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Kampf dem Rassismus!

Freiheit für Mário Bango!

Fritz Fuchs, Neue Internationale 93, September 2004

Am 17. August fand das Berufungsverfahren im Fall Mario Bango statt. Mario ist ein 21jähriger Antifaschist und Roma. Die Anklage lautete auf „versuchten Mord". Das Urteil des Obersten Gerichtshofes der Slowakei lautet auf 10 Jahre Gefängnis. Damit wurde das vorausgegangene Urteil auf 12 Jahre durch das Landgericht aufgehoben.

Vor Gericht

Mario betrat den Gerichtssaal hager und bleich, aber mit Kampfgeist. Er zeigte der Galerie sein Notizbuch mit einem Bild Che Guevaras. Im Saal waren SolidaritätsaktivistInnen aus Britannien und Österreich anwesend, darunter Mitglieder von WORLD REVOLUTION und der Liga für die Fünfte Internationale.

Sie waren gekommen, um Mario moralische Unterstützung zu geben. Immerhin war diese Verhandlung die höchste Instanz und die letzte Möglichkeit, das Urteil des Landgericht vom 2. November 2003 aufzuheben.

Was war Marios "Verbrechen"? Er hatte sich und seinen Zwillingsbruder Edo im März 2001 gegen einen rassistischen Angriff in einem Bus verteidigt.

Die Roma in der Slowakei sind oft Opfer von Attacken. Auch Marios Bruder Edo war einige Monate zuvor krankenhausreif geprügelt worden. Deshalb trug Mario ein Messer zur Selbstverteidigung bei sich, das er auch gegen den Angreifer Slamka einsetzte.

Slamka starb wenig später - allerdings nicht an den Folgen des Messerstichs, sondern an einer Hirnblutung, die von den Ärzten falsch behandelt worden war. Slamka war für seine rassistischen Ansichten bekannt und hatte enge Verbindungen zu Faschisten. Auch der Busfahrer bestätigte, dass er schon mehrfach Skinhead-Überfälle auf Roma in seinem Bus gesehen habe.

Der Ankläger, Robert Fico, ist der Chef der chauvinistischen „sozialdemokratischen“ Oppositionspartei in der Slowakei. Das slowakische Parlament hielt sogar eine Schweigeminute zu Ehren des Rassisten Slamka ab.

Marios Verteidigung lautete auf Selbstverteidigung oder „Notwehr“. Staatsanwalt Fico ließ während der Verhandlung die in seinem eigenen Buch dargelegte Position, dass Selbstverteidigung gerechtfertigt ist, fallen. Das zeigt, dass im Sinne des gegen die Roma gerichteten Rassismus schon mal juristische Argumente "zurecht gebogen" werden. Auch "mildernde Umstände" wie ein Mario entlastendes psychiatrisches Gutachten und die Tatsache, dass Mario selbst die Polizei gerufen hatte, wurden ignoriert.

Der Staatsrassismus gegen die Roma in der Slowakei prägt nicht nur die Justiz. Er beeinflusst jeden Aspekt des Alltagslebens. Roma sind in der Slowakei an den Rand gedrängt.

Sie werden bei Einstellungen, im Bildungs- und Wohnungswesen benachteiligt; die Arbeitslosenquote in Roma-Gebieten liegt bei 94%. In Petrazalka, einem Plattenbauviertel, wo 140.000 Menschen wohnen, leben Edo und seine Mutter in einem Block, in dem die Stadt Roma-Familien und andere „Unerwünschte“ wie Drogenabhängige und Kleinkriminelle unterbringt.

Die Kampagne "Freiheit für Mario Bango" organisierte direkt nach der Gerichtsentscheidung eine Pressekonferenz. Marios Rechtsanwalt Stanislav Jakubeik unterrichtete ca. 20 JournalistInnen von Funk und Fernsehen über den Ausgang des Verfahrens und die Chancen, es weiterzuführen. Michael Pröbsting von REVOLUTION Austria sprach zum politischen Charakter des Falles und prangerte Fico und dessen rassistische Partei an.

Marios Verteidiger Jakubeik will den Fall weiter verfolgen. Er will eine außergewöhnliche Maßnahme starten und das Generalstaatsanwaltsbüro überzeugen, dieses Urteil als unrechtmäßig zu bezeichnen.

Er will dabei argumentieren, dass der Vorwurf zu Beginn des Instanzenwegs auf „gefährliche Körperverletzung“ lautete, nicht auf „versuchten Mord“. Die verschärfende Änderung der Anklage war offensichtlich politisch motiviert.

Jakubeik argumentiert weiter, dass die mildernden Umstände hinzugezogen werden sollen. § 14 Strafgesetz besagt nämlich, dass das Gericht ein niedrigeres Strafmaß als das legale Minimum verhängen kann, wenn starke mildernde Umstände vorliegen.

Es gibt auch die Berufungsmöglichkeit vor dem Verfassungsgericht. Aber das würde mindestens ein Jahr dauern. Schließlich könnte Marios Fall auch vor den Europäischen Gerichtshof gebracht werden.

Wie auch immer: Mario ist schon jetzt die Jugend gestohlen worden. In der Slowakei können Gefangene zudem erst um vorzeitige Entlassung ersuchen, wenn 2/3 der Strafe verbüßt worden sind.

Solidarität ist gefragt!

Sehr wichtig wird es in jedem Fall sein, die Solidarität mit Mario zu intensivieren. Nicht nur, um Mario selbst den Rücken zu stärken, sondern auch, um politischen Druck auf Staat und Justiz zu erzeugen.

Dazu müssen wir Petitionserklärungen sammeln. Dazu brauchen wir eine massenhafte internationale Kampagne, um die slowakische Regierung unter Druck zu setzen. Dazu brauchen wir auch Geld, um Marios Verteidigung zu sichern.

Schreibt Mario, um ihm Eure Unterstützung zu zeigen und seine Moral aufrecht zu halten!

Mário Bango, nar. 8. 6. 1982
Ústav na vy´kon väzby
priecinok 1077
Chorvatská 5
812 29 Bratislava
Slovensko/Slovakia

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Nr. 93, September 2004

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