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Kongress der Gewerkschaftslinken

Ein politisches Patt

Infomail 231, 2. November 2005

Am 1. Oktober tagte die bundesweite Konferenz der Gewerkschaftslinken in Frankfurt/M. Nur etwa 100 KollegInnen, also weniger als beim letzten Kongress in Stuttgart, waren anwesend. Dafür war aber die Diskussion um den Entwurf einer Aktions-Plattform und die Aufgaben der Gewerkschaftslinken nach den Bundestagswahlen ausgeprägter als damals.

Insofern stellte dieser Kongress einen Fortschritt dar. Aber die Entscheidung, ob sich die Gewerkschaftslinke als bundesweit sichtbar handelnde Alternative zum offiziellen Kurs der Spitzenfunktionäre (dafür sollte der Entwurf der Plattform ein erster Schritt sein) entwickeln will, ist auch auf diesem Kongress nicht gefallen.

Die erste Diskussionsrunde ging um die Einschätzung der Situation nach den Wahlen, um das Verhältnis der Gewerkschaftslinken zur neuen “Linkspartei” und welche Konsequenzen sich für die Gewerkschaftslinke daraus ergeben.

Einig war man sich darin, dass - egal welche Konstellation sich auf Regierungsebene ergeben wird - die neue Regierung die Angriffe auf die Arbeiterklasse, RentnerInnen, Frauen und Jugendliche weiter verschärfen wird. Gleichzeitig betonten viele RednerInnen, dass unter diesen Bedingungen vorauszusehen ist, dass sich die Gewerkschaftsführungen noch stärker als bisher den Kapitalinteressen unterordnen und damit die Kampffähigkeit der Gewerkschaften weiter unterminieren werden.

Von mehreren Kräften u.a. von Bernd Riexinger (ver.di-Geschäftsführer Bezirk Stuttgart) wurde zu Recht die Notwendigkeit von politischen Streiks und die Notwendigkeit, gewerkschaftliche Kämpfe stärker als früher zu politisieren, betont, um überhaupt noch handlungsfähig zu sein.

Das Verhältnis zur “Linkspartei” war nicht so einheitlich. Mehrere der anwesenden Gewerkschafter/innen sind selbst Mitglied der WASG oder der PDS und sahen schon allein in der Existenz einer Organisation, die den neoliberalen Kurs der bisherigen Regierung in Frage stellt, eine Chance, innerhalb der arbeitenden Bevölkerung ein Umdenken zu bewirken. Dabei gehen sie davon aus, dass innerhalb der Arbeiterschaft eine breite Unterstützung für die neoliberale Politik existiert und von daher die Gewerkschaften nicht mehr handlungsfähig seien.

Nur wenige Beiträge betonten, dass durch die Wahl der Linkspartei gerade durch GewerkschafterInnen, die Chance besteht, die Unterordnung der Gewerkschaftsführung unter die SPD-Politik und damit die Unterordnung unter die Interessen des Kapitals zu bekämpfen. Diese Unterordnung wurde dabei als die eigentliche Ursache der Handlungsunfähigkeit identifiziert. Dies würde natürlich bedeuten, dass die Kolleginnen und Kollegen der Gewerkschaftslinken aktiv in die Formierung der “Linkspartei” eingreifen müssten, damit diese ein Instrument zur Organisierung des Abwehrkampfes und zur Mobilisierung wird.

Einig war man sich darin, dass es notwendig ist, die “Linkspartei” mit Forderungen zur Verteidigung der Lebensinteressen der arbeitenden Bevölkerung zu konfrontieren.

Bei der Diskussion der Plattform war auffallend, dass viele der Gruppierungen (linksreformistische Gruppierungen wie die um die Zeitung “Sozialismus”), die eine stärkere Verbindlichkeit der Gewerkschaftslinken und den Aufbau der Gewerkschaftslinken zu einer handelnden Alternative zur Gewerkschaftsbürokratie verhindern oder zumindest abbremsen wollen, nicht oder kaum anwesend waren und gewissermaßen mit durch Nicht-Präsenz „abstimmten“.

Eine große Mehrheit der RednerInnen sprach sich für ein Aktionsprogramm aus, um nach außen und innerhalb der Gewerkschaften als handelnde Kraft sichtbar zu werden. Gegen diese Perspektive sprachen sich vor allem bestimmte Kräfte aus der DKP aus und sahen keine Notwendigkeit, eine Aktions-Plattform zu beschließen. Das reiht sich in die Linie der DKP ein, sich im Apparat als “linksreformistische” Alternative hochzudienen, ohne ernsthaft die Unterordnung der Gewerkschaftsführungen unter das Kapital anzugreifen.

Auffällig war auch, dass sich viele Kräfte aus dem mittleren Apparat kaum an der Diskussion beteiligten.

Am Ende der Diskussion wurde der Entwurf für eine Plattform von der Mehrheit angenommen. Doch das heißt noch lange nicht, dass vor Ort mit dieser Plattform auch gearbeitet werden kann.

Zum einen kann die Plattform erst nach Überarbeitung durch den Arbeitsausschuss, der die eingebrachten Abänderungen einarbeiten soll, vor Ort eingesetzt werden.

Zum anderen fand eine Diskussion, wie die Aktions-Plattform in die Tat umgesetzt werden soll, überhaupt nicht statt!

Insofern kann man sagen, dass der Frankfurter Kongress eine Art von zeitweiligem Waffenstillstand zwischen den verschiedenen Kräften war: auf der einen Seite jene, welche  die Gewerkschaftslinke zu einer bundesweit handelnden Strömung gegen den Kurs der Gewerkschaftsführung aufbauen wollen; auf der anderen Seite jene, die nach wie vor nur Druck auf den Apparat ausüben wollen.

Ein Knackpunkt, ob die Gewerkschaftslinke in der Lage sein wird, als bundesweit sichtbare Kraft und als Alternative zum offiziellen Kurs des Gewerkschaftsapparats zu handeln, könnte der nächste Tarifkampf der IG-Metall sein. Da muss die Gewerkschaftslinke nachweisen, dass sie mit eigenen offensiven Forderungen auftreten, praktisch mobilisierend eingreifen und handlungsfähige Kampfführungen als Alternative zum Apparat aufbauen will und kann.

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