Arbeitermacht
Liga für die fünfte Internationale

Nord & Südamerika Europa Asien & Australien


google.de arbeitermacht.de

CNH:

Nach über 5 Wochen Streik geht FIAT in die Offensive

Infomail 253, 30. März 2006

Der Streik in der Berliner Baumaschinen-Fabrik des CNH-Konzerns (Case/New-Holland ist ein Markenkonglomerat mit FIAT als Mehrheitseigentümer) wird bald die 40 Tage des Ausstands bei AEG/Nürnberg überholen.

FIAT will die Produktion (etwa 400 Beschäftigte) des Berliner Standorts schließen, während die Konstruktions- und Logistik-Bereiche (200-300 Beschäftigte) angeblich fortbestehen sollen. In den ersten Wochen des Streiks konnte der Standort total blockiert werden, mehrere Bagger parkten die Einfahrten zu.

Der Streik zeigt ökonomische Wirkung: nicht nur wegen des unmittelbaren Produktionsausfalls und der nicht ausgelieferten Ware, sondern auch aufgrund der ausfallenden Logistikleistungen für das Europa-Netz von CNH. Daher erzwang der Konzern gerichtlich vor zwei Wochen die Öffnung der Haupteinfahrt und die Beschränkung auf die „übliche“ Gasse für den Einlass „Arbeitswilliger“.

Seither versuchen täglich bis zu 50 Angestellte den Streikbruch. Jeder von ihnen wird auf einer großen Fotowand dokumentiert; täglich werden sie mit neuen Überraschungen wie Nebelwänden und „Sektfrühstücken“ begrüßt. Wesentliche Bereiche auch im Angestelltenbereich sind aber weiter solidarisch mit dem Streik.

Die IG Metall begründet den Streik (angesichts des Verbots, gegen „unternehmerische Entscheidungen“ wie Werkschließungen Arbeitskämpfe zu führen) mit dem Kampf um einen Tarifvertrag für höhere Abfindungen und Sozialmaßnahmen. Zusammen mit den Millionen-Forderungen des Berliner Senats (wegen des Bruchs von Subventionsauflagen und eines Erbpachtvertrags) sollen dadurch die Kosten einer Schließung so hoch werden, dass FIAT es sich anders überlegt.

Dies ist dieselbe Strategie, die die IG Metall schon seit einigen Jahren versucht, z.B. bei Heidelberger Druck, OTIS, BSH, AEG. Bestandteil der Verhandlungen bei CNH ist die Übernahme der Fertigung durch ein anderes Konsortium, wobei die Zeit bis dahin durch FIAT bzw. den Senat überbrückt werden soll.

Der Druck des Streiks und die Verhandlungstaktik der IG Metall haben den FIAT-Konzern inzwischen an den Verhandlungstisch gebracht (vorher hatten - wie bei Samsung - nur nicht-bevollmächtigte Befehlsempfänger aus der Berliner Niederlassung verhandelt). Dabei hat der Konzern immer klar gemacht, dass er unter allen Umständen an der Schließung festhalten will.

Die Kosten der Schließung und die ökonomischen Auswirkungen des Streiks machen FIAT aber immer nervöser. Diesen Montag wurden die Verhandlungen von den Konzernvertretern unterbrochen. Am selben Tag wurden aus Österreich (wo der CNH-Konzern z.B. die Steyr-Werke besitzt) Lastwagen zum Abtransport von Maschinen nach Berlin beordert. Am Mittwochmorgen tauchten die LKW unter Begleitung mehrerer Mannschaftswagen der Berliner Polizei vor dem CNH-Werktor auf.

Sofort errichteten die Streikposten eine Blockade. In den umliegenden Metall-Betrieben wurde ein Notruf gestartet. Schließlich blockierten mehrere hundert KollegInnen aus Betrieben (BMW, Siemens, Otis u.a.), aus der Bevölkerung, darunter auch von der örtlichen WASG, die Einfahrt. Gelegentlich mussten die LKW und der sie dirigierende Werkleiter Schröder dabei auch ein paar vor-österliche Eiergrüße in Empfang nehmen. Gegen 17.00 Uhr war der Spuk vorbei und die LKW fuhren unverrichteterdinge wieder weg.

Dies wird sicherlich nicht der letzte Versuch dieser Art sein. Der FIAT-Konzern ist offensichtlich zu keinem Entgegenkommen bereit und will den Streik mit allen Mitteln brechen.

Die Entschlossenheit der Streikenden, die Solidarität aus der gesamten IG Metall (insbesondere aus den umliegenden Werken) und die große Unterstützung in der Berliner Bevölkerung sind die einzigen, allerdings bisher wirksamen Waffen, die die CNH-KollegInnen dagegen einsetzen können.

Dazu kommt auch die Bedeutung der internationalen Solidarität. So wurde der Einsatz von Streikbrechern aus dem italienischen Lecce (dem Werk, in das die Produktion verlagert werden soll) bisher durch die dortigen Gewerkschaftsvertretungen verhindert. Ebenso gibt es Kontakte zu den österreichischen Gewerkschafts-KollegInnen, die sich gegen den Abtransport der Maschinen wenden.

Nun wird der Streik auch mit den Warnstreiks in der Metall-Industrie verbunden wird. Der CNH-Streik gibt allen Berliner Warnstreiks einen besonderen Auftrieb, da er die offensichtliche Verbindung der Kämpfe um Lohn und gegen Arbeitsplatzvernichtung herstellt - ein Kampf, der von der IG Metall viel zu lange getrennt geführt wurde.

Der Kampf bei CNH kann gewonnen werden: Durch die Verbindung mit anderen Kämpfen gegen Werkschließungen vor Ort und international; durch die Verbindung mit den Tarif-Kämpfen im Öffentlichen Dienst und in der gesamten Metall-Industrie; durch die Verbindung mit den Protesten gegen die Angriffe der Großen Koalition; durch koordinierte internationale Solidarität.

Vor Ort wird wesentlich sein, dass die streikenden KollegInnen die Kontrolle über die Verhandlungen erringen, damit nicht wie bei vielen anderen Betrieben am Ende ein weiterer, von IG Metall und Betriebsräten ausgehandelter Sozialplan in die Arbeitslosigkeit, das Ergebnis ist. Daher: Kein Schritt in den Verhandlungen ohne die Zustimmung der täglichen Streikversammlungen!

Auch ohne „Einlenken“ des FIAT-Konzerns und die verzweifelte Suche nach „neuen Investoren“ gibt es eine Perspektive, um Schließung und Entlassungen zu verhindern: die entschädigungslose Enteignung und die Verstaatlichung unter Kontrolle der gewählten VertreterInnen der Belegschaft!

Leserbrief schreiben   zur Startseite

Wöchentliche E-News
der Gruppe Arbeitermacht

:: Archiv ::