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Nach den Prügelorgien der Polizei und den Massendemonstrationen:

Sie können unseren Widerstand nicht brechen!

Stellungnahme der Liga für die 5. Internationale zu den Protesten gegen den G8-Gipfel in Rostock/Heiligendamm, 5. Juni 2007, Infomail 312, 8. Juni 2007

Die Ereignisse der letzten Tage bei den Massenprotesten gegen den G8-Gipfel in Norddeutschland sind von außergewöhnlicher Bedeutung. Rostock wurde zum Mikrokosmos der imperialistischen „Demokratie,“ aber auch des Widerstandes gegen die kapitalistische Globalisierung.

80.000 Menschen demonstrierten am 2. Juni in der norddeutschen Stadt gegen den G8-Gipfel. Sie brachten die breite Ablehnung der kapitalistischen Globalisierung durch die Arbeiterklasse und die Jugend zum Ausdruck. Die Reaktion der herrschenden Klasse ist bezeichnend. Sie setzen alle Mittel ein, um das Treffen der mächtigsten und größten Terroristen der Welt zu schützen. Mit außergewöhnlicher Brutalität geht die Polizei gegen die Protestteilnehmer vor. Wasserwerfer, Tränengas, Prügelorgien, weit über 100 Festnahmen – kein Mittel ist den bezahlten Schlägern des Staates zu Schade, um den Protest mundtot zu machen. Das skandalöse Ergebnis der staatlichen Gewaltorgie waren 1.000 Verletzte. Auch bei der Demonstration für die Rechte der MigrantInnen versuchte die Polizei durch Kessel, Verhaftungen und der Untersagung der genehmigten Polizeiroute die Demonstranten zu zermürben. Über die Camps der Protestteilnehmer fliegen ununterbrochen Polizeihubschrauber.

Gleichzeitig startet die herrschende Klasse angesichts des in der Bevölkerung unpopulären G8-Treffens eine ideologische Offensive und versucht so, den Widerstand gegen die kapitalistische Globalisierung zu schwächen, zu spalten und dessen verstärkte Repression vorzubereiten. Die BILD-Zeitung, das reaktionäre Hetzblatt, titelte „Wollt ihr Tote, ihr Chaoten?“ und unterstellt den Demonstranten den Willen zum Mord. Weiters fordert sie den Einsatz von Anti-Terroreinheiten gegen die Demonstrationen. Als linksliberal geltende Medien wie die taz schließen sich der Kampagne gegen den militanten Widerstand an und titeln „Nie wieder Rostock!“.

Damit versucht die Bourgeoisie den Ausbau ihres Repressionsapparates zu rechtfertigen. Reaktionäre Politiker und Polizeisprecher einschließlich der Gewerkschaft der Polizei fordern u.a. ein noch brutaleres Durchgreifen gegen Demonstrationen, den Einsatz von Gummigeschossen, die Verschärfung des sogenannten Vermummungsverbotes und Ausweitung der Befugnisse der GSG 9. Mit dieser Hetze versucht die herrschende Klasse ein Klima zu schaffen, um ein zweites Genua vorzubereiten!

So sieht ihre „Demokratie“ aus! Ja, alle paar Jahre können wir einen Zettel in die Wahlurne werfen. Aber dies beeinträchtigt nicht im geringsten die Macht und die Politik der Kapitalistenklasse, als deren Handlanger die jeweiligen Regierungen dienen. Um ihre Interessen gegen Widerstand durchzusetzen, hält sich diese Kapitalistenklasse einen Staatsapparat, der notfalls mit aller Gewalt gegen die Proteste der Arbeiterklasse, der Jugend, der MigrantInnen vorgeht. Ihre „Demokratie“ ist eine verdeckte Diktatur der Kapitalistenklasse!

Doch die Peitsche der Konterrevolution hatte bislang nicht den gewünschten Erfolg, sondern bestärkte die AktivistInnen gegen die kapitalistische Globalisierung. Gegen die brutalen Attacken am 2. Juni gab es heftigen, gerechtfertigten Widerstand vieler Demonstranten. Offensichtlich war die Polizei von der Gegenwehr überrascht und verzeichnete über 480 Verletzte. An der Demonstration für die Rechte von Migrantnnen am 4. Juni nahmen (nach Polizeiangaben!) trotz der Abgelegenheit des Demonstrationsortes, der Tatsache, dass dies ein Werktag war und der zahlreichen polizeilichen Schikanen mehr als 10.000 Demonstranten teil. Unter den Aktivistinnen und Aktivisten gibt es eine breite Solidarität gegen die Knüppelgarden der herrschenden Klasse.

Wir fordern die sofortige Freilassung der Gefangenen! Keine Abschiebung der Festgenommen! Stopp der Repression und Ausschaltung demokratischer Rechte! Der Kampf gegen den G8-Gipfel in Rostock verdient die Solidarität und Unterstützung der Arbeiterbewegung und der Unterdrückten auf der ganzen Welt durch Massendemonstrationen, Kundgebungen, Protestversammlungen!

Anders sehen das hingegen die offiziellen VertreterInnen der Bewegung. Sie können sich gar nicht schnell genug demutsvoll vor den Forderungen der Bourgeoisie verbeugen. ATTAC-Sprecher Peter Wahl schließt sich den Schuldzuweisungen der Polizei in Richtung des radikalen Teils der Demonstranten an, fordert deren Ausschluss von den Demonstrationen („Wir wollen euch nicht dabei haben!“) und ruft zu deren Denunziation auf. In eine ähnliche Richtung äußerten sich führende PDS-Politiker. Monty Schädel, ein Sprecher des Demonstrationsbündnisses, versicherte im Fernsehen, dass man künftig eng mit der Polizei zusammenarbeiten und mutmaßliche Rechtsbrecher der Polizei bekannt geben werde.

Das wahre Gesicht einer jeden politischen Kraft zeigt sich nicht in Sonntagserklärungen und bloßen Parteitagsbeschlüssen, sondern im Klassenkampf. In Rostock haben die reformistischen ATTAC-Führer gezeigt, dass sie wenn es darauf ankommt auf Seiten des kapitalistischen Staates stehen und nicht auf Seiten der antikapitalistischen ArbeiterInnen und Jugendlichen. Sie handeln wie Streikbrecher und Agenten der Bourgeoisie in den Reihen der Bewegung.

Doch viele Aktivistinnen und Aktivisten wollen gegen die kapitalistische Globalisierung kämpfen. Rostock zeigt, dass in den letzten Jahren eine neue Generation von KämpferInnen herangewachsen ist. Diese AktivistInnen verstehen immer mehr, dass die Ursache des Übels von Krieg und Armut nicht bloß an falschen Personen liegt, sondern am kapitalistischen System selber. Dies drückt sich auch in der Politisierung der Proteste aus. Der linke Globalisierungskritiker Walden Bello wies in seiner Rede auf der Demonstration am 2. Juni zurecht darauf hin, dass im Unterschied zu heute bei den G8-Protesten vor zwei Jahren in Schottland die Szene noch von Popstars wie Bono und einer NGO-Elite geprägt war. Damals war das Motto noch „Make Poverty History“. Heute lautet es „Make Capitalism History“.

All dies bestätigt die Weltlageeinschätzung und die Perspektiven der LFI. Die Krise des kapitalistischen Systems führt zu einer zunehmenden Verschärfung der politischen und sozialen Widersprüche, aber auch der Klassenkämpfe. Doch zugleich ist die Weltlage durch eine dramatische Führungskrise der Arbeiterklasse geprägt. Im Feuer der kapitalistischen Offensive suchen all die reformistischen Führer das Wohlwollen der herrschenden Klasse und sind daher zu noch mehr Anpassung und Unterordnung auf Kosten der Arbeiter und Jugendlichen bereit. Wie wir sehen, gehen sie so weit und biedern sich der Kapitalistenklasse als Streikbrecher und Denunzianten an. Mit solchen Repräsentanten können wir nicht gewinnen.

Wir müssen den Verrätern an der Spitze der Bewegung, jene die sich auf unsere Kosten einen Platz innerhalb des kapitalistischen Systems erkaufen wollen, etwas entgegensetzen. Diese Aufgabe stellt sich allen, die gegen die Offensive der herrschenden Klassen, des Imperialismus und Kapitalismus erfolgreich Widerstand leisten wollen. Die LFI schlägt daher den Organisationen und Aktivisten der antikapitalistischen Linken vor, sich zu einer Koordination zusammenzuschließen. Eine solche antiimperialistische und antikapitalistische Koordination könnte effektiver sowohl für gemeinsame Aktionen und Kampagnen gegen die kapitalistische Offensive einzutreten und dafür in den Massenorganisationen der Klasse, in Gewerkschaften sowie in den sozialen Bewegungen, z.B. im ESF und WSF, eintreten.

In all diesen Kämpfen müssen wir die Selbstorganisation der Klasse, den Aufbau von Kampforganen eintreten, die von der Basis getragen und kontrolliert werden – Aktionskomitees, Streikkomitees, Selbstverteidigungsorganisationen für Demonstrationen, gegen Angriffe des Staates oder von Faschisten. Die Erfahrung von Rostock zeigt, dass der Aufbau organisierter Selbstverteidigung gegen Polizeiprovokationen und Repressionen eine Überlebensfrage ist, wenn wir unseren Kampf gegen die Politik der G8, gegen imperialistischen Krieg, Folter, Ausplünderung der Welt, Ausbeutung der Arbeiterklasse erfolgreich führen wollen.

Eine Koordinierung der Kämpfe und Kampforgane reichen für sich genommen jedoch nicht. Wir brauchen auch die Diskussion über die Perspektive der Bewegung und der politische Ausrichtung.

Der Kampf der Arbeiterklasse und Jugend braucht eine revolutionäre Perspektive, eine Perspektive des entschlossenen Kampfes gegen alle Attacken der Bourgeoisie mit dem Ziel, dieses System nicht zu reformieren, sondern zu stürzen und durch eine sozialistische Gesellschaft zu ersetzen. Wir brauchen eine organisatorische Kraft, die diese Perspektive in die Praxis umsetzt - eine revolutionäre Partei. Eine solche Partei bedarf es nicht nur in jedem einzelnen Land, sondern auch international. Wir brauchen eine Weltpartei für die sozialistische Revolution – eine neue 5. Internationale.

In Rostock konnten wir die Fortschritte feststellen, die uns bereits gelungen sind. Am 2. Juni marschierten wir gemeinsam mit den Genossen der italienischen Gewerkschaft COBAS in einem Demonstrationsblock und organisierten am nächsten Tag eine Veranstaltung mit ihrem führenden Vertreter Piero Bernocci. Seit einiger Zeit arbeiten wir enger mit zahlreichen Organisationen zusammen, die im „Anti-G8-Bündnis für eine revolutionäre Perspektive“ sowie im „Antiimperialistischen und Antifaschistischen Aktionsbündnis gegen die G8“, darunter Organisationen wie darin ATIK, Neue Demokratische Jugend, ILPS, AGIF und Young Struggle. Wir haben gemeinsam mit diesen GenossInnen und tausenden anderen die Demonstrationen am 2. und 4.Juni verteidigt, Aktionen gegen drohende Polizeikessel organisiert usw. Jede und jeder, der die Tage von Rostock miterlebt hat, weißt, dass hier etwas Außergewöhnliches passiert ist. Wir erleben Tage der kapitalistischen Hetze, aber auch des entschlossenen Widerstandes. Wir erleben Tage der gelebten Solidarität und der Zusammenarbeit der antiimperialistischen und antikapitalistischen Kräfte. Sie können unseren Widerstand nicht brechen! Wir gehen voran im Kampf für eine andere Welt. Mehr denn je ist klar: Keine Zukunft ohne Sozialismus! Kein Sozialismus ohne Revolution! Keine siegreiche Revolution ohne Partei! Vorwärts im Kampf für die 5. Internationale!

Anmerkung: Aufgrund der Mobilisierungen gegen den Gipfel und Aktivitäten unserer GenossInnen können wir die Stellungnahme vom 5. Juni leider erst heute veröffentlichen. Wir werden in den nächsten Tagen eine ausführliche Bilanz der Ereignisse vorlegen.

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