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Britannien

Nein zu den nationalistischen Streiks!

Workers Power, Infomail 407, 4. Februar 2009

Im Folgenden veröffentlichen wir die Stellungnahme unserer britischen Schwesterorganisation und Sektion der Liga für die Fünfte Internationale, Workers Power, zu den nationalistischen Streiks bei der Lindsey/TOTAL Ölraffinerie in Nord-Killingholme, Lincolnshire vom 1. Februar 2009 (www.fifthinternational.org, weiter Infos: www.workerspower.com).

Dieser wilde Streik unter den Parolen „Stellt zuerst britische Arbeiter ein!“ (Put British Workers First!) und „Britische Arbeitsplätzefür britische Arbeiter“ (British Jobs for British Workers!) hat eine weit über England hinausgehende politische Bedeutung für die internationale Arbeiterbewegung.

Er stellt unmissverständlich die Frage von Nationalismus und Chauvinismus einer- oder Internationalismus andererseits.

Wir sind stolz darauf, dass Workers Power eine der wenigen Organisationen der britischen radikalen Linken ist, die eine klare Haltung gegen einen reaktionären Streik einnimmt, der sich eben nicht gegen die Kapitalistenklasse, sondern gegen die Beschäftigung italienischer und portugiesischer MigrantInnen richtet. Wir wollen an dieser Stelle nicht unerwähnt lassen, dass die „Socialist Workers Party“ als eine der wenigen Organisationen sich ebenfalls klar gegen Nationalismus und Chauvinismus positioniert hat. Leider haben die Gewerkschaftsbürokratie sowie der Großteil der britischen Linken von der KP über den_Respect-Abgeordneten George Galloway bis zur „Socialist Party“ (in Deutschland: SAV) eine ganz andere Haltung eingenommen, die entweder selbst den Nationalismus verteidigt oder seine Bedeutung herunterspielt, sich weigert, den reaktionären Charakter des Streiks zu benennen, zu sagen, was ist.

Das ist nicht nur eine feige Anpassung an den Sozialchauvismus und Nationalismus. Es ist auch politisch fatal und kurzsichtig. Sollte das Beispiel der britischen ArbeiterInnen im Land oder gar europaweit Schule machen, so würde es die ohnedies schon vorhandenen Spaltungslinien zwischen MigrantInnen und „einheimischen“ ArbeiterInnen dramatisch vertiefen und einen internationalen Abwehrkampf enorm erschweren, wenn nicht verunmöglichen.

Stellungnahme von Workers Power

Rund 3000 Bauarbeiter auf Ölraffinerien im Land sind in „wilde“, inoffizielle Streiks getreten. Weitere 900 Arbeiter im Sellafield-Kernkraftwerk können sich am Montag, dem 2. Februar, anschließen.

Normalerweise würde Workers Power energisch Streiks der ArbeiterInnen unterstützen, einschließlich inoffizieller Streiks, ohne die formelle Unterstützung der Gewerkschaftsführer.

Aber dieser Streik ist anders. Wir müssen ihn vorbehaltlos ablehnen.

Warum? Das Ziel der Streikenden sind nicht ihre Kapitalisten, sondern 100 italienische und portugiesische ArbeiterInnen bei der Lindsey Ölraffinerie in Nord-Killingholme, Lincolnshire.

Die Plakate der Streikenden fordern „Stellt zuerst britische Arbeiter ein!“ (Put British Workers First!) und „Britische Jobs für britische Arbeiter!“ (British Jobs for British Workers!). Shop Steward Kenny Ward fasste das Ziel der Bewegung ganz klar: „Es gibt Tausende in diesem Land, die Opfer dieser Diskriminierung sind, dieser Diskriminierung der britischen Arbeiter.“

Dies ist nichts anderes als eine Aufforderung, dass sich ausländische und eingewanderte ArbeiterInnen in den zweiten Platz in der Warteschlange hinter britische Staatsbürger zu stellen haben. Es sind reaktionäre Forderungen, die zur Spaltung der Arbeiterklasse führen. Sie befördern den Mythos - jeden Tag in der rechten Boulevardpresse verbreitet -, dass es ausländische ArbeiterInnen sind und nicht die Kapitalisten aller Länder, die für Arbeitslosigkeit und unsichere Arbeitsplätze in ganz Großbritannien verantwortlich sind.

Die Aufforderung, britischen Bürgern Vorrang vor Ausländern zu gewähren, stoppt nicht die kapitalistischen Unternehmen darin, die Arbeiterklasse den Preis der wirtschaftlichen Krise bezahlen zu lassen. Schlimmer noch, sie schwächt unsere Klasse und unsere Fähigkeit, einen vereinten Widerstand gegen die Rezession aufzubauen.

Wenn die Kapitalisten versuchen, durch billige, nicht durch gewerkschaftliche Verträge geschützte Arbeit die Löhne der ArbeiterInnen zu beschneiden, dann wäre es natürlich richtig, dies zu stoppen. Der richtige Ansatz wäre, mit den ausländischen Arbeitern direkt Verbindung aufzunehmen und sie zum Eintritt in die Gewerkschaft und zum Streik für Tariflöhne zu gewinnen.

Aber es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass dies der Gegenstand des Konflikts ist. Im Gegenteil, es wird berichtet, dass die Kapitalisten sich schon geeinigt haben mit der Gewerkschaft Unite, dass die italienischen und portugiesischen Arbeit„nehmer“ Tariflöhne erhalten auf dem gleichen Niveau wie die anderen Arbeiter.

Dieser Streik ist ein Ausbruch des britischen Nationalismus, jahrelang geschürt von Stories der rechten Presse, dass die MigrantInnen Schuld seien an der Arbeitslosigkeit. Trotz ihrer Militanz, die Streiks haben ein falsches Ziel und spalten in gefährlicher Weise, was eine geeinte Reaktion der Arbeiterklasse auf die Krise werden soll.

Die Arbeiterklasse ist international. Unsere Einheit ist abhängig vom Internationalismus - Einheit zwischen den MigrantInnen und denen, die in England geboren und aufgewachsen sind. Es gibt wahrscheinlich etwa zwei Millionen ausländische ArbeiterInnen hier, aber wahrscheinlich ähnlich viele britische ArbeiterInnen in Europa und anderswo. Alle stehen vor einer globalen kapitalistischen Krise, Millionen werden in die Arbeitslosigkeit gedrückt. Alle sollten dort, wo sie arbeiten, willkommen sein und die Solidarität der Klasse erfahren. ArbeiterInnen müssen in Großbritannien dem Beispiel unserer Brüder und Schwestern in Frankreich, Italien, Spanien folgen, und die Parolen gegen die Kapitalisten richten und nicht gegeneinander: „Es ist ihre Krise: Wir werden nicht bezahlen.“

Wenn die Rebellion der ArbeiterInnen gegen die Krise in Großbritannien umgeleitet wird auf den Weg des britischen Nationalismus, dann wird das in eine Katastrophe führen. Auch der Morning Star (Organ der KP Britanniens) behauptet schändlicherweise, dass den britischen ArbeiterInnen „das Recht auf Beschäftigung im eigenen Land“ verweigert werde.

Andere sind einfach noch dabei, der Frage auszuweichen, entgegen dem, was sie gehört und gesehen haben, nämlich dass dieser Streik einer für Privilegien für britische Bürger ist. George Galloway, Parlamentsabgeordneter von Respect., behauptet, die Streikforderungen wurden falsch dargestellt und sie seien in Wirklichkeit ein Ruf nach „menschenwürdigen Arbeitsplätzen, offen für alle, die sie beantragen“.

Die Sozialistische Partei (britische Schwesterorganisation der SAV) behauptet auf ihrer Website, dass die wichtigste Frage nicht sei, dass „ausländische“ Arbeit„nehmer“ von den Kapitalisten benutzt werden, wie in den Medien dargestellt, sondern dass es Tausende von arbeitslosen Bauarbeitern gebe. Wenn nur das die Ziele des Streiks wären! Aber die eigentliche Forderung der Streikenden ist „„Britische Jobs für britische Arbeiter“.

Die Aufgabe der Sozialisten muss sich unmittelbar auf den unglücklichen und tragischen Umstand beziehen, dass diese Streikwelle reaktionären Ziele hat und Einwände zu erheben, ohne Ausflüchte zu suchen, zu zögern oder die Tatsachen schönzureden.

Aus diesem Grund fordert Workers Power die Streikenden auf, alle ihre Forderungen fallen zu lassen, die ArbeiterInnen entlang nationaler Grenzen spalten und diesen reaktionären Streik zu beenden. Stattdessen brauchen wir die Forderung, Arbeitsplätze für Arbeitslose in jedem Ort, jeder Branche und in jedem Land des Wohnsitzes zu schaffen. Diese Forderungen müssen an die Kapitalisten und die Regierung gerichtet werden. Wir sollten darauf bestehen, dass alle Arbeit„nehmer“ nach Tarif bezahlt werden, und alle Gewerkschaftsmitglieder sind

Der TUC und die großen Gewerkschaften sollten keine Zustimmung zu nationalistischen Parolen zum Ausdruck bringen, sondern jegliche Unterstützung verweigern und eine militante Kampagne zur Verteidigung jedes Jobs starten. Sie könnten dies tun durch einen Aufruf zu einem landesweiten Generalstreik und einer Großdemonstration, wie es die französischen Gewerkschaften am Donnerstag, den 28. Januar, getan haben.

Ein paar einfache, klare Forderungen müssen erhoben werden:

Nicht ein einziger Arbeitsplatz darf verloren gehen

Jobs für alle Arbeitslosen

Keine Lohnkürzungen

Nein zur Vergabe von Unteraufträgen und Outsourcing

Nein zu Rassismus und Nationalismus - für die ArbeiterInneneinheit

Die Chefs der Banken und die Bosse sollen für die Krise zahlen - nicht die ArbeiterInnen

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