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Streik bei Gate Gourmet:

Seit 113 Tagen im Arbeitskampf

Infomail 244, 1. Februar 2006

Am 27. Januar bekamen wir im Gewerkschaftsforum Kassel Besuch von drei streikenden Kollegen aus Düsseldorf. KollegInnen der NGG streiken seit über Hundert Tagen gegen ihren Unternehmer, um ihren alten Manteltarifvertrag zurück zubekommen. Als Kräfte im Catering Bereich arbeiten sie am Flughafen für die Firma Gate Gourmet, welche ihrerseits der amerikanischen Investmentgruppe Texas Pacific gehört.

Seit Ende 2003 wird dieser Arbeitskampf vor allem von der Geschäftsführung vehement geführt. Hatte die Leitung im Jahre 2003 die Beschäftigten schon zu weitgehenden Lohnkürzungen für Arbeitsplatzsicherheit gezwungen, versucht sie seitdem alles, um diese „Notlöhne“ als regulären Lohn durchzusetzen. Die ersten Tarifrunden scheiterten, leider auch bedingt durch die Blauäugigkeit der Gewerkschaft - die Geschäftsführung blieb bei ihrem „Haustarif“.

Durch geschickte Aufspaltungen der Betriebsstruktur erhalten die Düsseldorfer KollegInnen daher nicht den gleichen Lohn anderer Gate Gourmet Beschäftigten, wie z.B. in Frankfurt – der Düsseldorfer Flughafen gehört zu Gate Gourmet West und ist daher formal ein anderes Unternehmen.

Im letzten Jahr wurden die Beschäftigten erneut erpresst. Zwei bezahlte Urlaubstage sollten gestrichen werden und gleichzeitig wurden Kürzungen beim Weihnachtsgeld verlangt. Doch diesmal ließ sich die Verhandlungskommission nicht täuschen, verlangte die Rückkehr zum Manteltarifvertrag und ging mit 80 Beschäftigten in den Streik. Als diese die Werkseinfahrten blockieren wollten, kam es zu dramatischen Szenen, ein angeheuerter LKW-Fahrer bekam den „Befehl“ durch die Masse zu fahren, einige der streikenden Kollegen konnten nur im letzten Augenblick gerettet werden. Dieses bekannt gewordene Beispiel zeigt die brutale Politik der Geschäftsführung. Eine gewalttätig auftretende Security-Firma patrouilliert um das Firmengelände und Leih –und Zeitarbeiter ersetzten die regulären Beschäftigten und Beschäftigte und Fahrer anderer Gate Gourmet-Niederlassungen werden kurzfristig angefordert.

Mit 113 Airport Küchen und 22.000 Beschäftigten ist Gate Gourmet der zweitgrößte Caterer der Welt. Die Arbeitsbedingungen in ihren Großküchen waren schon vor diesem Konflikt eine Zumutung für die Beschäftigten. Neben einem 10,5 Std. Tag und einer 7-Tage Woche herrschen besonders in der Hochsaison im Frühjahr und Sommer verschärfte Bedingungen. Die Beschäftigten werden um Überstunden erpresst, die Vorarbeiter treten als direkte Ausbeuter auf. Gleichzeitig sind die Beschäftigten verpflichtet, jede Woche den Film „Apollo 13“ anzuschauen, dort soll das Firmenmotto in die Köpfe der ArbeiterInnen gepresst werden – „Wir sitzen alle in einem Boot, nur gemeinsam sind wir stark“.

Seit dem ersten Streiktag versuchen die streikenden ArbeiterInnen den Arbeitsablauf zu behindern und für Solidarität unter den anderen Flughafenbeschäftigten zu werben – dies aber mit mäßigem Erfolg. Der Betriebsratvorsitzende, der uns ausführlich über den Arbeitskampf informierte, berichtete von verschreckten Gewerkschaftsvertretern, die gerade den Weg zum Streikzelt schafften, ansonsten aber kaum reale Unterstützung leisteten. Die Streikenden fühlten sich wie „Aussätzige“ behandelt, zu denen man den Kontakt besser vermeiden sollte.

Am Düsseldorfer Flughafen arbeiten ca. 280 Firmen, darunter viele ausgelagerte und ausgesourcte. Diese arbeiten meist unter dem Diktat der Flexibilität und Haustarifen, gewerkschaftliche Arbeit an sich gilt daher schon als suspekt.

Gate Gourmet ist nur ein Beispiel für die Verschärfung der Arbeitskämpfe, schon bei der Eichbaum-Brauerei in Mannheim wurden Kampfhunde von der Security zum Firmenschutz eingesetzt und ein Betriebsrat von UPS in Ditzingen wurde von Detektiven verfolgt und verleumdet, so dass dieser in den Hungerstreik treten will.

Die Konzerne verschärfen ihre Angriffe und lassen es auf Arbeitskämpfe ankommen, hier müssen nun die Gewerkschaften an einer Antwort „arbeiten“.

Es kann nicht sein, dass Arbeitskämpfe wie aktuell bei ver.di nicht verbunden werden, anstelle einer auf die Stadtwerke beschränkten Urabstimmung hätten flächendeckende Aktionen mit den Beschäftigten der Kliniken und der Stadtwerke eine reale Herausforderung für die öffentlichen „Arbeitgeber“ bedeutet.

Besonders die gewerkschaftlichen Gliederungen am Flughafen müssen aktiviert werden, wenn der Protest der NGG-KollegInnen Erfolg haben soll. Die Beschäftigten des Flughafens müssen es als ihr eigenes Interesse verstehen, gegen die verschärften Ausbeutungsmethoden der ansässigen Firmen vorzugehen. Das gilt natürlich auch für die Beschäftigten von Gate Gourmet in Deutschland. Der Betriebsratvorsitzende in Düsseldorf durfte bei einer Versammlung von Frankfurter Beschäftigten nicht sprechen, obwohl diese als nächste von den Ideen der Konzernleitung betroffen sein können – solidarisches Verhalten in der eigenen Gewerkschaft und der eigenen Firmenbelegschaft sieht anders aus.

Dieser Arbeitskampf ist ein Beispiel für den Willen der Beschäftigten, sich nicht allen Forderungen der Geschäftsführung zu fügen, sondern unter großen eigenen Entbehrungen einen entschlossen Arbeitskampf zu führen. Was in all diesen Kämpfen schmerzhaft vermisst wird, ist eine Basisbewegung, die um die Führung in den Gewerkschaften kämpft und die diese Kämpfe politisch anführt und vereinigt.

Seit mehr als drei Monaten müssen die Beschäftigten und ihre Angehörigen von einem monatlichen Streikgeld von 760 € leben, einige haben seit Januar keinen Strom mehr. Solidarität kann sich daher auch in Spenden ausdrücken, diese gehen an: SEB Düsseldorf, BLZ 300 101 11, Kto.-Nr.: 165 021 73 00, Protestschreiben können unter www.ngg.net angefordert werden.

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