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Antifaschistische Demonstration, 17. September 2011, 14 Uhr, Kassel HBF

Nazis und Rassisten aufmischen - in Kassel und überall!

Aufruf zur Demonstration von Die Linke.SdS Kassel, SDAJ Kassel, DKP Kassel, REVOLUTION Kassel und Arbeitermacht Kassel, Infomail 577, 16. September 2011

In den letzten Monaten ist es in Kassel, unter anderem in der Nordstadt und am Königsplatz, zu vermehrten öffentlichen Auftritten und Bedrohungen von PassantInnen durch Neonazis gekommen. Es gab sowohl verbale als auch körperliche Einschüchterungsversuche und Attacken gegen vermeintliche MigrantInnen und Linke und andere Personen. Die Präsenz von Neonazis in Kassel nimmt merklich zu. Das werden wir nicht dulden.

Mit einer Demonstration am 17. September 2011 gegen Faschismus, Rassismus und Antisemitismus setzen wir die Tradition des z.T. militanten Widerstandes, den es in Kassel seit Ende der 60er Jahre gegen Nazis gibt, fort. Es wäre nicht das erste Mal, dass Nazis versuchen, sich hier zu etablieren und dass entschiedener Widerstand dieses verhindert.

Um wen geht es? Bei den Tätern handelt es sich um eine ca. 10 bis 15 Personen starke Gruppe, die sich „Sturm18" nennt. Geistiger Anführer ist der 36jährige Bernd Tödter, Gründer des „Sturm 18“ in Nordhessen und eines rechtsradikalen Internetforums. Ein weiterer ist der wegen Nazi-Vorwürfen im Mai diesen Jahres zurückgetretene Chef der Freiwilligen Feuerwehr Bettenhausen-Forstfeld Christian Wenzel, in den 90er Jahren Aktivist von Blood and Honour. Der „Freie Widerstand Kassel“ ist in der Öffentlichkeit, fährt zu Nazi-Aufmärschen, taggt Aufkleber menschenverachtenden Inhalts und betreibt Internetaktivität.

Die Nazis sind neben ihrem menschenverachtendem Gebaren bestrebt, die organisierte ArbeiterInnenbewegung zu zerschlagen, ihr rassistisches, sexistisches, überwiegend homophobes und antisemitisches Weltbild gewalttätig in die Tat umzusetzen - mit bedrohlich steigender Tendenz. Doch diese offensichtlichen neofaschistischen Umtriebe sind nur die Spitze des Eisbergs. Mit der sich vertiefenden Krise des kapitalistischen Systems bedarf es zur Festigung von Herrschaft bekannterweise der Palette ausgrenzender Konstruktionen. Dort schließt die Ideologie der Neo- und Altnazis an. Die braunen Schläger beziehen ihre Selbstlegitimation aus dem alltäglichen strukturellen Rassismus und aus dem Rassismus der sogenannten Mitte der Gesellschaft.

Was haben kapitalistische Krisen und Rassismus miteinander zu tun?

Sarrazin, Ex-Bundesbankvorstand und SPD-Mitglied, lieferte mit seinem Buch „Deutschland schafft sich ab“ ein Musterbeispiel für sozial-rassistische Hetze mit all ihren instrumentellen Funktionen. Die mediale Inszenierung, trotz zur Schau gestellter Empörung, war Anknüpfungspunkt für einen Diskurs über „Rassenlehre“, „Sozialgenetik“ und Islamhetze, über Faulheit, Unfähigkeit und Integrationsverweigerung. Ein Diskurs, der bestens geeignet war, die verordneten Sparpakete, die Abwälzung der Krisenlasten auf sozial benachteiligte Gruppen ohne effektiven Widerstand durchzusetzen und nebenbei die Schleusen für Hetze gegen Arbeitslose, MigrantInnen und Muslime quer durch die Republik zu öffnen. Mit dem Ergebnis, dass sich alte und neue Nazis wieder einmal als die konsequente Fortsetzung der Meinung der Gesellschaft präsentieren können.

Auch Kriege im Namen von Demokratie und Menschenrechten, Waffenlieferungen selbst an zutiefst menschenverachtende und reaktionäre Regime, führen diese Logik fort. Dort setzen die Nazis mit ihren verlogenen Antikriegsparolen und vorgeblichem Antikapitalismus an. Sind jedoch durchaus bereit, deutsches Blut für die Interessen des deutschen Imperialismus zu vergießen. Ihr proklamierter Antikapitalismus reduziert sich auf die Trennung in gutes, deutsches, schaffendes und kosmopolitisches, „jüdisches“, raffendes Kapital. Ganz ähnlich der Logik gesellschaftlich anerkannter oder selbst ernannter Krisenkenner, die die kapitalistische Verwertungskrise der Gier der Manager und Banker oder den Ratingagenturen in die Schuhe schieben und so ebenso von Ursache und Wirkung ablenken.

Die kapitalistische Verwertungslogik drückt sich in einer rassistischen Asyl- und AusländerInnenpolitik aus. Flüchtlinge werden an den Grenzzäunen der Festung Europa abgewiesen, Tausende Menschen sterben jährlich bei dem Versuch, über das Mittelmeer nach Europa zu kommen. Wer es trotzdem bis nach Deutschland schafft, doch dem deutschen Kapital nicht nutzt, wird in Abschiebeknästen,

Lagern und AusländerInnenheimen unter unmenschlichen Bedingungen kaserniert oder sofort wieder abgeschoben. So scheint es für die Nazis nur logisch, Flüchtlinge vom „deutschen Boden“ fernhalten zu wollen. Das Motto „Die Nazis morden, der Staat schiebt ab ...“ hat erschreckende Immanenz. Also: Wer vom Faschismus redet, darf vom Kapitalismus nicht schweigen. Faschismus ist kein „Betriebsunfall", keine „Entgleisung", er ist auch nicht einfach ein "Verbrechen", das mit moralischer Bewertung entsorgt werden kann.

Von der moralischen Empörung zum politischen Widerstand

Faschismus ist eine politische Bewegung, die aus der Krise des Kapitalismus selbst erwächst und dazu des Versagens der Führung der ArbeiterInnenbewegung bedarf. Seine Funktion für den Kapitalismus besteht vor allem in der Zerschlagung der organisierten ArbeiterInnenbewegung. Er ist eine reaktionäre Massenbewegung, die das wild gewordene Kleinbürgertum unter tatkräftiger Mithilfe des Lumpenproletariats bis hin zu den rückständigsten Schichten der Lohnabhängigen zum massenhaften Terror gegen die ArbeiterInnenbewegung mobilisiert. Die ArbeiterInnenorganisationen müssen bei Strafe ihrer Existenz die braune Gefahr durch ihre eigenen Selbstverteidigungsorgane zurückschlagen, über alle Partei- und Gewerkschaftsgrenzen hinweg. Das ist Sinn und Wesen der Arbeitereinheitsfront.

Es kann und darf von uns dabei nie Vertrauen in den bürgerlichen Staat geben, dessen Polizeiapparat Faschisten schützt und den Widerstand bekämpft. Auf den bürgerlichen Staat und seine Exekutive sowie Rechtsprechung zu vertrauen, ja ihn zum Verbot der Faschisten aufzufordern, kommt nicht in Frage.

Der Faschismus wird nicht durch Verbote bekämpft, sondern allein durch Taten.

Der bürgerliche Staat hält sich die Faschisten als strategische Reserve. Es ist zu befürchten, dass diese bei Bedarf als Fußtruppe gegen die ArbeiterInnenklasse eingesetzt werden, dazu bieten sich die Faschisten an. Zudem beschäftigen sie permanent linke Zusammenhänge und Jugendliche und lenken damit von der Politik des Kapitals ab.

Wir können uns nur auf uns selbst verlassen und organisieren den antifaschistischen Widerstand aus der Einheit der ArbeiterInnen, Arbeitslosen und ImmigrantInnen, der SchülerInnen und StudentInnen mit dem Ziel, Umtriebe, Aufmärsche, Versammlungen und Aktionen von Nazis zu verhindern, ihr Selbstbewusstsein zu brechen und um die Angriffe der Faschisten gegen die Massen abzuwehren.

Die Grundlage der antifaschistischen Einheitsfront

Dies kann nur durch eine Einheitsfront aus allen antifaschistischen Kräften gelingen. Wir fordern die Führung der ArbeiterInnenbewegung, den DGB, die SPD und die Linke auf, sich mit ihrer Basis aktiv zu beteiligen. Organisieren wir demokratisch legitimierten Demonstrationsschutz gegen Angriffe von außen und Provokateure von innen. Planen wir militante Kundgebungen. Konstituieren wir ein Bündnis, dass eine strategische Planung entwickelt, die das Ziel verfolgt, mit handlungsfähigen Strukturen die Nazis jederzeit an Versammlungen zu hindern.

Begehen wir nicht die Fehler der radikalen Linken, die glaubt, ihre spezifische Form des Antifaschismus und Antikapitalismus durch besonders radikale Aufrufe verwirklichen zu können. Appelle und Forderungen an die Klasse der Lohnabhängigen oder ihre Leitungsorgane kommen darin nicht vor. Diese, wenn auch in Teilen, verständliche Ablehnung ist in der Konsequenz ein großer Fehler. Die Reformisten nicht in Boot zu holen, heißt die Massen nicht mit ins Boot zu holen.

Wirksame Aktion braucht die überwältigende Mehrheit der Lohnabhängigen, deren Organisationen und vitale Interessen die Nazis angreifen.

DGB, SPD, Linke, Sozialverbände müssen auf die Straße! Dazu müssen militante AntifaschistInnen aufrufen! Das müssen wir ihnen abverlangen. Und wir brauchen organisierte Gegenwehr mit demokratischer Struktur. Antiautoritärer Klamauk taugt nicht. Wachsende Teile der Nazis sind organisiert und damit im Vorteil. Wer sich jetzt noch damit zufrieden gibt, sich unter dem Deckmantel der individuellen Freiheit auf die Szene zurückzuziehen und sich womöglich noch in ihr wohl zu fühlen, unfähig der Organisation und unfähig, Massenkräfte ins Boot zu ziehen, der riskiert bei Strafe seines Untergangs im mittleren Zeitabschnitt gegenüber den Faschisten hoffnungslos in der Minderheit zu sein. Wer diese Erkenntnisse nicht wahrnimmt, nimmt zwangsläufig in Kauf, den Nazis das Terrain zu überlassen.

Um uns gegen Nazis effektiv verteidigen zu können, brauchen wir Arbeitermilizen, d. h. Selbstschutzverbände aus GewerkschafterInnen, SPDlerInnen, Linken, MigrantInnen, StudentInnen, der Jugend und der radikalen Linken. Gelingt es den organisierten Kräften, die Faschisten in ihre Schranken zurückzuweisen, ihre Strukturen zu zerschlagen, dann wird umso leichterer der Weg geöffnet für den strategischen Sieg über das Kapital.

Alle Macht den Räten! Wehret den Zuständen!

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