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Internationale Bedeutung

Permanente Revolution

Martin Suchanek, Neue Internationale 156, Februar 2011

Eine revolutionäre Bewegung zeichnet sich dadurch aus, dass sie alles in Frage stellt, unterminiert, hinwegfegt, was jahrzehntelang als unverrückbar, unveränderbar erschien.

Die blutigen, pro-westlichen Diktaturen Ben Alis und Mubaraks schienen unüberwindbar. Heute sind deren Tage gezählt. Auch die korrupte Clique der Günstlinge Mubaraks verlässt jetzt das Land wie die Ratten das sinkende Schiff. Der ägyptische Diktator selbst könnte schon in den nächsten Tag abtreten und bei seinen Schirmherrn in den USA Schutz vor dem eigenen Volk suchen.

Die Massenbewegungen und Demonstrationen in Jordanien, Algerien, Jemen zeigen, dass die Revolution, die einzige realistische Hoffnung der Unterdrückten, der einzige Weg, der ihnen Befreiung, Würde, Menschlichkeit sichern kann, keine nationalen Grenzen kennt.

Die Revolution des 21. Jahrhunderts ist international oder sie ist nicht. Sie lässt nicht nur die arabischen Despoten erzittern. Die imperialistischen Politiker, die jetzt Mubarak und Ben Alia wegen ihre „Verletzung der Demokratie“ maßregeln, erweisen sich jetzt für ihre Statthalter als zynische Verbündete. Sie fürchten nicht um ihre Büttel und schon gar nicht um die Demokratie, die sie in Afghanistan, Irak und anderswo mit Füßen treten.

Sie fürchten um die „Stabilität“ und um ihren Vasallen Israel. Um ja keine Zweifel an der Solidarität mit dem zionistischen Staat und seiner rassistischen Politik aufkommen zu lassen, lässt Merkel beim Staatsbesuch in Israel Ende Januar alle Treffen mit palästinensichen PolitikerInnen absagen. Das symbolisiert, was die Imperialisten wirklich unter „Stabilität“ und „Ordnung“ verstehen: die Abriegelung Gazas, die Knechtung der arabischen Massen.

Dagegen haben sich die Jugendlichen, die ArbeiterInnen und große Teile der Mittelschichten Tunesien und Ägyptens erhoben. Ihre Klassenbrüder und -schwestern folgen ihnen in mehr und mehr Staaten.

Und: Die Bedingungen, die zur Revolution in Tunis, Kairo, Suez und Alexandria geführt haben, herrschen nicht nur in Nordafrika und im Nahen Osten. Die Entwicklung des Imperialismus, die „Globalisierung“ und ihre Krise haben weltweit zu größerer Ausbeutung und Verarmung, gepaart mit Korruption und Unterdrückung, die sich auf eine immer kleinere Elite stützt, geführt.

Und sie haben auch die Bedingungen reifen lassen, die jetzt dieses morbide, menschenverachtende System hinwegfegen können.

Die revolutionären Situationen in Tunesien und Ägypten zeigen wie alle genuinen Revolutionen der letzten 150 Jahre, dass die Massen dazu drängen, ihre eigenen Kampf- und potentiellen Machtorgane zu schaffen. Was anders sind die bewaffneten Ordnergruppen, welche die Jugendlichen in Kairo bilden, um Plünderungen, Provokationen durch den Staatsapparat zu verhindern und um ihre Bewegung zu schützen. Es sind Keimformen, erste Ansätze von Arbeitermilizen.

Doch: Die Revolution hat erst begonnen. Sie hat ihre Aufgaben noch längst nicht erfüllt. Der bürgerliche Staatsapparat in Tunesien ist weiter  intakt. Die „Übergangsregierung“ bereitet den Weg zur „demokratischen“ oder letztlich gar nicht so demokratischen konter-revolutionären Befriedung vor.

Mubarak und seine Schergen versuchen, ihre Macht zu behaupten, hoffen auf die Erschöpfung der Bewegung, die Provokation und Einschüchterung der Bevölkerung durch staatlich ermutigte Plünderer und Marodeure. Sie werden versuchen, den Gehorsam in der Armee zu stärken um dann, wenn sie die Zeit für günstig erachten, zuzuschlagen. Die ElBaradeis, die Moslembruderschaft und die Imperialisten hoffen, Mubarak durch eine Regierung der „nationalen Einheit“ zu retten, die sich auf den alten Staatsapparat, die alten Büttel, die alten Herrschaftsverhältnisse stützt.

Wie schon Marx in seiner Analyse der europäischen Revolutionen 1848 herausarbeitete, zeigt sich auch hier: der alte Apparat kann nicht für die Zwecke der Befreiung übernommen werden, er muss zerbrochen, zerschlagen werden und durch eine Räteregierung der ArbeiterInnen, Bauern und Soldaten ersetzt werden. Die Revolution duldet keine Halbheiten. Sie muss bis zum Ende, bis zum Sturz der reaktionären Regime, ihrer imperialistischen Hintermänner, zur Agrarevolution, zur Enteignung der Kapitalistenklasse und zu einer demokratischen Planwirtschaft vorangetrieben werden, welche die Grundlagen zum Aufbau einer neuen, sozialistischen Gesellschaftsordnung legt.

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Nr. 156, Februar 2011
*  Ägypten: Tage des Zorns
*  Nordafrika: Permanente Revolution
*  Tunesien: Ben Alis Ende ist der Anfang
*  Asien-Kongress der L5I: Ein voller Erfolg
*  SiKo-München: Mehr Sicherheit für Profit
*  Demobündnis: Keine Kniefall vor Opportunisten!
*  Bundeswehrreform: Beruf(en) zum Kriegen
*  Tarifrunde/Länder im Öffentlichen Dienst: Kein Selbstläufer
*  Ende der Krise in der Metallindustrie? Fachkräftemangel?
*  Frauen, Krise, Klassenkampf: Revolutionäre Frauenpolitik tut Not
*  Hamburger Bürgerschaftswahlen 2011: LINKE wählen, aber Widerstand organisieren
*  Heile Welt
*  Dresden: Anti-Nazi-Mobilisierung: Blockadetaktik und Klassenkampf