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Bahn

Nein zur Vermittlung durch Geißler/Biedenkopf!

Infomail 320, 16. August 2007

GDL-Vorsitzender Schell feierte den Vergleich vor dem Arbeitsgericht sowie die Einsetzung der Vermittler Geißler und Biedenkopf als Teilsieg auf dem Weg zum Spartentarifvertrag der GDL.

Zu Unrecht! Die Forderung nach einem Spartentarifvertrag ist in der konkreten Situation angesichts der massiven Lohnverluste der Lokführer und Zugbegleiter unter Tarifführerschaft von Transnet und GDBA sicher berechtigt. Vorsicht ist bei der GDL-Führung allerdings auch geboten, deutete Schell doch schon im Mittagsmagazin am 10. August an, dass man über Kompromisse bei Lohnforderungen und Arbeitszeit schon reden könne, sofern man sich auf den eigenen Tarifvertrag einige. Für die GDL geht es im Grunde um die weitere Existenz als Gewerkschaft, die sichtbar besser als Transnet abschließen muss.

Für die Bahn AG wäre ein Spartentarif kein prinzipielles Problem, und würde er per se auch nicht zu einer längerfristigen Verteidigung der Einkommen führen. Wohl aber würde eine solche Lösung ihren willfährigen Privatisierungspartner Transnet vor enorme Probleme stellen, da er fürchtet, seine tarifpolitische Vormachtstellung zu verlieren, sollte der GDL ein eigener Tarif zugestanden werden.

Die Bahn AG fürchtet, dass Transnet in einer solchen Situation die sozialpartnerschaftliche, staats- und SPD nahe Politik nicht mehr in der bisherigen Form weiterführt und radikaler auftreten müsste, um Mitgliederverluste an die GDL zu verhindern.

In den bisherigen Gesprächen wurden, so heißt es, erste Sondierungen vorgenommen. Geißler und Biedenkopf haben in den verschiedenen Interviews auch auf den Punkt gebracht, was die Voraussetzung erfolgreicher „Vermittlung“ ist: Stillschweigen. Auch wenn sonst nichts vereinbart wurde, so immerhin, dass der Inhalt der Gespräche geheim bleibt. Im Klartext: Die GDL-Basis erfährt in den nächsten Wochen nichts über den Stand der Verhandlungen, etwaige Angebote usw.

Mit der Ernennung der Vermittler und der Aussetzung des Streiks auch durch die GDL haben Bahn AG und Staat – unabhängig vom Ausgang weiterer Gerichtsverfahren – ein wichtiges Teilziel erreicht. Sie haben den Streik vorerst abgewendet und die GDL-Führung an den Verhandlungstisch gebracht, wo zu befürchten ist, dass sie für einige Zugeständnisse abschließt und so die Bahnprivatisierung weiter voranschreiten kann. Die Anrufung der „Moderation“ ist ein schwerer politischer Fehler, der zeigt, dass auch die GDL-Führung letztlich dem Kampf ausweichen will.

Die vom GDL-Vorsitzenden Schell vertretene Aussetzung des Streiks für die Dauer von Verhandlungen ist weder zwingend noch schlüssig. Wenn Schlichtung und Bahn AG finden, dass ein Arbeitskampf die Gespräche „belastet“, so zeigt das nur, dass sie wissen, dass ein Streik das stärkste Argument der Lokführer ist und genau das wollen sie nicht hören.

Die Anrufung der Vermittler und die Aussetzung des Streiks erfolgen, obwohl die Kampfkraft der Lokführer noch lange nicht erschöpft ist. Die aufgebaute Kampfbereitschaft droht so, wieder abzusacken. Dabei war es gerade ein lange anhaltender Streik der Lokführer, den Bahn AG, Regierung, Unternehmerverbände und div. bürgerliche Wirtschaftsexperten am meisten fürchteten. Ein solcher Streik hätte über die rein ökonomischen Forderungen hinausgehend auch zu einem politischen Streik gegen die Bahnprivatisierung werden können, zu einer Kraftprobe mit der Regierung.

Das wollen aber nicht nur die Bahn AG oder Transnet verhindern. Das will auch die GDL-Führung nicht. Das ist neben der realen Drohung durch die Arbeitsgerichte, bürgerliche Hetze usw. der zentrale Grund, warum die GDL-Spitze nicht auf Ausweitung des Kampfes und dessen Politisierung setzt. Von Hansen (Transnet) unterscheidet sich von Schell (GDL)  im Endeffekt nur momentan.

Die Drohung der Arbeitsgerichte

Der Kampf bei der Bahn und das Verbot von Streiks durch Arbeitsgerichte, das ja keineswegs auf Dauer vom Tisch ist, zeigt jedoch, zu welchen Mitteln Staat, Regierung und Unternehmerverbände in Zukunft greifen werden, sollten sie auf mehr Widerstand stoßen.

Sicherlich würden die LokomotivführerInnen in ihrem Kampf gegen die politischen Angriffe der Bourgeoisie nur schwer standhalten können – zumal es sich bei der GDL um alles andere als eine bruchlos klassenkämpferische Truppe handelt. Allein die Tatsache, dass sie strategische Teile der Wirtschaft lahm legen können; allein die Tatsache, dass sie sich trotz ihrer konservativen Führung (Schell ist nicht zufällig langjähriger CDU-Bundestagsabgeordneter) in der Urabstimmung mit über 90 Prozent ganz klar für Streiks ausgesprochen hat, zeigt, dass die GDL nicht auf den Kampf verzichten darf.

Schon deshalb brauchen die EisenbahnerInnen der GDL die Solidarität und Unterstützung aller Lohnabhängigen. Allein werden sie nur schwer standhalten können, egal wie der Kampf weitergeht. Aber ein landesweíter, harter Arbeitskampf würde auch Viele ermutigen, selbst für ihre Interessen durch Streiks einzutreten. Ein Streik der GDL hätte zu einer enormen Politisierung der Arbeiterklasse führen können – und kann das im Falle des Scheiterns der Vermittlung und der Wideraufnahme des Kampfes noch immer.

Der Kampf der Lokführer war und ist aber auch unser Kampf, weil sie ihre Forderungen dem Renditediktat der Bahn AG und den Privatisierungsplänen der Regierung nicht einfach unterordneten. Es ist unser Kampf, weil er Teil einer ganzen Reihe von Angriffen ist zum Abbau der demokratischen Rechte, um die Kosten der kapitalistischen Krise auf uns abzuwälzen.

Der Angriff auf das Streikrecht wurde – richtigerweise – auch von den DGB-Gewerkschaften verurteilt. Dabei darf es aber nicht bleiben! Die Hoffnung auf den „Rechtsstaat“ oder Gerichte ist fehl am Platz.

Gegen die Angriffe auf das ohnehin eingeschränkte Streikrecht müssten Solidaritätsaktionen, Betriebsversammlungen, praktische Arbeitsniederlegungen, ein politischer Streik, und politische Massendemonstrationen organisiert werden!

Das Streikverbot trifft uns alle, deshalb lasst uns in allen Städten große Demos organisieren. Lassen wir jetzt die Lokomotivführer nicht allein! Mit dem Vergleich von Bahn AG und GDL ist dieser Angriff auf das Streikrecht noch nicht vom Tisch! Bildet Solidaritätskomitees zur Unterstützung zukünftiger Streikaktivitäten!

Nein zur Aussetzung der Streiks! Nieder mit dem Streikverbot! Keine Geheimverhandlungen hinter dem Rücken der GDL-Mitgliedschaft! Keine Aussetzung des Streiks bei Gesprächen oder Verhandlungen! Nein zur Vermittlung durch Geißler/Biedenkopf! Kein Abschluss ohne vorherige Diskussion und Beschlussfassung an der Basis!

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