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Italien

Prodis nächster Anlauf

Infomail 299, 2. März 2007

Nur wenige Tage nach dem Rücktritt, sitzt die „Unione“, Prodis Volksfrontregierung, in Italien wieder in Amt und Würden.

Vorausgegangen war der Regierungskrise eine verlorene Abstimmung in der zweiten Kammer, als sich zwei Senatoren vom linken Flügel von Rifondazione Comunista (RC), Fernando Rossi und Franco Turigliatto, der Stimme enthielten.

So brachten sie eine Gesetzesvorlage der Regierung zu Fall, welche die langfristige Stationierung von 1.800 italienischen Soldaten im Rahmen der Besatzung Afghanistans und den Ausbau der US-Militärbasis in Vicenza vorsieht.

Während sich die Koalition von 200.000 DemonstrantInnen und ihren eigenen Wahlversprechen nach Truppenabzug unbeeindruckt zeigte, ließen Rossi und Turigliatto einen Rest von Anstand verspüren.

Nur einige Tage später sitzt die Regierung Prodi nun wieder im Amt. In alter Aufstellung, aber mit größeren Kompetenzen des Regierungschefs. So entpuppt sich der zurückgetretene Prodi vorerst als Sieger der Krise, hat er doch die Parteien seiner Koalition - von der Linken RC über die Sozialdemokratie bis zum bürgerlichen Lager - hinter sich. Verbreitet hat er die parlamentarische Basis seiner Koalition außerdem auch durch den Übertritt eines Berlusconi-Anhängers im Senat.

Dass sich die neue Regierung so rasch gebildet hat, hat mehrere Gründe. Das italienische Kapital braucht angesichts einer drohenden ökonomischen Krise und geplanter drastischer Sozialabbaumaßnahmen (z.B. eine Rentenreform) eine Regierung, die ihre Geschäfte betreibt und dabei möglichen Arbeiterwiderstand im Zaum hält.

Die Drohkulisse einer Rückkehr Berlusconis oder von Neuwahlen, die die Rechten gewinnen könnten, hält die Koalition zusammen - dient sie doch dazu, nicht nur die sozialen Angriffe auf die Arbeiterklasse, sondern auch Zugeständnisse an den Vatikan, das rassistische Grenzregime gegen Afrika und die militärische Interventionen des italienischen und europäischen Imperialismus zu rechtfertigen.

Zugleich geht RC gegen die oppositionellen Senatoren vor. So erklärte das Exekutivkomitee der PRC (Partei der Kommunistischen Neugründung), das Verhalten des Senators Franco Turigliatto, sich bei der Abstimmung über die Außenpolitik der Regierung zu enthalten, sei unvereinbar mit den Positionen der Partei. Turigliatto hat seinerseits den Rücktritt als Senator angekündigt - ein moralischer Protest, der politisch jedoch nur Prodi und der PRC-Führung zugute kommt.

Was zeigt diese Affäre? Erstens die Willfährigkeit der PRC, des einstigen Aushängeschilds der reformistischen europäischen Linken, zweitens verdeutlicht es, wie sehr sich die Linken in der PRC - auch Turigliatto und Rossi - bisher an den Kurs der Führung angepasst haben.

Beide haben zwar ihre Zustimmung zur letzten Schweinerei der Regierung Prodi verweigert, die Beteiligung an einer Regierung des italienischen Imperialismus unter Ägide des ehemaligen Vorsitzenden der EU-Kommission haben sie bisher aber mitgetragen. Es gehört schon eine gehörige Portion politischen Naivität und Opportunismus dazu, wenn man glaubt, man könne gleichzeitig eine bürgerliche, imperialistische Regierung unterstützen und zugleich bei deren imperialistischer Kriegspolitik nicht mitmachen zu müssen.

Hier hilft kein Gejammer, dass die Regierung Prodi, dass die Vertreter der herrschenden Klasse Politik im Interesse der herrschenden Klasse machen. Das politische Verbrechen von PRC in der Regierung ist ja nicht einfach, die letzte Gesetzesvorlage unterstützt zu haben - die Beteiligung an der Regierung selbst ist das politische Verbrechen der PRC!

Diese Regierung des Kapitals wollen Bertinotti und die anderen RC-Führer mit allen Mitteln erhalten. Daher ist es von ihrer Warte aus folgerichtig, dass alle Linken in der Partei vor ein Ultimatum gestellt werden, sich Prodi zu unterwerfen oder zu gehen.

Vor dieser - unvermeidlichen - Konfrontation haben sich viele in der PRC in den letzten Monaten gedrückt. Schon die Gründung des Wahlbündnisses „unione“ hätte zum Fraktionskampf gegen die Führung um Bertinotti genutzt werden müssen und zur Vorbereitung einer eigenen, klassenkämpferischen politischen Organisation. So hätte die Bildung der Volksfrontregierung unter Prodi als Mittel zum Bruch mit RC genutzt werden können, um so einen politischen Attraktionspol, die Grundlagen für eine neue Arbeiterpartei für linke Basisgewerkschaften wie die COBAS, linke AktivistInnen in anderen Föderationen und die sozialen Bewegungen zu schaffen. Denn eines zeigt die Affäre um Prodi auch: Die PRC ist loyaler Teil seiner Regierung – sie ist keine Vehikel für den Kampf gegen die herrschende Klasse in Italien, sondern ein Hindernis.

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