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Bericht von der internationalen Konferenz in Beirut 16.-19. November 2006

Solidarität mit dem Widerstand

Infomail 289, 1. Dezember 2006

Die Beiruter Solidaritätskonferenz mit dem Widerstand war ohne Zweifel ein beeindruckendes und äußert wichtiges Ereignis. 400 Delegierte aus allen Kontinenten kamen in der libanesischen Hauptstadt zu einer viertägigen Konferenz zusammen. Ziel des Treffens war einerseits, der Weltöffentlichkeit die breite internationale Solidarität mit dem Widerstand gegen den US-Imperialismus und Israel im Libanon und dem gesamten Nahen Osten zu demonstrieren. Andererseits ging es um die Diskussion der Perspektiven des antiimperialistischen Kampfes.

Im Unterschied zu ähnlichen vorangegangenen Konferenzen wie z.B. der Kairo-Konferenz zeichnete sich das Treffen in Beirut durch eine enorme Breite des Spektrums an TeilnehmerInnen aus. So kamen AktivistInnen u.a. aus dem Libanon, Syrien, Jordanien, Ägypten, Palästina, Tunesien, Marokko, Pakistan, Indien, Phillippinnen, Südkorea, Australien, Kongo, Nigeria, Kanada, USA, Kuba, Türkei, Griechenland, Italien, Spanien, Frankreich, Britannien, Niederlande, Deutschland und Österreich.

Um nur einige der anwesenden politischen Kräfte zu nennen (ohne Anspruch auf Vollständigkeit) seien folgende Organisationen genannt: Hisbollah, die Libanesische Kommunistische Partei, die Demokratische Volkspartei (Libanon), das Nationalkomitee für die Vereinigung der Kommunisten in Syrien, die PFLP und DFLP aus Palästina, die Kommunistische Partei Indiens (Marxisten), ANSWER/International Action Centre (USA), KOE und Griechisches Sozialforum (Griechenland), MLKP, TAYAD und die islamistische IHH (Türkei), Rete dei Comunisti (Italien), das Coordination Committee for the Refoundation of the Fourth International (Partido Obrero in Argentinien), das Bündnis „Stop the War“ in Britannien, die IST sowie die Liga für die 5. Internationale. Darüber hinaus nahmen zahlreiche Solidaritätskomitees und NGOs sowohl aus dem Nahen Osten als auch aus Europa teil.

Die Eröffnungsrede der Konferenz hielt der stellvertretende Generalsekretär der Hisbollah, Scheich Naeem Kasam. Er bemühte sich sichtlich, eine Brücke zu schlagen vom kleinbürgerlichen Islamismus der Hisbollah zu den anwesenden Delegierten der säkularen antiimperialistischen Linken. So betonte er die Notwendigkeit eines Bündnisses des islamisch-religiösen Widerstandes gegen Imperialismus und Zionismus mit der säkularen Linken. Dabei wies er auf das Lenin-Zitat hin: „Die Einheit dieses wirklich revolutionären Kampfes der unterdrückten Klasse für ein Paradies auf Erden ist uns wichtiger als die Einheit der Meinungen der Proletarier über das Paradies im Himmel.“ Sein Appell zur Zusammenarbeit gipfelte in der Losung „Arme und Unterdrückte aller Länder, vereinigt euch!“

In den Redebeiträgen während der Generaldebatte dominierte das klare Bekenntnis der TeilnehmerInnen zum Antiimperialismus und der Solidarität mit dem Widerstand - sowohl im Libanon als auch in Palästina und dem Irak. Unüberhörbar war der große Enthusiasmus, den der erfolgreiche Widerstand der Hisbollah gegen den israelischen Terrorkrieg im Juli und August dieses Jahres in der weltweiten Antikriegsbewegung hervorgerufen hat.

Die Vorschläge der LFI

Die Liga für die 5. Internationale (LFI) stellte bei ihrer Intervention in der Konferenz die Notwendigkeit in den Vordergrund, eine weltweite Solidaritätsbewegung auf der Grundlage der klaren Opposition gegen die imperialistische Aggression und mit globalen, demokratischen Strukturen zwecks Koordinierung des Widerstandes aufzubauen. So schlugen wir in unserem an die Delegierten verteilten Flugblatt vor, folgende Positionen in die Abschlusserklärung der Konferenz aufzunehmen:

Stoppt die israelische Aggression gegen den Libanon! Israelische Truppen raus aus den Shebaa Gebieten!

UN und europäische Truppen - raus aus dem Libanon! Der Libanon darf kein internationales Protektorat der Großmächte werden!

Stoppt die Erdrosselung des palästinensischen Volks durch Israel! Werft die israelischen Besatzer aus Palästina raus! Nein zur imperialistischen Besatzung im Irak und Afghanistan!

Solidarität mit dem Widerstand in Libanon, Palästina, Irak und Afghanistan!

Hände weg von Iran und Syrien! NEIN zu jeder Form von Sanktionen!

Die Beiruter Konferenz soll zu einem weltweiten wirtschaftlichen und politischen Boykott gegen Israel aufrufen - organisiert von den internationalen Gewerkschaften und der Antikriegsbewegung! Isoliert den Aggressor!

Um unsere Solidarität mit dem Widerstand zu demonstrieren, sollte es eine internationale Tour von Vertretern aus dem Libanon und anderen Ländern mit Großveranstaltungen geben.

Die Beiruter Konferenz soll zu weltweiten spontanen Massenprotesten am Tag X im Falle einer weiteren Aggression Israels gegen den Libanon oder einer Attacke gegen Syrien oder den Iran aufrufen.

Die Beiruter Konferenz soll zu einem internationalen Aktionstag gegen Krieg und Besatzung am 17. März 2007 zum Jahrestag der Invasion gegen den Irak aufrufen.

Die Beiruter Konferenz geht davon aus, dass der Imperialismus all jene bedroht, die gegen seine Aggression und seinen Raubzug Widerstand leisten, sei es in Lateinamerika (Venezuela, Kuba, Bolivien etc.), in Asien (Nordkorea) und auch in Afrika. Wir müssen jeden Widerstand gegen wirtschaftliche und politische Blockaden, CIA-gesponserte Putsche und Invasionen unterstützen.

Um diese Aktivitäten zu koordinieren und rasch auf neue Situationen zu reagieren schlagen wir die Bildung einer internationalen Koordination von Delegierten aus allen Ländern, die sich mehrere Male im Jahr treffen und die in regulärem Kontakt miteinander stehen.“

Auch andere Delegierte wie z.B. jene der MLKP aus der Türkei sprachen sich für die Schaffung einer internationalen Koordination aus.

Ein wichtiger Teil der Konferenz waren auch die beiden Fahrten nach Südbeirut sowie nach Aaita ech Chaab im Südlibanon, bei denen sich die Delegierten einen Überblick über die Zerstörung des Landes durch die israelische Armee verschaffen konnten. Ebenso beeindruckend war jedoch auch die von der Hisbollah organisierte energische Wiederaufbautätigkeit, die sich v.a. im Bereich der Infrastruktur bemerkbar macht (z.B. der zügig voranschreitende Brückenbau).

Probleme und Schwächen

Natürlich offenbarte die Konferenz auch verschiedene Schwächen und Probleme der weltweiten Bewegung gegen den imperialistischen Krieg und Besatzung. Hier sind als erstes einmal jene Organisationen zu nennen, die durch Abwesenheit glänzten und denen die antiimperialistische Solidarität kein Anliegen zu sein scheint. Dies sind die Europäische Linkspartei sowie die IV. Internationale (LCR in Frankreich).

Im Falle der ELP ist dies natürlich alles andere als überraschend, treten deren Mitgliederparteien doch überall dort, wo sie nur können, in imperialistische Koalitionsregierungen ein (in Deutschland/Berlin die Linkspartei.PDS und in Italien Bertinottis Rifondazione Comunista) und unterstützen die Entsendung imperialistischer Besatzungstruppen in den Libanon.

Andererseits war auch die Abwesenheit islamistischer Organisationen auffallend (außer der Hisbollah natürlich sowie der türkischen IHH). Hier scheinen die sunnitischen Islamisten eine gleich große Ablehnung gegen den Imperialismus wie auch gegen die Schiiten zu verspüren und verweigern der (schiitischen) Hisbollah ihre Solidarität.

Der Konflikt zwischen den pan-arabischen Nationalisten und der schiitischen, pro-iranischen Hisbollah trat auch bei den Diskussionen zur Abschlusserklärung hervor, als es um die Verurteilung der Einmischung des iranischen Regimes im Irak ging.

Die Konferenz zeichnete sich durch eine lebhafte Diskussion aus und das Bemühen der Organisatoren, alle TeilnehmerInnen zu Wort kommen zu lassen. Andererseits soll auch nicht verschwiegen werden, dass die Organisatoren ganz in ESF-Manier darauf achteten, dass sie die Arbeitsgruppe, die die Abschlusserklärung verfasste, selbst ernennen konnte.

Eine politisch besonders erbärmliche Rolle als rechter Flügel der Bewegung spielte wieder einmal die IST (SWP in Britannien, Linksruck in Deutschland, Linkswende in Österreich). Ihre zahlreichen VertreterInnen beschränkten sich in den Wortmeldungen auf allgemeine Denunziationen des Imperialismus und der Islamophobie.

So richtig diese allen Beteiligten bekannten Feststellungen auch sind, so wenig geben sie Antwort auf die brennende Frage nach der Perspektive der Bewegung. Hierüber schwiegen sich diese Pseudo-Revolutionäre aus bzw. gaben explizit reformistische Antworten. Gegen die antiimperialistische Stimmung unter den Delegierten gerichtet meinten IST-Redner, dass man keine allzu radikalen Losungen annehmen sollte, um nicht die pazifistischen Bündnispartner im Westen zu verschrecken.

Gegen die vom Vertreter der LFI sowie anderen aufgestellte Forderung nach Abzug der imperialistischen Truppen aus dem Libanon, meinte die IST, dass dies zu weit gehe und es doch ausreiche, wenn man nur fordere, dass die UN-Soldaten nicht die Hisbollah entwaffnen dürfte. Auch gegen unser Drängen nach einer internationalen Koordination der Solidaritätsbewegung wandte sich die IST mit dem banalen Argument, dass die lokale Basisarbeit wichtiger sei. Dieses „Argument“, das die Basisarbeit in den verschiedenen Ländern gegen die internationale Koordination derselben auszuspielen versucht, ist etwa genauso intelligent wie die Behauptung, dass die Flügel eines Flugzeugs wichtiger seien als die Steuerung.

Hinter dieser politischen Stoßrichtung verbirgt sich ihre bürokratisch-reformistische Politik, die sich in der politischen Unterordnung unter islamistische oder sozialdemokratische Kräfte ausdrückt sowie der sektiererischen Haltung, radikalere Kräfte nach Möglichkeit aus Bündnissen oder Parteien hinauszudrängen. Aus dem gleichen Grund versuchte die IST auch zu verhindern, dass mit der Beiruter Konferenz eine internationale Solidaritätsbewegung entsteht, da sie hier - im Unterschied zu den vorangegangenen, kleineren Kairo-Konferenzen - keine bedeutende Rolle spielen konnte.

Ein wichtiger Schritt vorwärts

All diese Schwächen und Probleme wiegen aber keineswegs den überwiegend positiven Charakter der Konferenz auf. In der Abschlusserklärung wurde die bedingungslose Ablehnung der imperialistischen und zionistischen Aggression sowie die Solidarität mit dem libanesischen, palästinensischen und irakischen Widerstand betont.

Weiter wurde beschlossen, drei internationale Aktionstage der Solidarität durchzuführen (den 20. März in Solidarität mit dem irakischen Widerstand, den 12. Juli in Solidarität mit dem libanesischen Widerstand und den 28. September in Solidarität mit dem palästinensischen Widerstand). Weiter soll es eine Kampagne gegen die imperialistische Medienhetze gegen den Widerstand geben. Es wurde auch die Stärkung der Zusammenarbeit zwischen dem islamistischen und dem säkularen, linken Widerstand gegen Imperialismus und Zionismus hervorgehoben.

Es soll eine internationale Kommission gebildet werden, die ein Kriegsverbrechertribunal gegen Israel organisiert. Ebenso sollen Journalisten in einer Medienkommission zusammengefasst werden, um eine bessere Öffentlichkeitsarbeit angesichts der imperialistischen Lügen gewährleisten zu können. Schließlich wird es auch ein Koordinationskomitee geben, das sich um die Planung weiterer Aktivitäten kümmert. Dieses setzt sich u.a. aus VertreterInnen der Hisbollah, der libanesischen KP sowie der französischen Solidaritätsorganisation CCIPPP zusammen.

Die Bildung einer solchen Koordination ist zweifellos ein positiver Schritt, auch wenn sich erst herausstellen muss, ob sie sich tatsächlich als vorantreibende Kraft der internationalen Widerstandsaktivitäten erweist. Außerdem ist kritisch zu bemerken, dass es sich hier faktisch um die gleiche Gruppe handelt, die die Beiruter Konferenz organisierte und nicht um eine Koordination, die auf der Konferenz selbst diskutiert und bestimmt worden wäre.

Alles in allem war die Konferenz aber ein wichtiges Ereignis im antiimperialistischen Kampf. Die Konferenz hätte symbolisch zu keinem besseren Zeitpunkt stattfinden können. Sie fand genau zu jener Zeit statt, da die Widersprüche der imperialistischen Kriegspolitik im Nahen Osten immer offensichtlicher werden. Israel erlitt die erste militärische Niederlage seiner Geschichte, das Scheitern der US-Besatzungspolitik im Irak ist so deutlich wie nie zuvor, der Aufschwung des Widerstandes in Afghanistan hat den NATO-Besatzungstruppen hohe Verluste zugefügt und die Ablehnung der Regierung Bush selbst in der amerikanischen Bevölkerung wurde bei den jüngsten Wahlen mehr als deutlich.

Diese wachsenden Widersprüche der imperialistischen Weltordnung werden jedoch nicht zu einer friedlicheren Politik der Großmächte führen, sondern im Gegenteil ihre Aggression verschärfen. Der Aufbau einer schlagkräftigen antiimperialistischen Bewegung auf klarer Grundlage und mit aktionsfähigen Koordinationsstrukturen ist daher notwendiger denn je. Genau hierin sieht die Liga für die 5. Internationale auch ihre Aufgabe und wird mit verstärkter Kraft für das revolutionäre, kommunistische Programm und den Aufbau der 5. Internationale eintreten und dies mit der konkreten Mitarbeit in der internationalen Solidaritätsbewegung verbinden.

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