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Eine Spaltung in der Liga für die Fünfte Internationale

Stellungnahme des Internationalen Sekretariates, 1. Juli 2006

In der Liga für die 5. Internationale (LFI) gab es eine Spaltung. Eine Minderheit von Mitgliedern - die meisten Mitglieder der britischen Sektion - sind ausgeschlossen worden, weil sie heimlich detaillierte Pläne entworfen haben, die Liga am Vorabend ihres 7. Kongresses, der Ende Juli stattfindet, zu spalten.

Für diese Spaltung gibt es nicht die leiseste Entschuldigung. Bis zur Aufdeckung dieser Pläne sind von der Mehrheit gegen die Minderheit keine Disziplinarmaßnahmen ergriffen worden. Es gab keine Verletzung oder Einschränkung ihrer Rechte, für ihre Positionen innerhalb unserer Organisation zu argumentieren. Auch haben die SpalterInnen bis zur letzten Minute nie argumentiert, dass ihre Ansichten und die der Mehrheit programmatisch unverträglich waren. Deshalb heimlich zu planen, die Liga zu spalten und ihr auf jede Art zu schaden, war ein vollkommen prinzipienloser und illoyaler Akt. Keine ernsthafte Organisation kann eine solche Verletzung ihrer grundlegenden Prinzipien dulden. Sie auszuschließen, ist ein elementarer Akt von Selbstschutz.

Prinzipienlos und illoyal

Eine Gruppierung von Mitgliedern hatte zwei Jahre lang einen internen Kampf geführt, zunächst als informelle Gruppierung, dann als Tendenz, schließlich als nationale Minderheitsfraktion in der britischen Sektion, dann als internationale Fraktion. Keine wie immer gearteten Disziplinarmaßnahmen trafen sie. Ihnen wurden alle Rechte gewährt. Sie legten alternative Dokumente vor, konnten in allen Sektionen der Liga, die sie zu besuchten, darüber diskutieren. Seit Beginn unserer Vorkongressperiode im Januar 2006 gab es 10 interne Bulletins zur Diskussion der internationale Perspektiven und der Taktiken und Aufgaben für den Aufbau der Organisation. Die Sektionen haben dazu nationale Mitgliederversammlungen abgehalten, um zu entscheiden, auf welcher Grundlage, den Hauptdokumenten der Mehrheit oder der Minderheit, die Debatte auf dem Kongress geführt werden soll.

Das einzige Problem für die Minderheitsfraktion war, dass ihre Unterstützung außerhalb der britischen Sektion und den vier Mitgliedern der australischen Sektion vernachlässigbar war. Sie erkannten, dass sie keine Chance hatten, auf dem Kongress eine Mehrheit zu gewinnen und weigerten sich, innerhalb der Liga weiter zu arbeiten. Sie beschrieben die Aussicht, in der Liga zu verbleiben, als „in der Falle sitzen“.

Doch das ist Unsinn. Die Liga ist eine Organisation, die auf freiwilliger Mitgliedschaft basiert, und niemand ist verpflichtet, in einer Organisation zu verbleiben, deren Programm und Politik er/sie ablehnt. Hätten die GenossInnen einfach angekündigt, dass sie aus grundlegenden politischen Ursachen austreten, hätten wir diese politischen Positionen bewertet und mit einigem Bedauern „Lebewohl“ gesagt, da manche GenossInnen 20 Jahre oder länger Mitglieder waren. Aber statt eines ehrenhaften Abgangs brachen sie Verpflichtungen, die für ArbeiteraktivistInnen elementar sein sollten, so lange sie Mitglieder einer Organisation sind.

Tatsächlich sind die Taten, die sie planten - um der Organisation, deren Mitglieder sie waren, in jeder Beziehung Schaden zuzufügen - wirklich ein Schandfleck auf ihrer politischen Biographie.

Diese unsaubere Methode wird auch das Innenleben jeder neuen Organisation, die sie zu gründen anstreben, entstellen; sie sollte deshalb mit Verachtung von der Arbeiterbewegung betrachtet werden. Wenn sie sich einer Organisation gegenüber so unseriös benehmen, die sie selbst als langjährige GenossInnen mit Respekt behandelt und ihnen alle Rechte eingeräumt hat - dann spricht das für ein großes Maß an Degeneration dieser GenossInnen.

Die Richtigkeit unserer Vorwürfe ist anhand der Fakten eindeutig. Wir hatten Einblick in die elektronische Korrespondenz der Fraktion untereinander erhalten, so dass wir ein klares Bild von ihren Plänen hatten. Was geht aus dieser Korrespondenz hervor?

Auf einem Treffen der Minderheitsfraktion während der Vorkongress-Mitgliederversammlung von Workers Power Britannien am 10. Juni entschieden sie, sich von der Organisation abzuspalten, Vorbereitungen für eine neue Organisation zu treffen und der Liga größten Schaden zuzufügen.

Hauptthema der Debatte ist gewesen, ob man sich auf dem 7. Ligakongress im Juli abspalten oder ihn boykottieren soll. Dazu wurde geplant, die Disziplin zu brechen und gegen die Liga auf der internationalen Konferenz der Jugendgruppe REVOLUTION gegen die Liga auftreten und eine ‚Gründungsversammlung‘ in London abzuhalten, während sich die Liga zum Kongress in der Tschechischen Republik trifft. Alle stellten klar, dass die einzige Frage sei, was den meisten Schaden für die Liga verursachen würde.

Aus den e-Mails geht klar hervor, dass eine deutliche Mehrheit eine frühe Abspaltung vorm Kongress favorisierte, weil sie ihre eigene Demoralisierung als Ergebnis fürchtete, mit der Mehrheit auf dem Kongress argumentieren zu müssen. Sie fürchteten, entweder „in der Falle gefangen“ zu bleiben, weil man keinen Entschuldigungsvorwand für den Austritt habe oder mit einer schweren Niederlage herauszugehen. Stattdessen haben sie beschlossen, ein Gründungstreffen in London mit der britischen Minderheit und den beiden australischen Delegierten durchzuführen. Letztere wurden frech ermutigt, sich das Fahrgeld von der Liga bezahlen zu lassen, um vorgeblich am LFI-Kongress teilzunehmen, dann aber stattdessen das Spaltungstreffen zu besuchen.

Die Internationale Fraktion spricht gehässig von der Notwendigkeit, „Chaos und Verwirrung in den Reihen der Organisation, die wir verlassen, zu maximieren“, Mitglieder der Mehrheit „zu desorientieren und demoralisieren“ und „besonders aggressiv“ jungen MehrheitsunterstützerInnen gegenüber zu sein, damit „sie sich selbst fragen, ob Politik wirklich für sie richtig ist“ (Mark H., „Re: Congress and Tactics“, 23. Juni 2006). Sie schlagen dann vor, Kontakt- und Mitgliederlisten, Materialien und Ausrüstung aus dem Londoner Büro in der Woche vor der Spaltung auszuschlachten, um die Liga materiell zu schwächen (ebenda).

Zusätzlich stimmte Workers Power Australien auf seiner Konferenz einstimmig dafür, eines ihrer Mitglieder dabei zu unterstützen, „das Diktat der Mehrheitsfraktion auf der REVO-Konferenz 2006 zu ignorieren“, d.h. mit der Politik der Liga zu brechen, deren Arbeit zur Stärkung des internationalen demokratischen Zentralismus‘ in REVOLUTION zu bekämpfen und seine Bande zur Liga zu kappen. (Lisa F., „WPA Mitgliederversammlung/Fraktionstreffen“)

Die Fraktion beabsichtigte, von Juli an die Zahlungen der Mitgliedsbeiträge an die Liga einzustellen und begann, Geld auf ein neues Bankkonto zu überweisen, nachdem sie eine Beitragstabelle für ihre neue Organisation diskutiert hatte. Einige von ihnen haben ihre Beitragsüberweisungen offenbar auch schon eingestellt.

Die Fraktion hat Verbindungen zu Organisationen und Individuen aufgenommen, die der LFI in Österreich feindlich gegenüber stehen, und verfolgt ein Projekt von „Umgruppierungsdiskussion“, auf dessen Liste zentristische und sektiererische Organisationen stehen.

Infolge dieser bekannt gewordenen Pläne musste das Internationale Sekretariat der LFI Maßnahmen zu deren Schutz ergreifen. Es hat die Fraktion ausgeschlossen, natürlich mit dem Recht, an unseren Kongress zu appellieren; obwohl schlecht zu erkennen ist, worin denn ein solcher Appell bestehen könnte, der mit einer derart eindeutigen Beweislage konfrontiert ist. Wie ein Fraktionschef in einer seiner e-Mails bemerkte: „Wenn es noch irgendwelche Lecks gibt, sind wir mausetot.“

Wir wollen hier nicht zum Ausdruck bringen, dass die Ursache der Spaltung darin bestand, dass diese GenossInnen "schlechte Menschen" sind. Man spaltet nicht eine Organisation, die man 30 Jahre mit aufgebaut hat, in einem Anfall moralischen Zusammenbruchs. Der Grund dafür ist eine schnelle Dynamik politischer Verkümmerung.

Hauptdifferenzen

Die Fraktion entstand im Wesentlichen aus einer Ablehnung nationaler Perspektiven in Britannien. 2004 überzeugten der relative Klassenkampfniedergang in der Antikriegs-, der antikapitalistischen oder Antiglobalisierungsbewegung nach dem Höhepunkt 2001 - 2003 die Fraktionsführung - damals nur eine informelle Gruppierung - dass die Kernpunkte der Perspektiven von Workers Power Britannien - der Kampf um die Losung für eine neue Arbeiterpartei, die Notwendigkeit für eine Basisbewegung in den Gewerkschaften, der Kampf für die 5. Internationale im Europäischen Sozialforum - zugunsten einer Nachtrab- und Routineperspektive in den Gewerkschaften aufgegeben werden müsse.

Im Zusammenhang damit wollte sie bei der Taktik der kritischen Wahlunterstützung für Labour verharren, indem sie das Ausmaß von Labours "arbeiterfreundlichen" Reformen übertrieben, die anhaltende Treue der ArbeiterInnen zu Labour und deren Illusionen in Gordon Brown usw. überbetonten. So hielt sie die Position aufrecht, es gebe keinen Widerhall für die Forderung nach einer neuen Arbeiterpartei oder Wahlalternativen zu New Labour. Sie spielte die Bedeutung des Bruchs der Gewerkschaften RMT und der FBU von Labour herunter, ebenso den wirklichen Niedergang an Stimmen für Labour in jenem Jahr.

Sie meinten, es gebe keine Resonanz auf den Ruf nach einer neuen Arbeiterpartei. Die Mehrheit kritisierte dies korrekt als Nachtrabpolitik, die ihre Losungen nicht auf die Bedürfnisse der Klasse gründet, sondern auf das aktuelle Bewusstsein ihres Hauptteils. Somit versagt sie dabei, der Vorhut, die immer stärker dahin tendiert, mit Labour zu brechen, eine klare politische Perspektive zu weisen. Bis heute fehlt ihnen ein klarer Beschluss, worin die politische Alternative bestehen soll. Die Minderheit wollte, dass MarxistInnen ihre Rolle aufgeben, den rechten Weg zu zeigen, Pionier zu sein, politische Führung anzubieten und nicht nur dorthin zu folgen, wo die Arbeiterklasse als ganze geht, nur Parolen hochzuhalten, wo diese aktuell schon ‚Widerhall‘ finden.

Während zweier nationaler Konferenzen von Workers Power Britannien erlitt die Minderheit zuerst eine knappe, danach eine deutlichere Niederlage.

Tatsächlich verfügte die Minderheit über keine einheitliche Alternative zur Herangehensweise der Mehrheit. Teile der Minderheit widersetzten sich der Forderung nach einer neuen Arbeiterpartei aus Prinzip mit der Behauptung, die Taktik sei nicht anwendbar, weil in Britannien schon eine Arbeiterpartei existiere - die Labour Party. Der andere Minderheitsflügel, weniger dogmatisch, aber auch weniger stimmig, argumentierte, die Forderung könne passen, solle aber gemäß ihrer Nachtrablogik nur angewandt werden, wo es Resonanz dafür gibt, d.h. innerhalb der RMT oder FBU, aber nicht für die ganze Arbeiterbewegung.

Sollten die Minderheit eine neue Organisation schaffen, wird eine ihrer ersten Herausforderungen darin bestehen, das Problem zu lösen, dass sie über eine zentrale Klassenkampffrage im heutigen Britannien halb uneins sind.

Vielleicht, weil sie einige „alte Führungskader“ von WPB wie Mark H., Keith H. und Stuart K. einschließt, wurde die Minderheit so erbittert durch diese Niederlagen. Einige Minderheitsmitglieder waren in den späten 1990ern und den ersten Jahren nach 2000 für längere oder kürzere Perioden außerhalb der Gruppe und "verpassten" deshalb das Wiederaufleben der Kämpfe und die neuen Orientierungen und empfanden eine gewisse Feindschaft dazu, weil diese Auseinandersetzungen und Perspektiven ganz anders waren als jene, die sie noch Mitte der 1980er kennen gelernt hatten. Andere Mitglieder der Minderheit hatten freiwillig die Führungsgremien der Sektion und der internationalen Tendenz aus persönlichen Gründen verlassen.

Diese ganze Schicht, darunter viele langjährige AktivistInnen in Angestelltengewerkschaften mit einigem Ruf und guter Kampferfahrung, erwies sich Jahr für Jahr als unfähig, neue Mitglieder zu gewinnen. Sie wurde verbittert und neidisch auf jene, die sich als fähig erwiesen, aufzubauen und zu rekrutierten.

Gleichzeitig entwickelte sich die Arbeit der Liga in der antikapitalistischen Bewegung und unter der Jugend gut. Während ein ständiger Abgang älterer GenossInnen Richtung Privatleben, Karriere oder aus gesundheitlichen und familiären Problemen zu verbuchen war, sorgten die jüngeren GenossInnen für das Wachstum der Sektion. Die Anstrengung, die älteren GenossInnen dazu zu bringen, kollektiv eine Überwindung ihrer Routine zu diskutieren oder überhaupt etwas aus der erfolgreichen Jugendarbeit zu lernen, wurde mit entrüstetem Gezeter und Anschuldigungen gekontert. Die GenossInnen boykottierten de facto die Arbeitsbereiche, die sie nicht billigten - wie die Kampagne für eine neue Arbeiterpartei. Immer wieder suchten sie dafür ein Alibi in den vermeintlich "ungünstigen" objektiven Bedingungen.

Sie erarbeiteten Perspektiven, die jeden Aufwärtstrend im internationalen Klassenkampf verneinten und nur beobachteten, er sei „ungleichmäßig“. Sie begriffen nicht, dass in den meisten Ländern die Heftigkeit der Klassenkämpfe zunimmt: in Lateinamerika, im Nahen Osten, Europa, USA und Fernost. Sie haben sich der modischen ‚China-Mania‘ ergeben; sie betonen einen langfristigen, widerspruchsfreien Aufstieg Chinas in den Rang einer imperialistischen Macht und zum Hauptrivalen der USA.

Ihr methodisches Herangehen ist eine offene Revision von Lenins Imperialismustheorie, deren Kern der Niedergang und die Stagnation des Kapitalismus in seiner imperialistischen Epoche ist. Sie haben behauptet, die Welt befinde sich in einer langen Welle (Kondratieff), die wenigstens bis 2015 Wachstum garantieren und dahin wirken wird, den Klassenkampf zu drosseln. Das stellt eine Anpassung an die gegenwärtige neoliberale, bürgerliche Ideologie dar. Diese Position lehnte die Liga ab. Unsere Globalisierungsanalyse versteht die gegenwärtige Periode als eine, wo die Tendenzen zur Stagnation in der Weltwirtschaft trotz starker entgegenwirkender Tendenzen, wie sie der massive Kapitalexport nach China und Indien darstellt, überwiegen. Darauf warf uns die Fraktion vor, wir seien „Katastrophisten“. Sie entstellten unsere Position, als ob wir glaubten, der Kapitalismus stehe am Rande des Zusammenbruchs.

Die Fraktion ignorierte oder unterschätzte auch grob Stärke und Ausmaß der Bewegungen, die gegen Neoliberalismus und imperialistischen Krieg Widerstand leisten, betrachtete sie als tot oder so gut wie. Leider ist dabei der Wunsch Vater des Gedankens. Sie suchten die Rückkehr zu „mehr Propaganda“ und betrachteten die Wende der Liga zur Kombination von Propaganda mit Agitation, die sich auf die Jugend wie auf die VorhutkämpferInnen gegen Neoliberalismus ausrichtet, als „Voluntarismus“. Mehr und mehr nahmen sie eine passiv propagandistische Herangehensweise an. Damit zusammen hing eine Nachtrab- und Routinehaltung zur Gewerkschaftsarbeit. Wenn es dort Resonanz gab, d.h. die ArbeiterInnen schon gewisse Forderungen aufstellten, dann könnte man sich dem anpassen, wenn das jedoch nicht der Fall ist, so könnte und wollte man selbst eben nichts tun.

Sie traten auch für die Beendigung des Bemühens der Liga ein, in den weltweiten Widerstandsbewegungen bei den Europäischen und Weltsozialforen für eine 5. Internationale zu kämpfen. Stattdessen redeten sie von einer Umgruppierungsperspektive mit (nicht näher benannten) trotzkistischen LinkszentristInnen.

Kurz: im Namen des Widerstandes gegen den „Voluntarismus“ trachteten sie danach, die Liga in Richtung passiven Propagandismus‘ und eines Diskussionszirkeldaseins zu drängen.

Dann gingen sie zum Angriff auf die Jugendarbeit über, die in Britannien und Österreich so erfolgreich gewesen war, sowie zur Abschaffung des demokratischen Zentralismus, der in REVOLUTION eingeführt worden war.

Sie schlugen auch vor, dass sich die Liga selbst von ihrem eigenen demokratischen Zentralismus auf ein halbföderales System zurückzieht. Dazu gehört u.a. der Plan, das internationales Exekutivkomitee, statt vom Kongress von den Sektionen zu wählen - so wäre dieses Gremium nicht dem Kongress, und deshalb auch nicht der Liga als ganzer gegenüber rechenschaftspflichtig. Diese Strategie würde nicht nur unser Programm liquidieren, sondern dank der Aushöhlung des demokratischen Zentralismus auch die Einheit und Durchschlagskraft unserer gesamten Organisation.

Die Unterwanderung des demokratischen Zentralismus, das Zurückschrauben kämpferischer Ausrichtung auf die neuen Kämpfe und Bewegungen, eine kleine, aber intakte internationale Organisation entzwei zu brechen, bedeutet am Ende, den Aufbau einer revolutionären Kampforganisation überhaupt aufzugeben.

Die internationale Führung sowie die große Mehrheit der Ligamitgliedschaft wies diese Herangehensweise zurück. Für uns verkörpert sie eine Scheu vor den Aufgaben einer neuen Periode zunehmender Auseinandersetzungen, wo sich viele Fragen des Klassenkampfes auf neue und brisantere Art stellen, darunter auch die Frage der gravierenden Führungskrise der Arbeiterklasse. Diese Phase erfordert RevolutionärInnen, um unsere Kritiken anzubringen und für unsere Alternativen nicht ausschließlich in kleinen Zirkeln mit LinkszentristInnen, die v.a. aus der Intelligenz stammen, zu streiten. Wir müssen diese Ideen vor der Avantgarde der Klasse ausbreiten. Die Minderheitsposition stellt eine kleinbürgerliche Kapitulation in Anbetracht der enormen Klassenkampfaufgaben und der Verantwortung der RevolutionärInnen dar.

Die Liga analysierte auf ihrem 5. und 6. Weltkongress (2000 und 2003) die neue Etappe, die sich mit der Jahrhundertwende auftat, legte Taktiken dafür fest und nahm 2003 ein neues Programm an: „Vom Widerstand zur Revolution“. Mit der Ablehnung aller Hauptelemente der Ligaperspektiven und -aufgaben wies die Minderheit die Schlüsselbausteine des Programms „Vom Widerstand zur Revolution“ zurück. Solange sie in der Liga waren, stritten sie das ab, aber wir können mit Sicherheit voraussagen, dass sie es schnell "entsorgen" werden, sobald sie außerhalb der LFI „frei“ sind. Wodurch sie es ersetzen werden, wird tatsächlich interessant.

Die Minderheit wollte unsere programmatische Arbeit revidieren und geriet so natürlich in Konflikt mit der Mehrheit der Liga. In Anbetracht neuer Aufgaben, einer zunehmenden Klassenkampfdynamik, der Notwendigkeit, unsere politischen und theoretischen Waffen zu schärfen und sie zu gebrauchen, zog sich die Minderheit zurück.

Die Fraktion versammelte viele jener GenossInnen, die selbst in der frühen Phase der neuen Periode skeptisch und wenig enthusiastisch über unsere strategischen und taktischen Errungenschaften waren. Schon früh (2004 - 2006) gerieten sie prinzipiell in Widerspruch dazu und versuchten, sie zu kippen. Das war ihr gutes Recht. Niemand bestritt es ihnen trotz unverhohlen hysterischer Anklagen von Intoleranz, Bürokratismus und selbst Stalinismus, die aus den Reihen der Fraktion in den letzten paar Monaten kamen.

Sich auf impressionistische Weise bürgerlicher Wirtschaftspropaganda über Stärke und Wachstumsdynamik des Kapitalismus hinzugeben, sich vom Programm der Liga zu verabschieden, einen Rückzieher aus ihrem demokratischen Zentralismus zu machen, vor den heutigen Aufgaben wegzulaufen und sich in fruchtlosen Diskussionen mit "trotzkistischen" Zentristen zu verrennen, ist Ausdruck davon, dass die Opposition den gleichen Charakter wie ihre Wunschpartner hat: kleinbürgerlich und zentristisch.

Zentrismus

Schon Trotzki sagte: „Der Zentrismus hasst es, beim Namen genannt zu werden“. Mark H. nahm das als persönliche Beschimpfung: „Die Mehrheit hat uns den Klassenkrieg erklärt“, tobte er. Nein, das Ringen gegen den Druck kleinbürgerlicher Einflüsse, ob diese aus der desillusionierten und ermatteten Intelligenz oder den privilegierten Oberschichten der Gewerkschaftsbewegung erwachsen, muss in einer revolutionären Organisation ständig geführt werden. Das bedeutet nicht, KritikerInnen einfach hinaus zu säubern. Nichts dergleichen ist jemals in Workers Power Britannien passiert. Doch am 2. Konferenztag erklärte Mark H.: „Workers Power steht am Rande einer Spaltung“. Jetzt wissen wir, dass er Recht hatte, weil er am Abend zuvor für eben eine solche agitiert hatte.

Die Mehrheit, zu dieser Zeit im Unklaren über die Entschlossenheit der Minderheit, frei zu sein von der Disziplin und Ernsthaftigkeit einer demokratisch-zentralistischen Organisation, tat alles, was sie konnte, um eine Spaltung zu verhindern. Sie antwortete mit einer Stellungnahme „Spalten wäre ein Verbrechen“, in der wir sagten:

„Tatsächlich sind diese provokanten und alarmierenden Stellungnahmen nicht als ehrliche Beschreibung von Handlungen oder Zielen der Mehrheit ausgedacht worden. Vielmehr können sie nur als Absichtserklärung der Minderheitsleitung verstanden werden. Sie agitiert für eine Spaltung, bereitet ihre UnterstützerInnen darauf vor, einen prinzipienlosen Akt von Fahnenflucht zu begehen.

Die Mehrheit erklärt ohne Zögern: Abspaltung wäre ein Verbrechen. Die aktuelle Leitung hat keinen einzigen Schritt unternommen, ein Mitglied zu bedrängen, geschweige denn auszuschließen, weil es oppositionelle, kritische oder Minderheitsansichten hegt. Noch werden wir das jemals tun; wir fordern jede/n auf, das Gegenteil zu beweisen…

Wir glauben, dass die Linie der Mehrheit weg von unserer Kampfperspektive, unserem Programm führt, dass ihr Versuch, unsere bolschewistischen Organisationsmethoden zu revidieren (Opposition zum demokratischen Zentralismus), kein Zufall ist, sondern einen klaren und offensichtlichen sozialen Charakter trägt.

Die Minderheit reagiert unter dem Druck seitens der Mittelschichten, der Angst linker GewerkschaftsführerInnen vor politischer Unabhängigkeit, dem Skeptizismus der ZentristInnen und der Erstarrung arbeiteraristokratischer Schichten in Britannien mit einem konservativen Reflex. In Einklang mit seiner inneren Logik fand dieser Prozess seinen Höhepunkt in einer klassischen kleinbürgerlichen Rebellion gegen demokratischen Zentralismus - die höchste Form proletarischer Organisation.

Wenn die Minderheitsspitze antwortet ‚das bedeutet Spaltung‘, bestätigt sie unabsichtlich diese Klassenprognose. Proletarische Revolutionäre haben nie die Ansicht vertreten, eine Strömung als kleinbürgerlich zu benennen, würde bedeuten, sie aus unseren Reihen zu drängen; ihr muss politisch entgegengetreten, sie muss bekämpft werden, weil ihr Sieg der Organisation ernsten Schaden zufügt und ihren Kampf um revolutionäre Hegemonie zurückwirft.

Wir sind uns bewusst, dass viele Mitglieder der Minderheit auf eine ehrenvolle Vergangenheit verweisen bezüglich Hingabe an den Klassenkampf und unser revolutionäres Programm und seine Methoden. Gerade deshalb wollen wir sie nicht vertreiben, sondern sie von ihrem gegenwärtigen Kurs abbringen und zurückgewinnen. Wir sind zuversichtlich, dass dies geschehen kann und der Verlauf der Ereignisse uns Recht geben wird“. (IIB 171, S. 20)

Leider erwies sich unser Optimismus als falsch. Heimlich und unehrlich hatte die Fraktion schon entschieden, die Organisation zu spalten. Sie plante, ihr auf jede mögliche Art zu schaden. Wir haben sie daran gehindert, einen geeigneten Moment zu nutzen, um für maximale Überraschung und Störung zu sorgen.

Die Minderheit glaubt, ihr Abgang werde uns entmutigen. Sie denken, ihre frühere Rolle und ihre Dienste für die Organisation - die es tatsächlich gab - spiegelten ihre jetzige Bedeutung wider. Sie täuschen sich! Sie glauben, neue jüngere GenossInnen können mit ihren Errungenschaften nicht mithalten, sie nicht wiederholen. Sie liegen falsch!

Sie sollten an die Errungenschaften ihrer eigenen Jugend in den 1980er Jahren zurückdenken. Sicher, ältere Mitglieder, die einen beachtlichen finanziellen Beitrag leisten, ausgebildete JournalistInnen und TheoretikerInnen, einflussreiche GewerkschafterInnen zu verlieren, wird ein Rückschlag sein. Wir leugnen das nicht. Aber seit zwei bis drei Jahren haben diese GenossInnen immer mehr ihre "dunklen Seiten" gezeigt. Sie brachten die LFI dazu, sich in einem permanenten internen Disput zu engagieren, der viele Stunden ausgefüllt hat. Gleichzeitig haben diese GenossInnen aber oft wenig Initiative entwickelt oder sich passiv bis feindlich verhalten, wenn es um die praktische Umsetzung der Beschlüsse und Perspektiven der Liga ging.

Workers Power ist weiter gewachsen, hat in den Klassenkampf interveniert, neue Kader ausgebildet und entwickelt. Wir werden noch engagierter unsere Ressourcen nutzen und größere Opfer bringen. Aber die Beendigung dieses fraktionellen Kampfes wird neue Ressourcen freisetzen, wird Zeit und Energie vermehren, die wir dem Eingreifen in den Klassenkampf widmen können. Wir werden zu neuen Erfolgen voranschreiten; daran hegen wir keine Zweifel.

Weitere Texte zur Auseinandersetzung in englischer Sprache unter:

http://www.fifthinternational.org/index.php?split_in_l5i

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