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Palästina

Israel und USA blockieren

Andy Yorke / Martin Suchanek, Neue Internationale 163, Oktober 2011

Jahrzehntelang haben die USA, Israel, aber auch das „Nahostquartett“ die PalästinenserInnen und ihre Hoffnung auf einen eigenen Staat vertröstet, wenn sie im Gegenzug auf Mäßigung, Verhandlungen und die Anerkennung des rassistischen Zionistenstaates Israel setzen.

Jahrzehntelang hat die „Palästinensische Autonomiebehörde“ (PA) unter Führung der bürgerlichen Fatah und unter Präsidenten Abbas dieses erniedrigende Spielchen mitgemacht. Mit welchem Effekt? Null. Die PalästinenserInnen hat es keinen Schritt weiter gebracht.

Abbas Rede

Das hat die PA schließlich sogar dazu gebracht, eine diplomatische und politische Offensive zu starten und selbst den Antrag auf Anerkennung eines palästinensischen Staates vor die UNO zu bringen.

In seiner Rede vom 20. September hat Abbas diesen Antrag begründet. Die Reaktion der USA und Israels zeigten dabei mehr als tausend Artikel und Erklärungen, wie feindselig diese beiden Staaten jedem Schritt in Richtung Anerkennung des nationalen Selbstbestimmungsrechts der PalästinenserInnen gegenüberstehen.

Eine Anerkennung Palästinas als Staat und des Antrags von Abbas würden keineswegs die staatliche Existenz Israels beenden. Selbst seine Umsetzung wäre noch weit davon entfernt, die nationale Unterdrückung der PalästinenserInnen zu beenden, da damit die Vertreibung der PalästinenserInnen aus dem heutigen israelischen Staatsgebiet nicht rückgängig gemacht wäre und der zionistische Staat noch immer als Unterdrückerstaat fungieren würde. Es würde den Kampf um die Zerschlagung Israels und seine Ersetzung durch einen einheitlichen, säkularen Staat, in dem PalästinenserInnen, JüdInnen u.a. nationale und religiöse Gemeinschaften gleichberechtigt leben können, nicht beenden, wohl aber würde es dafür ein andere Ausgangsposition bedeuten. Warum?

Die Anerkennung Palästinas als Staat würde automatisch die israelische Besetzung und Landnahme durch eine halbe Millionen Siedler, de facto eine neuerliche Kolonialisierung, in Frage stellen. Es würde die Frage des Status von Ost-Jerusalem und seine Annektion durch Israel in Frage stellen.

Es würde außerdem der PA Zugang zu internationalen Institutionen unabhängig vom Good-Will der Besatzer erlauben. Es würde die Kontrolle Israels über das Wirtschaftsleben - so haben die PalästineserInnen keine Kontrolle über die Währung, noch über den Bankensektor - in West Bank und Gaza sowie die Abriegelung der Außengrenzen Palästinas und die Blockade Gazas erschweren.

Zweifellos würde Israel auch weiterhin die Unterdrückungspolitik fortsetzen oder fortsetzen wollen. Aber es würde das gegen einen formal unabhängigen Staat machen müssen und damit würde seine kolonialistische und rassistische Politik noch offenkundiger. Es würde die Lügen von den „demokratischen Vorzügen“ des Zionistenstaates und seiner Schützmächte USA und EU, die angesichts der demokratischen Revolutionen im Nahen Osten und Nordafrika ohnedies noch mehr erschüttert sind, auf die Spitze treiben.

Daher drohen Israel und die USA den PalästinenserInnen unverhüllt. US-Präsident Obama hat in seiner Rede vor der UNO alle Zweifel beseitigt, wem seine Sympathien gelten. Wo die geostrategischen Interessen der USA lagen und liegen, war ohnedies klar. Daher werden die USA alles tun, um sicherzustellen, dass es schon im UN-Sicherheitsrat nicht ausreichend Stimmen für die Anerkennung Palästinas - notwendig sind dazu mehr als 9 von 15 Stimmen - gibt. Die Gegenstimme Deutschlands haben USA und Israel jedenfalls. Auch die anderen imperialistischen Mächte werden sich eine Ablehnung oder Enthaltung abkaufen lassen, sollte der Preis dafür stimmen.

Sollte der Antrag wider Erwarten doch im Sicherheitsrat durchkommen, so wird die USA sicher ihr Veto einlegen.

Ein solches Votum würde einmal mehr belegen, dass die PalästinenserInnen - wie alle Unterdrückten und im besonderen die revolutionären Bewegungen im Nahen Osten und Nordafrika - von der „internationalen Gemeinschaft“, also der UNO nichts zu erwarten haben.

Natürlich sollte die Arbeiterbewegung dafür eintreten, dass die deutsche Regierung wie alle anderen Regierungen der Welt, dass die UNO den Antrag der PalästinenserInnen anerkennt. Gerade die Imperialisten haben kein Recht, ihnen ihre Anerkennung als Staat samt der damit einher gehenden Souveränitätsrechte zu verweigern.

Es ist kein Zufall, dass Israel gegen die Anerkennung wettert, weil sie, ja weil jede weitere Erklärung eines Staates für die Anerkennung die Position des zionistischen Staates schwächt. Und das ist gut so.

Wie weiter im Befreiungskampf?

Zweifellos wird die Kampagne um die Anerkennung Palästinas auch das korrupte Regime um Abbas stärken und viele wichtige Fragen ausklammert - so z.B. die Frage nach dem Schicksal der 4,8 Millionen Flüchtlinge. Abbas und die Autonomiebehörde hoffen, dass sie durch ihre „radikalere Haltung“ ihrem korrupten Regime mehr Legitimität verleihen können und es in Hinblick auf kommende Wahlen gegenüber der Hamas stärken können.

Hinzu kommt, dass Abbas selbst eine lange Geschichte des Verrats und Ausverkaufs der palästinensischen Interessen hinter sich hat und seit 2009 - damals lief seine Wahlperiode als Präsident aus! - praktisch nur durch Repression, Notstandsverordnungen und Korruption in der West Bank herrscht.

Wie Enthüllungen von Al Jazeera 2010 zeigten, war Abbas schon bereit, das Rückkehrrecht von 4,8 Millionen PalästinenserInnen und fast ganz Ost-Jerusalem bei Verhandlungen zu opfern. Dass es nicht dazu kam, lag nicht an ihm, sondern an der Unnachgiebigkeit der israelischen Regierung.

Gegen diese werden letztlich Verhandlungen ebenso wenig helfen wie eine staatliche Anerkennung. So lange der Staat Israel als zionistischer, rassistischer Staat existiert, wird es keine Befreiung, kein Selbstbestimmungsrecht des palästinensischen Volkes geben.

Die Kampagne in der UNO muss daher mit der Vorbereitung und Initiierung einer neuen Massenbewegung in den besetzten Gebieten, in Westbank und Gaza gegen die zionistische Unterdrückung verknüpft werden. Sie muss verbunden werden mit einer Massenbewegung der in Israel lebenden PalästinenserInnen. Kurzum, notwendig ist ein neuer Massenaufstand der Unterdrückten, eine dritte Intifada.

Deren Ziel muss es sein, einen einheitlichen, demokratischen und säkularen Staat aller in Palästina lebenden Menschen zu schaffen, einen einheitlichen Staat, in dem PalästinenserInnen, JüdInnen und alle anderen religiösen, ethnischen und nationalen Gruppierungen auf gleichberechtigter Basis leben können.

Rassistische Grundfesten Israels

Ein solcher Staat ist mit den Grundfesten Israels, mit seiner rassistischen Staatsgrundlage nicht vereinbar, denn ein solcher Staat würde die demokratischen Rechte aller anerkennen - einschließlich des Rückkehrrechts alle Vertriebenen.

Er solcher Staat wäre die einzige Staatsform, in der alle friedlich miteinander leben können. Er liegt nicht nur im Interesses der Befreiungskampfes des unterdrückten, palästinensischen Volkes, er liegt auch im Interesse der großen Mehrheit der jüdischen Bevölkerung. Die soziale Massenbewegung, die in den letzten Monaten Israel erschüttert hat, zeigt, dass das zionistische Regime, seine Siedlungspolitik, sein Militär, seine neo-liberalen Sparmaßnahmen mehr und mehr in Widerspruch zur Masse der Lohnabhängigen, auch der jüdischen ArbeiterInnen und Jugendlichen gerät.

Aber um sich von diesem Regime kapitalistische Ausbeutung befreien zu können, müssen sie auch für den Kampf gegen die nationale Unterdrückung der PalästinenserInnen gewonnen werden und mit dem Zionismus brechen - ansonsten droht jede soziale Bewegung der jüdischen ArbeiterInnen und Jugendlichen gespalten und demobilisiert zu werden durch den Verweis der Regierung, dass eine solche Bewegung dem „äußeren Feind“, den PalästinenserInnen in die Hände spiele.

Politische Führung

Ein solcher Schritt - das Brechen der israelischen ArbeiterInnen und Jugendlichen mit dem Zionismus - wäre für jede Intifada eine enorme Hilfe, weil es das zionistische Regime auch von innen unterhöhlt.

Doch die Intifada stellt nicht nur aus diesem Grund auch die Frage nach den sozialen Perspektiven eines neuen Aufstandes. Sowohl Fatah wie Hamas haben sich als korrupte,  repressive, im Falle der Hamas als islamistische Führungen entpuppt, die erstens selbst keine Demokratie, nicht einmal eine konsequente Verwirklichung der bürgerlichen Demokratie wollen. Zweitens sind beide durchaus bereit, mit dem Zionismus und mit dem Imperialismus zu politischen Übereinkünften zu kommen - vorausgesetzt, ihre  Machtposition wird dadurch nicht beschädigt. Drittens wollen beide das Privateigentum nicht antasten, beide vertreten letztlich die besitzenden Klassen unter den PalästinenserInnen, nicht die ArbeiterInnen, die armen Bauern und die deklassierte Jugend.

Auf dieser Basis ist aber letztlich weder die Lösung der demokratischen Ziele der PalästinenserInnen, noch ein einheitlicher Staat ohne Unterdrückung und Kampf möglich. Ein friedliches Palästina, eine Überwindung der nationalen Unterdrückung und friedliches Zusammenleben von PalästinenserInnen und JüdInnen erfordert letztlich auch eine Umwälzung der Eigentumsverhältnisse, die Enteignung des ausländischen,  zionistischen, aber auch arabischen Großkapitals und die Etablierung einer demokratischen Planwirtschaft. Kurz, er erfordert die Errichtung eines multi-nationalen Arbeiterstaates als Teil einer zukünftigen Sozialistischen Föderation im Nahen Osten.

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Nr. 163, Oktober 2011
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