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EU-Wahlen

Europa bewegt sich nach rechts und die Sozialdemokratie kollabiert

Simon Hardy, Infomail 431, 11. Juni 2009

In ganz Europa feiern Konservative, Nationalisten und Faschisten Wahlerfolge. Sozialdemokraten, Sozialisten und Arbeiterparteien taumeln, nachdem ihre Wahlunterstützung wegsackte.#

Die deutschen Sozialdemokraten errangen gerade einmal 21 % der Stimmen. Ihre Verzweiflung brachte Außenminister Steinmeier auf den Punkt, wenn er sagte: „Dies ist ein enttäuschendes Wahlergebnis  -  daran gibt es nichts zu beschönigen". In Frankreich sackte das Wahlergebnis der sozialistischen Partei von 28 % ab auf gerade einmal 16%.

Hingegen  - ganz im Gegensatz zum Zusammenbruch der sogenannten „Mitte-Links"-Parteien  -  verbanden sich in einer Reihe von Ländern Parteien mit mehr linkem Profil mit dem Verlangen der ArbeiterInnen und der Jugend nach einem radikalen Wandel und erzielten beachtliche Ergebnisse. Diese Parteien hatten sich in den aktuellen antikapitalistischen Kämpfen am Arbeitsplatz und auf den Straßen engagiert wie bei den Massenstreiks in Frankreich und den Straßenprotesten in Griechenland.

Überall nutzten die Menschen die Europawahl dazu, die Sozialdemokraten für ihre Politik für die Interessen der Reichen, für ihre Serie von „neoliberalen Reformen" wie Privatisierungen und Sozialkürzungen abzustrafen. Die sozialdemokratischen Parteien wurden, wie Labour in Großbritannien, überall von der Arbeiterklasse geschaffen, doch handeln sie im Interesse der Kapitalisten. Ihre Basis aus der Arbeiterklasse hat sie nun in ganz Europa hierfür abgestraft.

Es gibt ein dringendes Bedürfnis nach neuen Parteien der Arbeiterklasse, um diese Entwicklung umzukehren als Teil eines authentischen Kampfes der Arbeiterklasse gegen die Wirtschaftskrise. Ohne solche Parteien wird sich die Lage für die Arbeiter und die fortschrittlichen Kräfte in den nächsten Jahren weiter verschlechtern, da die Rechten Zugewinne verzeichnen werden.

Der Aufstieg der Rechten

Der massive Erfolg einiger rechter Parteien war das direkte Ergebnis der Erosion der Unterstützung der Sozialdemokratie.

In Spanien gewann die rechte Volkspartei die Wahl und schlug die regierende spanische sozialistische Partei. Die Konservativen gewannen auch in Portugal 10 Sitze und schlugen die auch dort regierenden Sozialdemokraten.

In Österreich sank die Unterstützung der sozialdemokratischen Partei auf nur noch 23,8%, und die extrem rechte Freiheitspartei gewann massiv Stimmen.

Die regierenden sozialdemokratischen Parteien wurden für ihre Verteidigung des Kapitalismus abgestraft. Die Menschen wählten rechts, verführt von den Versprechungen der Bosse, die Verhältnisse zu ändern, oder gingen erst gar nicht wählen.

Es wäre aber falsch zu sagen, die Menschen hätten aus Protest gegen die jeweils amtierenden Regierungen gestimmt. Auch in Ländern, in denen die Sozialdemokratie in der Opposition war, erzielten die Rechten spektakuläre Ergebnisse.

In Deutschland, welches im EU-Parlament die meisten Abgeordneten eines Landes stellt, erzielte die Partei von Kanzlerin Merkel einen überwältigenden Sieg über die Sozialdemokraten, die Teil von Merkels Koalitionsregierung sind.

In Frankreich erzielte Nicolas Sarkozy's UMP einen bedeutenden Sieg, in Italien gewannen die rechte Partei des korrupten Silvio Berlusconi ebenso wie die Liga Nord, die 10% der Stimmen errang.

In den Niederlanden wurde die Partij voor de Vrijheid (Freiheitspartei)  des islamophobischen Politikers Geert Wilder mit 17% zweitstärkste Partei. In Ungarn errang die faschistische Partei Jobbik drei Mandate. Diese veranstaltet uniformierte Umzüge unter dem Motto „Ungarn den Ungarn". Ihre paramilitärischen Einheiten veranstalteten provokatorische Umzüge in Dörfern der Roma, und der Chef der Polizeigewerkschaft war einer ihrer führenden Kandidaten.

In Belgien besiegte das rechte Zentrum die Linke und die extreme Rechte  -  der faschistische Vlaams Bloc  erlitt signifikante Verluste. Ihr Führer Filip Dewinter  tröstete sich mit den Worten: „Flandern hat sich nach rechts gewendet. Die Linke hat verloren."

Und die „radikale“ Linke?

Die Wahlergebnisse der neueren linken Parteien waren unterschiedlich. In Deutschland erzielte die linke Partei Die Linke 7,5% und errang acht Sitze, ein sehr gutes Ergebnis. In Frankreich erzielte die Front de Gauche (Linke Front) 6,3 % und fünf Sitze. Die größte Kraft dieser Front ist die neu gegründete Parti De Gauche (Linkspartei), eine linke Abspaltung von der sozialistischen Partei, die kurz nach der Gründung der radikalen Parti De Gauche  (Neue antikapitalistische Partei) ins Leben gerufen wurde in einem offensichtlichem Versuch, deren Wachstum zu behindern. Trotzdem gewann die NPA 4,9 %, was aber nicht für ein Mandat reichte wegen der reaktionären 5% Klausel.

Der Linke Block in Portugal errang beeindruckende 10 % der Stimmen und das Committee for a Workers International (CWI)  jubelte, nachdem seine irische Sektion, die Socialist Party, einen großen Sieg errungen hatte: Joe Higgins wurde gewählt und schlug die regierende Fianna Fail Partei. Dies war Ausdruck eines Trends, der FF und ihren grünen Bündnispartner schlecht abschneiden lässt. Die Bewegung der irischen ArbeiterInnen nach Links wurde von Kieran Allen von der SWP begrüßt mit den Worten: „Die radikale Linke muss jetzt Diskussionen beginnen, um eine Allianz einer breiten radikalen linken Partei zu bilden, in der verschiedene Strömungen koexistieren können". Ein solcher Ruf nach einer Partei muss von Sozialisten, Arbeitern und der Jugend begrüßt werden. Diese sollten sich für eine neue Arbeiterpartei einsetzen sowie eine demokratische Debatte über ihr Programm und ihre Strategie.

Jedoch sollten SozialistInnen sich hüten. Der Grund für den Zusammenbruch der Sozialdemokraten war deren Partnerschaft mit den Kapitalisten. Die Parti de Gauche in Frankreich und Die Linke in Deutschland sind linke reformistische Parteien, die nicht ausgeschlossen haben, in kapitalistischen Regierungen mitzuwirken; im Falle der Partei Die Linke hat diese sich bereits an neoliberaler Politik in Berlin beteiligt, wo sie Teil einer kapitalistischen Koalition mit der SPD im Regionalparlament ist. Diese Parteien werden sich in den Augen der Arbeiterklasse in derselben Weise kompromittieren wie das die traditionellen sozialdemokratischen Parteien getan haben  - ob in einem Jahr oder in 10.

Wir brauchen antikapitalistische Arbeiterparteien, die von Anfang an klar machen, dass sie nicht in Koalitionsregierungen mit kapitalistischen Parteien im Interesse der Kapitalisten fungieren werden, aber statt dessen kämpfen werden für Arbeitermacht, für vollständige Unabhängigkeit von den Kapitalisten, für Arbeiterregierungen auf der Basis allein von Arbeiterorganisationen.

Die NPA ist eine bedeutsamere Entwicklung als Die Linke in dieser Hinsicht, da sie sich einen großen Schritt hin schon auf eine Position zubewegt hat, die Koalitionen mit Kapitalisten auschließt und den Weg weist für andere solche Projekte in Europa. Nach der Enttäuschung über die Verweigerung von Sitzen in Strasbourg sollte die NPA Lockrufe nach einer prinzipienlosen Allianz mit der Parti de Gauche zurückweisen.

Wie geht es weiter?

Sollte man nicht in Zeiten der Wirtschaftskrise erwarten, dass die ArbeiterInnen ihre eigenen Parteien wählen und sie verteidigen ? Die Realität ist, dass die Sozialdemokratie in Europa sich in einer Krise befindet. Ihre Unterstützung ist zusammengeschmolzen und sie findet keinen Ausweg. Die Menschen sind zunehmend wütend auf das System, die wachsende Armut, mit dem Gefühl der Entfremdung, voller Hass auf die kapitalistischen Eliten, die Geld noch in der Krise raffen.

Das Problem ist, weil keine ernsthafte sozialistische Alternative in Erscheinung tritt, eine die ernsthaft gegen die Wirtschaftskrise ankämpfen kann, dass die Rechte im Wachsen begriffen ist, indem sie die von den sozialdemokratischen VerräterInnen verursachte Verwirrung ausnutzt. Sozialdemokraten sind mit dem Kapitalismus vermählt. Sie können deshalb zusammen mit den GewerkschaftsführerInnen, die sie unterstützen, nicht das System herausfordern.

Millionen ArbeiterInnen wählten in Europa Parteien links von den sozialdemokratischen Parteien. Das ist eine wichtige Basis, auf der es aufzubauen gilt  -  trotz der Erfolge der Rechten. Unsere Aufgabe ist es, die antikapitalistischen Parteien Europas zusammenzubringen zu einer neuen Koordination, die jede Zusammenarbeit mit den Kapitalisten zurückweist, die ein Aktionsprogramm erstellt, die Wege aufzeigt zu Widerstand gegen die Krise, zum  Kampf für Arbeiterregierungen und zur Revolution. Dies bedeutet eine neue, internationale Partei, die für die sozialistischen Staaten von Europa kämpft.

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