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NRW

SPD in großer Koalition angekommen?

Theo Tiger, Infomail 487, 27. Mai 2010

Am 21. Mai hat die NRW-SPD alle Weichen auf ein Regierungsbündnis mit der CDU gestellt, die Sondierungsgespräche mit Grünen und Linkspartei wurden beendet.

SPD und Grüne sprachen mit der Linkspartei über das Verhältnis zur DDR, über den Verfassungsschutz in NRW, über Stellenstreichungen im Öffentlichen Dienst (noch von der CDU geplant) und über das innere Prozedere der NRW-Linkspartei.

Dass DIE LINKE bei den Stellenstreichungen in Höhe von 8.700 Stellen nicht umfiel, war nach den letzten Koalitionsverhandlung in Brandenburg nicht unbedingt zu erwarten. Nach außen sprachen aber SPD und Grüne vom Verhältnis zur DDR und der Rolle des Verfassungsschutzes als Grund für das Ende der Gespräche. Dabei war die DIE LINKE bereit, die gleiche Präambel zur DDR wie in Brandenburg zu unterschreiben und auf die Forderung nach Auflösung des Verfassungsschutzes in NRW für die mögliche Legislatur von 5 Jahren zu verzichten.

Nun sind alle Spekulationen über Rot/Grün/Rot beendet. Jetzt stellt sich die Frage, ob sich auch in der NRW-SPD hessische Verhältnisse anbahnen? Bekam die SPD-Kandidatin Hannelore Kraft gleich gesagt, dass sie nicht gewählt wird, wenn sie mit der Linkspartei koaliert? Oder sind das taktische Winkelzüge, um doch noch eine Ampel mit der FDP zu installieren?

Jetzt gibt es erst einmal Gespräche mit der CDU, die Einladung dazu wurde am Tag der Sondierungsgespräche mit der LINKEN verschickt. Um die FDP kümmert sich jetzt die Grünen-Bundesebene, Chef Özdemir wartet täglich auf einen Anruf, schließlich können beide bürgerlichen Parteien zusammen mit der SPD eine Regierung bilden, während sie bei einer großen Koalition zum Zuschauen verdammt sind.

Die Drohungen von Hannelore Kraft Richtung CDU, Neuwahlen anzustreben sind nur leere Drohungen, auch dafür bräuchte sie eine Mehrheit im Parlament - die nicht absehbar ist.

Ein SPD-"Sieg" - Schall und Rauch!

Nach der Wahl wurden uns Hannelore Kraft und die SPD als strahlende Sieger präsentiert - schließlich hatten sie nur 2% verloren. Die SPD wollte alles daran setzen, dass Kraft Ministerpräsidentin wird. Noch am Wahlabend wurde der WählerInnenschaft versprochen, dass nun alle unsozialen Vorhaben der Bundesregierung a la Kopfpauschale im Bundesrat blockiert werden und NRW die Bundesregierung stoppen kann.

Jetzt ist die Zeit der Versprechungen vorbei - bei Kraft heißt das, die „Programme einem Realitätscheck zu unterziehen“, also möglichst schnell eine Koalition auf die Beine stellen, welche die umfangreichen Sparmaßnahmen der nächsten Monate und Jahren durchziehen kann.

Wieder einmal waren die Wahlkampfforderungen und Versprechungen der SPD in der Opposition nur ein Lockmittel für ehemalige enttäuschte WählerInnen. Real folgt die SPD aber weiterhin den Interessen des Kapitals. Selbst eine Regierung mit der Linkspartei könnte dafür ein Hindernis sein.

Dabei hatte DIE LINKE nach der Wahl den „Politikwechsel“ angeboten. Sie wies darauf hin, dass es bei den Wahlprogrammen von SPD, Grünen und Linkspartei eine 80%ige Schnittmenge gebe und die Bundesführung der LINKEN machte forciert Koalitionsavancen. Allerdings waren wohl selbst die Regierungen in Berlin und Brandenburg, in denen die Linkspartei als klarer Vollstrecker des SPD-Politik auftritt, der SPD nicht sicher genug. Mögliche Gefahren gingen auch von zahlreichen Mitgliederabstimmungen bei der NRW-LINKEN aus, die eine mögliche Regierungspolitik in Frage stellen könnten. Somit wählt die SPD nach Hessen, Thüringen und Saarland wiederum die große Koalition als bevorzugte Koalition. Politikwechsel im Sinne einer rot-rot-grünen Regierung schreckt die SPD, mit der CDU hingegen lässt sich die Politik umsetzen, die schon von 2005-09 die konsequente Weiterführung der rot-grünen Regierungspolitik unter Schröder war.

Daher ist die Aufnahme von Gesprächen mit der CDU auch nur folgerichtig. Über den Bundesrat darf dann die SPD wieder Bundespolitik mitmachen, die FDP verliert an Einfluss und eine große Koalition ist praktisch wieder im Amt in der Bundespolitik - mit dem Vorteil für die SPD, dass sie im Bundestag weiterhin Opposition spielen darf.

Politikwechsel? Generalangriff!

Seit der Landtagswahl wurde ein neues Kapitel der Wirtschaftskrise aufgeschlagen - der Euro-Rettungsfond in Höhe von 750 Milliarden ist der nächste Angriff auf die öffentlichen Ausgaben der EU-Staaten und zwar europäisch koordiniert!

Überall kommen jetzt die Sparprogramme auf den Tisch, der Generalangriff in Griechenland ist bekannt, jetzt folgen Spanien und Portugal. In Deutschland droht ein Kahlschlag bei den Kommunen.

Am 5./6. Juni will die Bundesregierung ihre Sparangriffe vorstellen, Finanzminister Schäuble sieht schon „große Potenziale“ im Ministerium Arbeit und Soziales. Während mit den Milliarden für die Finanzmärkte die nächsten Anleihen und Papiere der Banken gerettet werden und die nächste Spekulationswelle des Finanzkapitals auf Kosten der öffentlichen Kassen finanziert wird, kommt jetzt die Angriffswelle, die auch allen MarxistInnen seit Beginn der Krise 2008 klar sein musste.

Auf der einen Seite stehen Massenentlassungen in der Industrie an, Zehntausende und Hunderttausende werden nach Kurzarbeit und Firmenpleiten ihren Job verlieren, auf der anderen Seite werden die öffentlichen Ausgaben gekürzt, ein drastischer Sozialabbau steht bevor.

In dieser Phase betreiben die Gewerkschaften weiter konsequent Standortpolitik, wie bei den Abschlüssen von IGM, ver.di und IG BCE zu sehen war. Die Gewerkschaften gehen auf Schmusekurs mit Schwarz/Gelb, nichts anderes ist von der SPD zu erwarten. Nach dem katastrophalen Wahlergebnis 2009 musste die SPD darum fürchten, ihre Vermittlerrolle zwischen Kapital und Gewerkschaftsbürokratie zu verlieren, zu drastisch war das Resultat nach 11 Jahren Regierungsbeteiligung.

Also gab es eine „Neuausrichtung“ der SPD, unter Chef Gabriel durfte die Basis auch mal über Agenda 2010 und Hartz IV schimpfen, um sich direkt danach wieder als Regierungspartei anzubieten. Dabei bieten sich Steinmeier und Gabriel als die besseren Regierungspartner für CDU/CSU an, mit ihnen wäre Deutschland schließlich sicher durch die Krise gekommen - sicher für das deutsche Industriekapital. Wenn die SPD jetzt Finanztransaktionssteuern oder dergleichen fordert, und jetzt selbst Schwarz/Gelb zu ähnlichen Aussagen kommt, dann muss uns klar sein, dass dies nur Scheinmanöver sind - keine dieser Parteien ist daran interessiert, die Banken wirklich zur Kasse zu bitten.

Stattdessen wollen nun alle Parteien den Staat sanieren, in bekannter Manier wird dann von der „Zukunftsfähigkeit“ oder der Verantwortung den nächsten Generationen gegenüber geschwafelt. Was aber alle Generationen jetzt brauchen, ist organisierter Widerstand, ist eine Offensive der Arbeiterklasse und der Jugend im Klassenkampf!

Wir brauchen Widerstand und eine neue Partei!

Gegen den kommenden Generalangriff wird uns kein Hoffen auf rot-rot-grüne Koalitionen helfen. Die rot-grüne Bundesregierung betrieb 7 Jahre Sozialabbau und die Linkspartei zeigt sich zwar in Wahlkämpfen durchaus mal von ihrer „linken“ Seite, davon bleibt aber in der Regierung nichts übrig. In Berlin und Brandenburg ist diese Partei Vollstrecker der SPD-Politik.

Für uns bedeutet dies, dass wir den Mitgliedern und den WählerInnen aufzeigen müssen, zu welcher Politik eine Partei „links“ von der SPD jetzt aufrufen müsste (wie in der Infomail vor der NRW-Wahl beschrieben). Genauso müssen wir DIE LINKE zwingen, die Krisenproteste zu unterstützen, ein aktiver Teil der sozialen Kämpfe zu werden, nur so können wir die 12%, welche letztes Jahr DIE LINKE wählten, auch aktivieren - für den Widerstand auf der Straße gegen die Sparmaßnahmen.

Gleichzeitig müssen wir Druck auf die Gewerkschaften ausüben, die kämpfenden Belegschaften gegen die Angriffe der Bosse und gegen den Verrat der Bürokraten und Sozialpartner verteidigen. Dazu müssen wir für eine organisierte Gewerkschaftsopposition arbeiten, eine Opposition, die sich aktiv in alle Kämpfe einbringt und dafür eintritt, dass die Gewerkschaften wieder Organe des Klassenkampfs werden.

Die Anti-Krisen Demos am 12.6. in Stuttgart und Berlin sind ein wichtiger Ausgangspunkt für den Widerstand gegen die Auswirkungen der Wirtschaftskrise. Dort müssen Beschäftigte, Arbeitslose und die Jugend gemeinsamen Widerstand auf die Straße bringen und verstetigen.

Die Wahlen von NRW und die kommenden Angriffe zeigen, dass wir die neuen reformistischen Versprechungen und Illusionen bekämpfen und für eine neue antikapitalistische und klassenkämpferische Partei eintreten müssen!

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