung nicht verhindern können – aber wir haben viele gelernt in den letzten Monaten. Hunderte, wenn sich tausende sind politisch aktiv geworden. Wir werden aus unseren Erfahrungen, unseren Kämpfen und Niederlagen lernen. Wir kommen wieder.

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