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Klassenkampf 2010

Bilanz und Ausblick

Hannes Hohn, Infomail 527, 2. Januar 2011

Das Jahr 2010 wird nicht als ein Jahr in die Geschichte eingehen, in dem das kapitalistische Weltsystem vor seinem Sturz stand. Doch es wird auch nicht als ein Jahr gelten, in dem sich das System stabilisieren konnte. Schon gar nicht wird es als ein Goldenes Jahr, als Erfolgsjahr in die Annalen eingehen.

Gerade Letzteres aber, einen Erfolg, versuchen Politik und Medien herbei zu reden. Sie haben genug Gründe dafür, denn mit dem Ausbruch der globalen Krise, der härtesten nach 1945, war nicht nur der Glorienschein der Globalisierung verdunkelt; die kapitalistische Weltwirtschaft stand über Monate tatsächlich vor dem Zusammenbruch. Mit Müh und Not konnte dieser verhindert werden. Aberhunderte Milliarden wurden weltweit zur Rettung maroder Banken und Unternehmen und zur Konjunkturförderung locker gemacht.

Doch der Sieg über die Krise erweist sich als Pyrrhussieg. Die Kosten dieser „Antikrisenpolitik“ sind riesig und verursachen nicht nur eine Explosion der Staatsschulden, sie untergraben das Wirtschafts- und Finanzgefüge ganzer Staaten. Island, Irland oder Griechenland sind Beispiele dafür, mit Portugal und Spanien drohen schon die nächsten Mega-Probleme.

Die heftigen Debatten in den Führungsetagen des Kapitals über die Zukunft von Euro und EU sowie über den richtigen politischen Kurs illustrieren, dass die Herrschenden in Europa tatsächlich fürchten, dass ihre strategischen Hauptprojekte - Euro und EU - ins Trudeln geraten oder gar zerbrechen könnten. Ohne einen imperialistischen europäischen Block aber können Deutschland und Frankreich ihre Ambitionen, die globale Dominanz der USA zu attackieren, vergessen. Mehr noch, sie laufen sogar Gefahr, von China überholt zu werden.

Krisenwunder Deutschland?

Wenn es einen Krisengewinner in Europa gibt, dann das deutsche Kapital. Durch den Euro kann das deutsche Kapital seinen Produktivitätsvorsprung v.a. in Europa voll ausspielen, weil andere Länder nicht mehr wie früher durch Währungsabwertungen gegensteuern können. Die Extraprofite von VW, Daimler und Co. gehen auch zu Lasten ihrer europäischen Konkurrenten.

Dass die deutsche Bourgeosie relativ gut durch die Krise kam, hat aber auch andere Gründe. Erstens wurden mit der Kurzarbeiterregelung Massenentlassungen und eine größere Pleitewelle vermieden. Zweitens gelang es der Gewerkschaftsführung, jeden ernsthaften Widerstand zu isolieren bzw. ins Leere laufen zu lassen. Politische Schützenhilfe erhielt sie dabei v.a. von der Linkspartei, die kaum mobilisierte und sich weigerte, die Untätigkeit des DGB zu kritisieren.

Doch diese Maßnahmen funktionierten für das Kapital auch nur deshalb so effizient, weil vorher schon jahrelang die Reallöhne gedrückt, das Sozialsystem ausgedünnt und ein Riesenheer von Billig- und LeiharbeiterInnen geschaffen worden waren.

Die Bilanz der Lohnabhängigen, der Jugend, der Arbeitslosen, Rentner und v.a. auch der Frauen fällt deshalb alles andere als rosig aus. Das Leben immer größerer Bevölkerungsteile wird schlechter - langsam, aber stetig. Allein die Verschuldung und Verarmung vieler Kommunen sowie die Sparprogramme sorgen dafür.

Doch auch die Strategie des deutschen Kapitals ist sehr ambivalent: Einerseits ist die Rolle Deutschland in Europa und in der EU immer bedeutsamer geworden, andererseits führt gerade diese Politik die EU und den Euro in die Zerreißprobe.

Krise vorbei?

Noch mehr als die fast wöchentlichen Hiobsmeldungen über einen neuen drohenden Staatsbankrott verweisen die Anti-Krisen-Maßnahmen und viele Wirtschaftsdaten darauf, dass die globale Krise des Kapitalismus keinesfalls vorbei ist - allenfalls handelt es sich gegenwärtig um ein Zwischenhoch.

Jede Krise wird gelöst und ein neuer Aufschwung ermöglicht, indem überflüssiges Kapital vernichtet wird. Gerade das aber wurde durch die Rettungspakete u.a. Maßnahmen verhindert. Im Gegenteil: Dieses Geld hat eine neue Spekulationsspirale in Gang gesetzt. Das Finanzkapital hat seine Position in der Ökonomie und gegenüber der Politik noch verbessert.

Wäre nicht der Boom Chinas immer noch relativ ungebrochen, würde die Weltwirtschaft noch mehr als jetzt dahindümpeln, auch Deutschlands Exporte fielen weit weniger großartig aus.

Ein Jahr des Widerstands

Blieb der Protest gegen die Abwälzung der Krisenkosten hierzulande auch gering - in Europa sah das Bild deutlich anders aus. In mehreren Ländern kam es zu Massenprotesten gegen die  Regierung und die erpresserischen Sparprogramme von EU und IWF. In Frankreich und Griechenland entstanden in Folge von Massenprotesten und Streiks vorrevolutionäre Situationen. Doch bis jetzt gelang es den Führungen der Gewerkschaften und „linken“ Parteien, die Bewegung in diesen Ländern im Zaum zu halten und zu verhindern, dass die gesamte Arbeiterklasse gemeinsam mit SchülerInnen und StudentInnen einen unbegrenzten Generalstreik durchführt.

Sie wissen warum: Ein solcher Generalstreik würde die Machtfrage aufwerfen, er könnte Machtorgane der Arbeiterklasse - Streikkomitees, Kontrollkomitees, Räte, Milizen - hervorbringen, welche die Macht von Staat und Kapital herausfordern und brechen könnten. Anstatt eine auf diese Organe gestützte, Arbeiterregierung zu errichten, blieb der bürgerliche Machtapparat alternativlos und intakt.

2010 war ein Jahr von Krise und Widerstand. Es offenbarte die Perspektivlosigkeit des Kapitalismus. Es offenbarte aber auch den Willen und die Möglichkeiten des Proletariats, Widerstand zu leisten. Es offenbarte aber vor allem, dass die Arbeiterklasse eine andere Führung, eine andere Politik braucht, um im Kampf auch siegen zu können: eine revolutionäre Arbeiterpartei und eine neue, die Fünfte Internationale!

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