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Studiengebühren Stoppen!

Alle in den Streik!

Arbeitermacht-Flugblatt, Dezember 2005

Als erste soziale Gruppe gingen StudentInnen gegen die Große Koalition und die neuen Angriffe auf die Straße. In Düsseldorf waren es 4.000, in Stuttgart 3.000. Auch an anderen Unis, wie an der FU in Berlin, gab es Aktionen. Streiks sind geplant.

Grund für die Empörung sind v.a. die geplante Einführung von Studiengebühren, aber auch die schlechten Studienbedingungen und die Uni-Strukturreformen.

Die Aktionen der Studierenden sind nicht überraschend. Schon in den letzten Jahren gab es an etlichen Unis Proteste und Streiks. Damals konnten einige Teilerfolge erzielt werden. Doch das war nur eine Atempause, über kurz oder lang musste es neue Vorstöße von Bund und Ländern geben.

Karriereschmiede Uni?

Die soziale Lage und die Perspektiven der Studierenden und vieler AkademikerInnen haben sich seit Jahren verschlechtert. Auch Hochqualifizierte sind immer häufiger arbeitslos, müssen schlecht bezahlte Jobs annehmen oder unter immer mieseren Bedingungen arbeiten. Die Rechnung „Studium = Karriere“ geht für immer weniger AkademikerInnen auf.

Da das Studium sich immer mehr verteuert, zugleich die Chancen auf Bafög sinken oder die Eltern nicht mehr für das Studium aufkommen können, sind viele StudentInnen gezwungen, nebenher zu jobben oder das Studium überhaupt sausen zu lassen. Studieren und Überleben unter einen Hut zu kriegen, wird immer mehr zum Balanceakt. So ist es auch kein Zufall, dass der Anteil von Studierenden aus den unteren, proletarischen Schichten immer weiter zurück geht und nur noch bei etwa fünf Prozent liegt!

Die Einführung bzw. Erhöhung von Studiengebühren wird die Misere in diesem Bereich noch deutlich zuspitzen.

Doch es geht nicht nur um Finanzfragen. Zugleich sollen nicht nur die Unis, sondern das gesamte Bildungssystem noch viel direkter den Verwertungsbedürfnissen des Kapitals untergeordnet werden. Die Unis sollen miteinander konkurrieren - nach dem Motto: „Wer ist effizienter?“ Bereiche, die dabei stören (v.a. Sozialwissenschaften), werden minimiert oder geschlossen.

Naturwissenschaftlich-technische Bereiche werden immer abhängiger von Zuwendungen der Unternehmen, Forschung und Lehre stärker deren Geschäftsinteressen angepasst. Damit verbunden sind auch Privatisierungen im Bildungssystem und die Schaffung von Elite-Unis. Dazu zählt auch die gängige Praxis, Studierende als „Werkstudenten“ zu Billigkonditionen in Konzernen arbeiten zu lassen und damit zugleich die Belegschaften zu spalten und Tarifregelungen zu unterlaufen.

Dazu zählen das Bachelor-Schmalspur-Studium genauso wie das Campus-Managament und die „Malus-Punkte“, die das Studieren unerträglich reglementieren und Studierende permanent mit bürokratischer  Repression bedrohen.

Alles in allem: Es reicht! Wenn wir uns jetzt nicht wehren, dann wird sich unsere Situation nicht nur weiter verschlechtern; zudem werden auch strategisch die Weichen im Bildungssystem in die falsche Richtung gestellt.

Hintergrund

Doch die „Uni-Reformen“, die Einführung von Studiengebühren usw. sind nicht einfach nur neoliberale Politik. Die Große Koalition ist angetreten, die Attacken von Rot/Grün fortzuführen und noch zu verschärfen. Dazu zwingt sie die weltweite ökonomische Krise des Kapitalismus: niedrige Wachstumsraten, riesige Überkapazitäten zwingen das Kapital zu noch härterem Wettbewerb um Marktanteile und Ressourcen. Diese Globalisierung ist mit der immer brutaleren Ausplünderung der „Dritten Welt“ und dem permanenten Krieg gegen den Terror, d.h. gegen unbotmäßige Regime und Widerstand jeder Art wie im Irak und Afghanistan verbunden.

Ob unter Schröder oder Merkel: das deutsche Kapital hat das strategische Ziel, als Führungsmacht die EU zu einem imperialistischen Block zu schmieden, der es mit den USA aufnehmen kann. Um das zu erreichen, ist außenpolitisch wie im Inneren eine schärfere Gangart nötig. Auslandseinsätze und Schnelle Eingreiftruppe, Agenda- und Hartzgesetze, Sozialabbau und Studiengebühren sind Ausdruck davon.

Kapital und Regierung versuchen, die Krise ihres Systems auf die Massen abzuwälzen: auf Lohnabhängige, RentnerInnen, Jugendliche, ImmigrantInnen und Studierende. Die Flaute in den öffentlichen Kassen und die enorme Staatsverschuldung sollen nun durch verschärfte Sparpolitik und Steuererhöhungen für die Massen (Mehrwertsteuer) überwunden werden. Zugleich sollen die Profite der Konzerne durch Intensivierung der Arbeit, Lohnkürzungen und Arbeitszeitverlängerung gesteigert werden. Auch die Schaffung eines Riesenheeres von BilligjobberInnen (Ein-Euro-Jobs, Teilzeit, Leiharbeit usw.) erhöht die Gewinne - ohne die Arbeitslosenzahlen zu senken.

Ziele

Die letzten Jahre haben gezeigt, dass vielen Studierenden die prekäre Lage durchaus bewusst ist und sie durchaus bereit sind, sich zu wehren. Doch der Druck der Kapitalisten und ihrer Krise zwingen Bund und Länder dazu, neue und schärfere Angriffe zu starten.

Wie können wir ihre Attacken zurückschlagen und die Einführung von Studiengebühren verhindern? Wir haben nur eine Chance, wenn wir 1. klare Ziele haben, 2. eine starke Bewegung aufbauen und 3. effektive Kampfmethoden anwenden.

Das Hauptziel ist klar:

Keine Studiengebühren!

Doch gleichzeitig geht es darum, die gesamte materielle Lage von Studierenden zu verbessern und die neoliberalen Umstrukturierungen der Unis zu verhindern. Deshalb:

Keine Schließung von Fachbereichen! Keine Privatisierung!

Gegen „Campus-Management“, Reglementierung und Repression im Studium!

Statt Zulassungsbeschränkungen, NC und soziale Selektion: Freier und kostenloser Zugang zum Studium!

Was tun?

An jeder Uni muss es Fachbereichs- und Vollversammlungen gegen, wo die Probleme diskutiert und Aktionen beschlossen werden. Wirklich effektiv ist letztlich nur ein Uni-Streik, der voll durchgezogen wird, das heißt: Besetzung! Dazu gehören Boykott und Verhinderung von Lehrveranstaltungen - auch, um noch zögerliche StudentInnen in den Kampf zu ziehen.

Streikbruch muss verhindert werden, ansonsten bröckelt die Kampffront, weil die AktivistInnen verschlissen werden, während andere ihre Scheine machen und weiter studieren. Vor allem die Forschungsbereiche müssen dicht gemacht werden, um auch einen materiellen Druck zu erzeugen, der Zugeständnisse erzwingen kann.

Um den Kampf auszuweiten, ist es auch nötig, alle Beschäftigten der Uni (Hiwis und Reinigungskräfte etc.) einzubeziehen. Das erfordert nicht nur, soziale Forderungen für diese Beschäftigten aufzustellen (z.B. tarifliche Bezahlung, Wiedereinstellung Entlassener), es bedeutet auch, die Uni-Gewerkschaftsgruppen und v.a. GEW und ver.di aufzufordern, den Kampf zu unterstützen!

Oft orientieren die ASTen auf Bündnisse, Verhandlungen und Kompromisse mit der Uni-Leitung und den Profs oder auf rein ständische Proteste der Studierenden; anstatt den Streik auszuweiten und die Uni wirklich dicht zu machen, setzen sie auf die Zersplitterung in hunderte AGs und phantasievolle Aktionen.

Deshalb ist es wichtig - und die Streiks der letzten Jahre haben das klar gezeigt, dass der Kampf von Anfang von der Basis bestimmt und kontrolliert wird. Dazu muss eine Streikführung auf Grundlage Basis klarer Forderungen gewählt werden; sie muss jederzeit kontrolliert werden und abwählbar sein. Diese Strukturen und die Kämpfe selbst müssen bundesweit verbunden werden! Dazu sind überregionale und bundesweite Aktionstreffen notwendig.

Die Streiks verweisen darauf, dass es letztlich möglich und notwendig ist, die Uni der Kontrolle des Kapitals, seines Staates und der Bildungs-Bürokratie zu entreißen und die Uni der Kontrolle der Lernenden und Lehrenden sowie der Arbeiterklasse zu unterstellen. Dazu wäre auch die Schaffung einer Studierendengewerkschaft notwendig, die unabhängig vom Staat und in Solidarität mit der Arbeiterbewegung agiert.

Nicht nur Studierende, auch SchülerInnen, RentnerInnen, Arbeitslose und die Arbeiterklasse insgesamt sind von Angriffen von Regierung und Kapital betroffen. Insofern ist es nur logisch, sich mit ihnen zu verbünden. Dazu gab es in den letzten Jahren gute Ansätze: bei Montagsdemos, in Sozialforen und -bündnissen, in Form von Unterstützung betrieblicher Streiks. Diese Verbindung zwischen Studierenden und der Arbeiterbewegung, v.a. den Gewerkschaften, ist letztlich entscheidend dafür, ob die Bewegung genügend „Masse“ und ökonomische Schlagkraft hat, um die Angriffe zurück zu schlagen.

Lehren

Doch auch die vielen, z.T. massiven Proteste und entschlossenen Streiks der vergangenen Monate und Jahre vermochten nicht, die neoliberale Offensive zu stoppen! Warum?

Sicher nicht zuerst deshalb, weil es zuwenig Bereitschaft gab, sich zu wehren. Sondern daran, dass die Führungen der Proteste und Kämpfe, vor allem die reformistische Gewerkschaftsführung, aber auch die PDS, nicht wollten, dass die Bewegung wächst, dass Straßen-Proteste und betriebliche Aktionen verbunden werden, dass wirklich effektive Kampfmittel - politische Massenstreiks bzw. ein Generalstreik - angewandt werden. Die Spitzen des DGB wollten die SPD-Regierung als vermeintlich kleineres Übel an der Macht halten, die PDS wollte ihren potentiellen Koalitionspartner SPD nicht zu sehr verärgern. Dafür opferten sie die Interessen ihrer Basis und deren Widerstand!

Wie können wir den erneuten Ausverkauf verhindern? Dadurch, dass wir eine starke Bewegung aufbauen, die alle Strukturen und Milieus von Widerstand umfasst, um genug Druck auf Regierung und Kapital, aber auch auf Gewerkschaften, WASG und Linkspartei.PDS auszuüben.

Wir brauchen eine klassenkämpferische Basisbewegung, die überall verankert ist - in Betrieben, in Gewerkschaften, an Unis, an Schulen und im Kiez -, die eine alternative Führung zu den Sommers, Gysis und Bsirskes darstellt und deren Bremsmanöver bekämpft. Diese Dynamik, unsere Aktivitäten und unsere Forderungen müssen wir in den Prozess der Formierung einer „Linkspartei“ einbringen! Denn unser Widerstand braucht eine Organisation, die alle Formen von Widerstand zusammenführt und ihm eine allgemeine politische Perspektive weist.

Dazu brauchen wir eine neue Arbeiterpartei, eine Partei des Klassenkampfes und nicht nur einen Parlamentarierklüngel mit Wähleranhang! Fordern wir Gewerkschaften und Linkspartei auf, unseren Kampf zu unterstützen! Setzen wir ein unübersehbares politisches Zeichen mit einer bundesweiten Demo gegen Studiengebühren und Sozialabbau.

Die Angriffe, die hierzulande laufen, gibt es genauso in anderen Ländern. Deshalb ist es möglich und notwendig, die Kämpfe international zu koordinieren. Eine Möglichkeit dazu bietet der internationale Aktionstag gegen Bildungsabbau im Frühjahr.

Als revolutionäre MarxistInnen ist für uns jeder Kampf gegen die Auswirkungen der kapitalistischen Krise ein Ansatz, ein Teil des Kampfes gegen den Kapitalismus als System. Ob Studiengebühren, Rentenkürzungen oder Massenarbeitslosigkeit: all diese Erscheinungen sind nicht Folgen „falscher“ Politik, sondern Resultate der Krise des ganzen Systems.

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