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Mexiko

Stoppt die Repression gegen die Volksversammlung von Oaxaca!

Stellungnahme der Liga für die Fünfte Internationale, 1. November 2006, Infomail 284

Am 29.10.2006 stürmten Truppen der mexikanischen Regierung das Zentrum von Oaxaca in einem Vorstoß zur Beendigung der Besetzung der zentralen Plaza, dem Zocalo, und zur Rückeroberung von Regierungs- und Mediengebäuden, die von der Bevölkerung seit Juni besetzt worden waren. Etliche KämpferInnen wurden dabei getötet und verwundet, viele verhaftet. Am 30.10 demonstrierten in Mexiko-Stadt 50.000 aus Protest gegen die Repression. Alle AntikapitalistInnen und die Arbeiterbewegung müssen auch gegen diese Repression protestieren und den sofortigen Rückzug von Armee und Polizei, die Freilassung der politischen Gefangenen und die Übergabe der Mörder an die Justizorgane der Bevölkerung fordern.

Vier Monate lang haben die Massen, angeführt von streikenden LehrerInnen, die Volksversammlung der Bevölkerung von Oaxaca (APPO) organisiert, die sich gegen den Staat und die Stadtverwaltung gestellt haben. Ihr Ziel war die Amtsenthebung des korrupten und repressiven Gouverneurs, U. Ruiz, der ein Mitglied der „Partei der Institutionellen Revolution“ (PRI) ist, die Mexiko von 1929 bis 2000 regiert hat.

Die APPO hat lokale Radiosender betrieben, die Selbstverteidigung organisiert und eine Situation von Doppelmacht im Staat Oaxaca geschaffen. Diese Ereignisse fielen zusammen mit einer allgemeinen nationalen Krise, die den Präsidentschaftswahlen folgte, bei dem der Sieg dem linkspopulistischen Anwärter Lopez Obrador praktisch von dem neoliberalen Kandidaten Felipe Calderon gestohlen wurde.

Die Massenbesetzung der Zocalos in Mexiko-Stadt und die Abhaltung von Massenkundgebungen mit millionenfacher Teilnahme schützte die Besetzungen von Oaxaca gegen die Angriffe der Regierung. Doch Lopez Obrador mobilisierte nicht weiter und überließ den paramilitärischen Banditen des Oaxaca-Gouverneurs das Feld, die dazu übergingen, die LehrerInnen und die Bevölkerung zu attackieren. Vergangene Woche wurde ein junger amerikanischer Indymedia-Journalist, Brad Roland, von ihnen getötet. Die Abschwächung der landesweiten Mobilisierung im Oktober und die fehlende Perspektive für den LehrerInnen-Streik und die Straßenmobilisierungen haben dazu beigetragen, Ruiz und Vicente Fox wieder in die Offensive zu bringen.

Letzte Woche haben die Spitzen der Lehrergewerkschaft eine Abstimmung zur Beendigung des fünfmonatigen Streiks der LehrerInnen in Oaxaca durchgeboxt. Dies hing auch mit dem Unvermögen der Führungen verschiedener Teile der Massenbewegung zusammen, die Volksversammlungen wie APPO in ganz Mexiko zu etablieren und die Kräfte der organisierten Arbeiterschaft in den Kampf zu ziehen. Als Hindernis dafür stehen stark bürokratisierte ‚offizielle’ Gewerkschaften im Weg, die an die PRI bzw. an die Nationale Aktionspartei (PAN) von Fox gebunden sind.

Die Unfähigkeit der Bewegung, vorwärts zu gelangen und die Beendigung des Streiks gaben den Kräften der Reaktion die erste Gelegenheit, auf die Bewegung von Oaxaca einzuschlagen. Der scheidende mexikanische Präsident Fox hat den ‚Ausbruch von Gewalt’, d. h. die Provokation von Ruiz PRI-Banditen, als Vorwand benutzt, um gegen dieselben Menschen vorzugehen, die von jenen Schlägern attackiert worden sind. Er will die als „Oaxaca-Kommune“ bezeichneten Doppelmachtorgane zerschlagen.

Ob er damit durchkommt, wird von den Aktionen der Bevölkerung und der Arbeiterbewegung sowie dem internationalen Rückhalt und dessen Wirkung abhängen. Die Massenkräfte, die sich für Obrador gegen den gestohlenen Wahlsieg engagiert haben, müssen nun für den Schutz Oaxacas in Marsch gesetzt werden. Obrador, obwohl bürgerlicher Politiker, hätte seine Stellung nutzen können (er hatte sich immerhin zum legitimen Präsidenten ausgerufen), um einen unbefristeten Generalstreik zu fordern. Er hätte die Soldaten auffordern müssen, den Gehorsam für die Unterdrückung der Bevölkerung zu verweigern. Aber schändlicherweise weigerte er sich, dies zu tun. Das zeigt ganz klar: Er ist kein ‚Präsident des Volkes’.

Nun sollten die Massenorganisationen, die ihn unterstützt haben, ihm die Gefolgschaft aufkündigen und die städtische und ländliche Armut aufrufen, die Straßen zu blockieren und das Leben des Landes zum Erliegen bringen, bis die Repression gegen die APPO beendet ist.

Die Strategie der Hoffnung auf einen Wandel zu Gunsten der verarmten Menschen durch einen Präsidentenwechsel, die Hoffnungen in eine neue ‚orangene Revolution’, d.h. die Besetzung öffentlicher Plätze und die Abhaltung riesiger Massenversammlungen, um den Wahlbetrug zu revidieren, reichen nicht aus! Mit solchen Methoden kann keine Regierung gestürzt werden, die noch von der Armee, der Kapitalistenklasse und v.a. von Mexikos mächtigem Nachbarn, den USA mit seinen Medien, unterstützt wird. Bushs Haltung zur ‚Volksmacht’ in der Ukraine, wo er den Regimewechsel wollte, ist nicht zu vergleichen mit seiner Distanzierung von einer oppositionellen Bewegung in Mexiko, dessen Regierung er erhalten wissen will. Der Nachrichtensender CNN berichtete seiner Zeit stündlich von den Ereignissen in Kiew, während die Ereignisse in Mexiko Stadt beinahe tot geschwiegen werden.

Die Strategie der Zapatisten (EZLN), niedergelegt in ‚der andere Feldzug’, hat sich als genauso unnütz erwiesen. Diese anarchistische Strategie beschränkt sich auf symbolische Auseinandersetzungen und die angebliche ‚Ermächtigung’ auf lokalem Sektor, vermeidet aber unter allen Umständen einen Massenkampf um die Macht auf Staatsebene. Ihr Spitzenvertreter, Unterführer Marcos, hat den Norden bereist und örtliche Kundgebungen abgehalten. Aber das war reine Ablenkung, als der kritische Punkt in den Massenkämpfen in Mexiko Stadt und Oaxaca erreicht worden war.

Jetzt hat die EZLN landesweite Massenaktionen, Blockaden und sogar einen Generalstreik gefordert, aber nicht vor dem 20.11.! Das ist zwar ein Fortschritt, aber noch immer zu wenig und kommt v.a. viel zu spät. Marcos sollte die ArbeiterInnen in Stadt und Land aufrufen, sofort zu streiken, ehe die ‚Aufwisch’operation vollendet ist.

Beide Strategien, Elektoralismus, ergänzt durch eine Scheinrevolution einer ‚Volksmacht’ oder ‚Gegenmacht’ in ländlichen Gemeinden, ermöglicht es der mexikanischen Bourgeoisie, die Kräfte des Widerstands zu spalten und ihre Hochburgen einzunehmen.

Der hohe Grad an Massenmobilisierung, die Diskreditierung und die Krise der mexikanischen bürgerlichen Demokratie sowie die monatelange Lähmung des Staats weisen auf die Anbahnung einer revolutionären Situation hin. Aber solche Situationen dauern nicht ewig, ebenso wenig wie die Massen unbefristet auf den Straßen gehalten werden können, wenn ihnen nicht klar ist, wie das Ziel erreicht werden kann.

Revolutionäre Situationen enthalten das Potenzial, dass in ihnen eine Revolution ausbricht, aber dies geschieht selten spontan. Wenn die Führer der Massen falsche Strategien verfolgen, wenn die Gewerkschaftsbürokratie den Weg zur Aktion versperren, dann werden sich die Kräfte der Konterrevolution von ihrem Schrecken erholen, ihre Verwirrung überwinden und zurückschlagen - je wilder, desto tiefer dieser Schrecken saß.

Wenn die ArbeiterInnen und BäuerInnen Mexikos sich ein solches Schicksal ersparen wollen, müssen sie diese populistischen Strategien über Bord werfen und die Waffen eines konsequenten Klassenkampfes ergreifen. Ausgangspunkt muss der Generalstreik sein, organisiert von den Bevölkerungsversammlungen, in deren Mitte die Arbeiterinnenabordnungen aus Bergwerken, Fabriken und den Bahn- und Busdepots stehen.

Die unabhängigen kämpferischeren Gewerkschaften, die mit mobilisiert haben, müssen hervortreten und die ArbeiterInnen an der Basis in den Gewerkschaften, die mit PRI und Pan verbunden sind, für Aktionen gewinnen. Ein konsequenter Klassenkampf muss geführt werden, um die Soldaten zu gewinnen, die Massen zu bewaffnen und die Arbeitermacht durch einen bewaffneten Aufstand zu erringen. Das oberste Gebot für die militante Vorhut in den Kämpfen ist der Aufbau einer revolutionären Partei.

Raus mit allen staatlichen Truppen, Polizei und paramilitärischen Einheiten aus Oaxaca!

Bringt die Mörder vor ein Massentribunal!

Für einen umfassenden Generalstreik, um die APPO zu verteidigen und Ruiz und Fox zu Fall zu bringen!

Volksversammlungen von Arbeiter- und Bauernabordnungen in jeder Stadt und in ländlichen Gemeinschaften!

Nieder mit Fox und Calderon! Kein linkes Caudillo-Regime unter Obrador! Stattdessen eine revolutionäre Arbeiter- und Bauernregierung, die sich auf den Arbeiter- und Bevölkerungsversammlungen und bewaffneten Milizen gründet!

Das Land den Bauern; die Fabriken, Bergwerke und Verkehrsmittel den ArbeiterInnen!

Für ein sozialistisches Mexiko als Teil von Vereinigten Sozialisten Staaten von Lateinamerika!

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