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Bericht

Bildungsstreik 2011 in Berlin

Tobi Hansen, Infomail 562, 16. Juni 2011

Am 9. Juni gingen ca. 5.000 SchülerInnen, LehrerInnen und Eltern auf die Straße, um für eine „bessere Schule“ zu demonstrieren. Es ist ein breites Bündnis aus der GEW, dem Bündnis „Bildungsblockaden einreißen“ (BBE) und dem Landeselternausschuss LEA, das dafür aufrief und für den 10. September, unmittelbar vor den Berliner Wahlen, einen weiteren Protesttag gegen die rot/rote Bildungspolitik plant.

Diesem Aktionstag am 9.6. war eine Demonstration am 6.4. unter dem Motto „Alte stärken“ voraus gegangen. Damals waren gut 5.000 LehrerInnen auf der Straße. In Berlin müssen ältere Lehrkräfte seit 2007 weiterhin die volle Wochenstundenzahl ableisten, vorher gab es Reduzierungen mit zunehmenden Alter, so dass 60jährige 3 Stunden weniger arbeiten mussten. Im Juni nun waren deutlich weniger LehrerInnen auf der Straße, so dass v.a. SchülerInnen das Bild der Demo prägten.

Drohungen des Senats

Schon nach der Aprildemo gab es massive Repressionen gegen die LehrerInnen, mit Abmahnungen und Bußgeldern von bis zu 300 Euro. Direkt vor dem 9.6. gab es nochmals ein Rundschreiben von Senator Zöllner, das erneut Drohungen aussprach und viele KollegInnen einschüchterte. Das Bündnis muss gemeinsam darauf Antwort geben, die betroffenen KollegInnen unterstützen und für die Streichung aller Abmahnungen und für die Rückzahlung der Bußgelder eintreten. Jede(r) Beschäftigte muss das Recht haben, gegen seinen „Arbeitgeber“ zu demonstrieren und zu streiken,  das gilt erst recht für die BeamtInnen in Deutschland!

Die SchülerInnen

2010 passierte nicht viel im Bildungsstreik. Gruppen wie SDS und solid sahen die Bewegung am Ende, taten nichts mehr, so dass Basisstrukturen und Koordinierungsgruppen quasi tot sind. Fast wäre es dem Bündnis „Bildungsblockaden einreißen“ auch so gegangen, auch dort waren SDAJ und ARAB Anfang des Jahres für die Auflösung bzw. eine „Pause“ von BBE.

Doch der 9. Juni zeigte, dass innerhalb von 3 Wochen, seitdem BBE im Bündnis war und sich entschloss zu mobilisieren, mehr als 5.000 aktive und laute DemonstrantInnen aktiviert werden konnten. Das Motto von BBE „Zusammen kämpfen, gemeinsam streiken“ brachte die Erfahrung von vielen Bildungsprotesten auf den Punkt und zeigte eine Perspektive für die Zeit nach den Protesttagen auf.

Die Hauptaufgabe wird nun sein, wie die einzelnen Proteste gegen die Senatspolitik in Berlin zusammengefasst und zugespitzt werden können. Alle Beschäftigten des Öffentlichen Dienstes, alle SchülerInnen und Studierende, alle Arbeitslosen, alle MieterInnen in den Gentrifizierungskiezen - es gibt genügend Potential für aktiven Widerstand!

Im Bildungsstreik haben die letzten Jahre gezeigt, dass nur die Gruppen aktiv weitergearbeitet haben, die auch immer wieder eine antikapitalistische Perspektive aufgezeigt haben und kontinuierliche Arbeit an Schulen und Unis geleistet haben.

Gemeinsam mit der Jugendorganisation REVOLUTION haben wir uns in der Bildungsbewegung sehr engagiert, genau wie unsere österreichischen GenossenInnen bei der „Besetzungsbewegung“ 2009 oder aktuell unsere britische GenossenInnen im Kampf gegen die Verdreifachung der Studiengebühren.

Die GEW hat mit ihren Protesten ein Zeichen gesetzt, immerhin ist es die einzige DGB-Gewerkschaft, die sich derzeit im Konflikt mit dem Senat befindet. Während ver.di Tarifverträge mit über 4 Jahren Friedenspflicht bei der Charite unterschreibt, befinden sich andere Teile der DGB-Führungen entweder bald im Wahlkampf oder im politischen Wachkoma.

Gemeinsam mit AktivistInnen aus dem „Anti-Krisenbündnis“ und den verschiedenen Protesten muss es gelingen, den Wahlkampf und den neuen Senat „gebührend“ zu empfangen. 9 Jahre Rot/Rot bedeuten Kürzungspolitik im brachialen Maßstab, von den Verbrechen der Sozis an der Bundesregierung mal ganz zu schweigen, genau wie von der treuen Umsetzung der Bundespolitik hier durch die Linkspartei. Gegen diesen Senat müssen die Beschäftigten und Gewerkschaften mobilisiert werden, die Schuldenbremse droht per Grundgesetz, die nächste Legislatur wird von weiteren Einschnitten und möglichen Privatisierungen geprägt sein.

Der 10. September wird eine Woche vor der Landtagswahl stattfinden, hier kann der Protest in Berlin ein Zeichen setzen. V.a. aber brauchen wir eine gemeinsame Kampfperspektive gegen diese und die folgende Senatspolitik, die über einzelne Tagesaktionen hinausgeht. In unserem Flugblatt, das wir am 9. Juni verteilt haben, haben wir eine Perspektive gezeigt.

„Wir müssen uns daher auf eine langwierigen Kampf gegen die Angriffe auf den Bildungssektor und für einen berlinweiten und letztlich bundesweiten Abwehrkampf vorbereiten, denn schließlich lässt sich die Bildungsmisere nicht nur in einer Stadt lösen.

Dazu schlagen wir vor:

- Vollversammlungen an den Schulen und im Öffentlichen Dienst zur Wahl und zum Aufbau von Aktionskomitees gegen die Angriffe und zur Vorbereitung der Herbstaktionen! Aufbau von Aktions- und Unterstützerkomitees in den Stadtteilen!

- Im Bildungsbereich fordern wird: Einstellung von tausenden neuen LehrerInnen! Reduktion der Arbeitszeit auf das Niveau der 90er Jahre, also um 4 Stunden!

- Der Staat muss für die Bildungskosten aufkommen! Keine Abwälzung der Kosten für Klassenfahrten auf die Eltern! Volle Lernmittelfreiheit! Keine Privatisierung von Schulen!

- Reduktion der Klassenzahl auf 20!

- Abschaffung des mehrgliedrigen Schulsystems! Recht auf muttersprachlichen Unterricht für MigrantInnen!

- Kontrolle der Schulen u.a. Erziehungseinrichtungen durch Komitees aus LehrerInnen, Eltern und SchülerInnen!

- Die Reichen sollen zahlen! Finanzierung dieser Maßnahmen durch progressive Besteuerung der Einkommen, von Kapital und Besitz!

- Zur Diskussion und Beschlussfassung über unsere Aktionen und Forderungen schlagen wir vor, dass eine Berliner Aktionskonferenz im Sommer organisiert wird, um den Mobilisierungsplan für den Herbst demokratisch zu beschließen! Eine solche Konferenz soll auch auf bundesweiter Ebene organisiert werden!

- Gemeinsamer Kampf mit den Beschäftigten des gesamten Öffentlichen Dienstes, z.B. mit den Beschäftigten beim Stellenpool!

- Unbefristeter Bildungsstreik zur Durchsetzung unserer Forderungen!“

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